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Förderung für Nachwuchs-Regisseure

Der Weg von Regie-Hochschule zur Bühne ist nicht einfach für Nachwuchsregisseure. Das Theaterfestival "Fast Forward" in Braunschweig fördert deshalb junge Regie-Talente. Zum zweiten Mal wurde nun der Festival-Preis vergeben: Die Polin Marta Górnicka darf in der nächsten Spielzeit am Braunschweiger Staatstheater inszenieren.

Von Michael Laages |
    Zum Schluss hat eine junge Polin das Publikum zu "Standing Ovations" und die Preisjury zu Lobeshymnen ohne Ende animiert – Marta Górnicka und zwei Dutzend Chor-Frauen an ihrer Seite beglaubigten beispielhaft wie niemand sonst bei diesem Festival die überwältigende Kraft einer klugen Idee im Einklang mit den ursprünglichsten Energien des Theaters.

    Marta Górnicka, in Warschau zur Sängerin und Regisseurin ausgebildet, wird – das ist der Preis, den das Festival vergibt- in der kommenden Spielzeit am Braunschweiger Staatstheater inszenieren. Hoffentlich bringt sie dann auch diesen Chor wieder mit.

    Die weibliche Stimme hat hier zwei Dutzend Bilder – in Alltagsklamotten wirken die Frauen des Chores ganz eigenständig, bilden aber auch ein furioses Kollektiv; sorgsam zu immer wieder neuen Formationen gruppiert und choreografiert, singen sie - zum Beispiel das titelgebende "Magnificat". Als seien sie 24 heilige Jungfrauen, erzählen sie damit zunächst von der Verehrung, die die Muttergottes speziell im erzkatholischen Polen erfährt – und als stiegen sie alle höchstpersönlich aus den Ikonen heraus, nehmen sie dann die Kitsch produzierende Industrie ins Visier, die mit der Heiligen Geld scheffelt wie Heu.

    Nächstes Chor-Ziel ist die katholische Kirche, die von und für Polens Frauen ausgesucht vorgestrige Lebensentwürfe einfordert und jeden Weg in die Moderne versperrt. Górnicka hat für diese knallharte Abrechnung der Schafe mit den Hirten eigene und gefundene Texte montiert – und es gelingt ihr, in scharf akzentuierten Sprech-Chören von der Abtreibungsdebatte über Kochrezepte bis zum Hohelied Salomos zu gelangen. Ein Stück zum Staunen – und der Chor wirkt dabei weit stärker als all die aktuellen heimischen Versionen, von Volker Lösch und immer im Geiste Einar Schleefs.

    Noch eine osteuropäische Produktion hat in außergewöhnlicher Klasse die Qualität und den Mut junger Regie-Talente bewiesen: "Korijolánusz", eine Shakespeare-Bearbeitung vom Ungarn Csaba Polgár, die die noch vom späten Brecht zur Bearbeitung vorgesehene, aber nicht mehr realisierte (und generell selten gespielte) Fabel des Klassikers rotzfrech in die ungarische Nachwendewirklichkeit versetzt; mit prinzipiell käuflichen, auf den eigenen Bauchnabel fixierten Bürgern und einer Herrscher-Kaste, wie sie verkommener kaum sein könnte.

    Aber Vorsicht – zwar nimmt Polgár das Ungarn von heute ins Visier, doch befragt er jenseits der eigenen Heimat auch generell die Demokratietauglichkeit moderner Gesellschaften. Da sind wir überhaupt nicht außen vor, und kein Urteil von oben herab steht uns zu.

    Andere Bemühungen um repertoirevertraute Stoffe erreichten diese Kraft und Schärfe nicht – nicht "Der Bürger", nach Leonhard Franks frühem Roman von 1924 und erarbeitet von Simon Kubisch an der Berliner "Ernst Busch"-Schule, erst recht nicht "Een Poppenhuis", die Ibsen- und Nora-Version der jungen Norwegerin Karen Bjorseth, die damit das Regiestudium an der Kunsthochschule in Amsterdam abschloss.

    Bestenfalls kam Martin Grünheit mit dem in Hamburg formierten "cobratheater" tatsächlich einem Stoff auf die Spur: mit der schräg und schrill und farcenhaft choreografierten Version von Gogols "Revisor". Neben solchen Stück-Erkundungen prägten eher theoretische Performance-Projekte das Festival: eine indisch-holländische Erinnerung an Peter Brooks großen Multikulti-Kulturtraum mit dem indischen "Mahabharata" als Stück und Film, eine Beschwörung privaten Lebens in der Geschichte Jerusalems und eine absichtsvoll überkandidelte Wissenschafts-Parodie über Interaktion und Kommunikation.

    "Fast Forward", das Festival mit internationalem Horizont unter dem ideellen Dach der "European Theatre Convention" (ETC), zeigt damit natürlich auch, wie ähnlich sich die theatralen Sprachen junger Leute in Europa geworden sind – Austausch wird da ganz selbstverständlich, und ein Netzwerk ist womöglich in Sicht: damit eine Meister-Schülerin wie Marta Górnicka aus Warschau dann in Braunschweig inszeniert – aber eben nicht nur da.