Mindestens 176 Menschen Menschen haben in Deutschland ihr Leben durch die Fluten nach dem Starkregen verloren und auch die Sachschäden sind immens. Zahlreiche Hausbesitzer haben all ihr Hab und Gut verloren – und viele davon sind gegen diesen Schaden nicht versichert. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft gibt an, dass nur 46 Prozent der deutschen Privathäuser über eine Elementarschadenversicherung gegen Hochwasserschäden geschützt sind.
In der Abdeckung von Elementarschäden sei noch "reichlich Luft nach oben", sagte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, im Deutschlandfunk. 99 Prozent der Gebäude in Deutschland seien gegen Elementarschäden versicherbar und das auch zu akzeptablen Kosten. Die Versicherungsquote müsse auf über 80 bis 90 Prozent gesteigert werden. Hausbesitzer sollten schon bei der Finanzierung darauf hingewiesen werden, dass sie ihr Haus gegen Elementarschäden versichern sollten.
Für das eine Prozent, das nicht versicherbar sei, brauche es gesamtgesellschaftliche Lösungen für die Verteilung der Risiken und Kosten. Diese Risiken würden in Folge des Klimawandels weiter zunehmen, eine verpflichtende Elementarversicherung könne dieses Problem nicht alleine lösen. "Eine Versicherung alleine kann die Folgen des Klimawandels nicht tragen", sagte Asmussen. Für die 99 Prozent der versicherbaren Fälle müsse zudem dringend sichergestellt werden, dass die Prämien auch dem Risiko entsprechen.
Es brauche aber vor allen Dingen auch mehr Prävention gegen Schäden, es müssten beispielsweise weniger Flächen versiegelt werden. Aber auch ein Verbot von Neubaten in extrem hochwassergefährdeten Gebieten sei erwägenswert. Ein solches Verbot gebe es beispielsweise in der Schweiz.
Debatte um Pflichtversicherung zu Elementarschäden
Nach der Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands wird kontrovers über eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden diskutiert. Als Elementarschäden gelten Schäden, die durch Naturereignisse wie Starkregen, Hochwasser oder Erdrutsche verursacht werden.
Pro:
Die Münchner Ökonomin Monika Schnitzer hält sie für sinnvoll, "wenn man verhindern will, dass manche auf eine solche Versicherung verzichten, im Vertrauen darauf, im Katastrophenfall Hilfe durch den Staat zu erhalten", sagte das Mitglied des Sachverständigenrats der "Wirtschaftswoche". Allerdings müsse die Höhe der Prämien auf die Höhe der Risiken abgestimmt sein. "Wessen Haus und Grund stärker gefährdet sind, sollte höhere Prämien zahlen", führte Schnitzer aus. Auch der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, Gabriel Felbermayr, befürwortet in der "Wirtschaftswoche" eine privatwirtschaftlich organisierte Pflichtversicherung. Diese müsse aber mit einem Selbstbehalt ausgestattet sein, damit die Anreize zum Selbstschutz aufrecht bleiben.
Contra:
Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, sieht dagegen keine hinreichende Begründung für eine Pflichtversicherung, wie er den Zeitungen des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages sagte. Wenn sich die Politik trotzdem dafür entscheide, sollte diese auf jeden Fall privat sein, und es müsste eine sehr hohe Selbstbeteiligung geben, damit die Fehlanreize, in hochwassergefährdeten Gebieten zu bauen, in Grenzen gehalten werden. Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) empfiehlt Hausbesitzern zwar eine Elementarschadenversicherung, lehnt eine Pflichtversicherung aber als zu großen Eingriff in die Grundrechte ab.
Nach der Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands wird kontrovers über eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden diskutiert. Als Elementarschäden gelten Schäden, die durch Naturereignisse wie Starkregen, Hochwasser oder Erdrutsche verursacht werden.
Pro:
Die Münchner Ökonomin Monika Schnitzer hält sie für sinnvoll, "wenn man verhindern will, dass manche auf eine solche Versicherung verzichten, im Vertrauen darauf, im Katastrophenfall Hilfe durch den Staat zu erhalten", sagte das Mitglied des Sachverständigenrats der "Wirtschaftswoche". Allerdings müsse die Höhe der Prämien auf die Höhe der Risiken abgestimmt sein. "Wessen Haus und Grund stärker gefährdet sind, sollte höhere Prämien zahlen", führte Schnitzer aus. Auch der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, Gabriel Felbermayr, befürwortet in der "Wirtschaftswoche" eine privatwirtschaftlich organisierte Pflichtversicherung. Diese müsse aber mit einem Selbstbehalt ausgestattet sein, damit die Anreize zum Selbstschutz aufrecht bleiben.
Contra:
Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, sieht dagegen keine hinreichende Begründung für eine Pflichtversicherung, wie er den Zeitungen des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages sagte. Wenn sich die Politik trotzdem dafür entscheide, sollte diese auf jeden Fall privat sein, und es müsste eine sehr hohe Selbstbeteiligung geben, damit die Fehlanreize, in hochwassergefährdeten Gebieten zu bauen, in Grenzen gehalten werden. Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) empfiehlt Hausbesitzern zwar eine Elementarschadenversicherung, lehnt eine Pflichtversicherung aber als zu großen Eingriff in die Grundrechte ab.
Das Interview im Wortlaut:
Jörg Münchenberg: Herr Asmussen, wären nicht viele Menschen in den betroffenen Katastrophengebieten jetzt finanziell deutlich bessergestellt, wenn es eine Pflichtversicherung auch für Elementarschäden geben würde?
Jörg Asmussen: Sie wären ohne jeden Zweifel bessergestellt, wenn man sich gegen Elementarschäden versichert hätte. In den Wortbeiträgen, die wir beide gerade gehört haben, wurde ja der Eindruck erweckt, dass man sich kaum versichern könnte gegen solche Elementarschäden.
Wir gehen davon aus, dass 99 Prozent aller Gebäude in Deutschland gegen Elementarschäden versicherbar wären. Wir haben heute eine Abdeckung, wie richtigerweise gesagt, von 46 Prozent. Da ist noch reichlich Luft nach oben.
Aber wir glauben in der Tat, dass allein als einziges Instrument eine Pflichtversicherung nicht helfen würde, weil es in der Tat die falschen Anreize setzen würde, weil es vor allen Dingen keine Maßnahmen umfassen würde, die zu mehr Prävention anreizen. Es ist ja gerade auch beispielsweise richtigerweise gesagt worden, es gibt andere europäische Länder, wo es Bauverbote für extrem hochwassergefährdete Gebiete gibt. Wir haben so was in Deutschland bisher faktisch nicht.
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"99 Prozent sind zu akzeptablen Kosten versicherbar"
Münchenberg: Herr Asmussen, machen wir Punkt für Punkt durch. Sie haben die Zahl jetzt noch mal genannt: 46 Prozent haben nur so eine Elementarschäden-Versicherung. Da sagen aber schon auch viele Kritiker und Betroffene, sie können sich eine solche Versicherung gar nicht leisten, weil zu teuer, oder auch, weil sie gar nicht angeboten wird.
Asmussen: Um von hinten anzufangen: Ein Prozent der Gebäude ist in der Tat nicht versicherbar gegen Elementarschäden. Da muss man sicher eine gesamtgesellschaftliche Lösung finden. 99 Prozent sind versicherbar und, ich glaube, auch zu akzeptablen Kosten. Wenn man das mal in Relation setzt: Eine Elementarschaden-Versicherung, wenn sie in einer Gefährdungsgebietszone eins liegen, kostet bis zu 100 Euro im Jahr. Wenn man überlegt, was Menschen zahlen für eine Kfz-Versicherung, ist das relativ wenig, wobei natürlich das Haus der Lebensmittelpunkt für die Familie ist. Will sagen: 99 Prozent sind versicherbar und, ich glaube, auch zu akzeptablen Preisen. Das Ein-prozent-Problem ist in der Tat existent.
Asmussen: Verbot von Neubauten in in extrem hochwassergefährdeten Gebieten ist überlegenswert
Münchenberg: Das heißt aber, für dieses Ein-Prozent-Problem wäre die Konsequenz, dass die Menschen diese gefährdeten Regionen, diese Risikoregionen eigentlich verlassen müssen, oder dass sie sich dem Risiko einer Zerstörung von Hab und Gut aussetzen, oder dass sie am Ende darauf hoffen, dass der Staat einspringt?
Asmussen: Ich glaube, für Neubauten ist es in der Tat überlegenswert, ein Bebauungsverbot in extrem hochwassergefährdeten Gebieten zu erlassen, wie es beispielsweise die Schweiz getan hat. Bleibt natürlich das Thema der Bestandsbauten. Hier, glaube ich, ist eine Versicherbarkeit nicht gegeben für dieses eine Prozent.
Da muss man sich in der Tat gesamtgesellschaftlich eine Lösung überlegen, wie kann man hier Risiken oder Kosten umverteilen, weil ich glaube, es ist auch unstreitig in der Diskussion, wenn ich mir das anhöre, dass man für die 99 Prozent, die versicherbar sind, immer Prämien nimmt, die auch entsprechend dem Risiko der Lage, wo das Gebäude liegt, angepasst sind.
"Wir brauchen vor allen Dingen mehr Prävention"
Münchenberg: Was spricht eigentlich gegen eine Pflichtversicherung? Die Münchener Ökonomin Monika Schnitzer ist in dem Beitrag auch schon zitiert worden. Die sagt, das sei durchaus machbar, sagt aber auch, die Höhe der Prämien müsste auf die Höhe der Risiken abgestimmt werden. Das hieße ja, die Versicherungsnehmer blieben in der Pflicht, müssten sich zum Beispiel auch um einen Hochwasserschutz mit kümmern. Das ist doch dann auch im Interesse der Versicherungswirtschaft?
Asmussen: Ich habe ja auch gesagt, dass eine Pflichtversicherung als singuläres Instrument nicht zielführend ist. Wir müssen in der Tat davon ausgehen, dass solche extremen Wetterlagen zunehmen, und wir sehen auch einen kontinuierlichen signifikanten Anstieg solcher Naturkatastrophen in Deutschland seit 1970. Das sind die Folgen des Klimawandels.
Ich glaube, eine Versicherung alleine kann die Folgen des Klimawandels nicht tragen. Das kann ein Instrument dafür sein, aber wir brauchen vor allen Dingen mehr Prävention, beispielsweise weniger Versiegelung von Flächen. Wenn man sich Zahlen anguckt, wie viele Quadratmeter wir täglich in Deutschland versiegeln. Da fehlen uns Sachen.
Man sieht andere Länder wie die Schweiz, um darauf noch mal zurückzukommen, dass man in einem System von Maßnahmen weiterkommen kann, während es auch Beispiele gibt wie Großbritannien, wo die Präventionsinstrumente insbesondere auf kommunaler Ebene irgendwann nicht mehr durchgesetzt werden.
Asmussen: 80 bis 90 Prozent sollten gegen Elementarschäden versichert sein
Münchenberg: Herr Asmussen, ich glaube, da wird ihnen auch keiner widersprechen wollen, dass man sagt, man muss natürlich ein ganzes Bündel von Maßnahmen erlassen, um da krisenfester zu werden. Dazu gehört natürlich auch ein anderer Umgang, wenn es um die Versiegelung von Böden geht. Aber noch mal: Es könnte ja auch bei einer Pflichtversicherung einen Selbstbehalt zum Beispiel geben. Das wäre dann auch kein rundum Sorglospaket. Darauf hat der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen hingewiesen. Auch das wäre ja ein Argument zu sagen, es ist gut, eine Pflicht zu haben, aber das bedeutet nicht ein rundum Sorglospaket für den Versicherungsnehmer.
Asmussen: Ja. Ich glaube, es ist zu begrüßen, dass es hier wirklich eine sachliche Diskussion um dieses Thema gibt, was es auch nach 2002 und nach 2013 gegeben hat. Ich glaube, wenn man sich für die Zukunft überlegt, wie man besser absichern kann, ist in der Tat eine Frage, über die man reden muss, bei der Ausgestaltung der Selbstbehalt.
Man wird auch darüber reden, glaube ich, können und müssen, wenn es eine Hausfinanzierung gibt, ob man gleich darauf hinweist, es wäre jetzt am besten, sein Haus auch gegen Elementarschäden zu versichern. Ich glaube, es gibt viele Ansatzpunkte und nicht alleine nur die Pflichtversicherung. Aber es ist völlig unstreitig, wir müssen von diesen 46 Prozent auf über 80 bis 90 Prozent mindestens in der Verbreitung kommen.
Münchenberg: Aber höre ich dann auch ein bisschen raus, dass Ihre Branche, die Versicherungswirtschaft doch bereit ist, sich auf eine Pflichtversicherung einzulassen? Dann muss man gucken, wie man das ausgestaltet. Man muss ja auch sehen, politisch ist der Druck da. Die nächste Bundesregierung wird das Problem sicherlich angehen und dem muss sich auch Ihre Branche stellen.
Asmussen: Die Entscheidung, ob es eine Pflicht gibt oder nicht, ist eine politische. Was wir sagen ist: Wir alleine können nicht die Folgen oder die fehlenden Anpassungsmaßnahmen des Klimawandels tragen. Dass wir an einer Diskussion teilnehmen, die ja jetzt einen traurigen Anlass wieder hat, dass sie erneut beginnt, an der Diskussion teilnehmen, wie wir uns in Zukunft insgesamt besser gegen Extremwetter-Risiken absichern, das ist völlig unstreitig.
"Ist zu erwarten, dass Schäden durch extreme Wettersituationen zunehmen"
Münchenberg: Herr Asmussen, Sie haben auch gesagt, Wetterextreme – das sagen auch die meisten Experten, auch Ihre eigenen – werden tatsächlich zunehmen. Heißt das im Endeffekt nicht auch für die Versicherten jetzt steigende Prämien?
Asmussen: Man muss davon ausgehen – und das sehen wir auch schon –, dass Wetterextreme zunehmen. Um einfach mal ein Beispiel zu nennen: Wenn wir zurückgehen, seit dem Zeitpunkt der Aufzeichnung 1881 in Deutschland, dann sind die zehn wärmsten Jahre nach dem Jahr 2000 aufgetreten. Wir haben in der Tat eine Zunahme von extremen Temperaturen. Das kann Rekordhitze und Kälte gleichermaßen sein.
Insofern ist es zu erwarten, dass solche Schäden durch extreme Wettersituationen – seien es Überflutungen, seien es Dürren – zunehmen. Ich glaube, dass nicht nur Kosten für Versicherungen steigen, sondern das ist Teil eines Gesamtaspektes, dass wir Kosten tragen volkswirtschaftlicher Art insgesamt für die Anpassung an den Klimawandel, der ohne jeden Zweifel stattfindet.
Münchenberg: Herr Asmussen, noch kurz die Frage zum Schluss. Die Rede ist jetzt von einem versicherten Schaden durch das Tief Bernd von bis zu fünf Milliarden Euro. Bleibt es aus Branchensicht bei dieser Einschätzung, oder wird es am Ende nicht doch mehr?
Asmussen: Das ist unsere erste vorsichtige Schätzung, vier bis fünf Milliarden versicherte Schäden in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Das heißt, wir haben noch keine Abfrage fertig, die auch Bayern und Sachsen umfasst. Das ist eine erste vorsichtige Schätzung der versicherten Schäden. Dann gibt es zusätzlich die nicht versicherten Schäden und wie in Ihrem Beitrag auch schon erwähnt natürlich die öffentliche Infrastruktur wie Bahngleise, Straßen, Brücken und Ähnliches, die ja nicht versichert sind in der Regel.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.