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Förderung für Weiterbildung
"Bis zu 1.000 Euro im Jahr für Bildungszwecke"

Menschen in der Mitte ihres Lebens den Zugang zu Weiterbildung zu ermöglichen, das sei die Idee hinter Midlife-BAfög und Bildungssparen, sagte der Bildungspolitiker Jens Brandenburg (FDP) im Dlf. Geringqualifizierte und -verdiener sollten damit finanziell bei der Weiterbildung unterstützt werden.

Jens Brandenburg im Gespräch mit Lena Sterz |
Der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen (Julis) Baden-Württemberg, Jens Brandenburg, steht am 04.01.2013 vor dem Landtag in Stuttgart (Baden-Württemberg).
Etwa ein Viertel der Menschen in der Zielgruppe wollten Midlife-BAföG nutzen - so Jens Brandenburg (picture alliance / Marijan Murat)
Lena Sterz: Es geht um ein Weiterbildungskonzept: Das lebenslange Lernen soll stärker gefördert werden. Dazu hat sich die FDP zwei Instrumente ausgedacht. Ein sogenanntes Midlife-BAföG und Bildungssparen. Wie das funktionieren soll, darüber habe ich mit dem zuständigen Fachpolitiker der FDP, mit Jens Brandenburg, gesprochen. Herr Brandenburg: Was soll ein Midlife-BAföG sein? Soll mich das aus einer eventuellen Midlife-Crisis befreien, oder was soll ich mir darunter vorstellen?
Jens Brandenburg: Nein, ganz im Gegenteil, es geht ja darum, dass wir auch in der Mitte des Lebens den Zugang zu Bildung für alle Menschen ermöglichen, und wir sehen, dass ja insbesondere die Digitalisierung unsere Arbeits-, aber auch Lebenswelt immer schneller verändert und gleichzeitig insbesondere Geringqualifizierte und Geringverdiener kaum an Weiterbildungen teilnehmen. Das wollen wir ändern, indem wir sie vor allen Dingen auch finanziell unterstützen, wenn sie Weiterbildungen nutzen wollen.
"Bis zu 1.000 Euro im Jahr"
Sterz: Und wie viel genau bekommen Geringverdiener dann pro Monat? Normale Studierende bekommen ja ab Oktober bis zu 850 Euro zum Leben.
Brandenburg: Ja, das Konzept sieht etwas anders aus, es handelt sich bei dem Midlife-BAföG, was wir vorschlagen, um eine Art Bildungsgutschein. Bis zu 1.000 Euro im Jahr soll man für Bildungszwecke nutzen können, das kann man auch bis zu zehn Jahre dann ansparen, wenn man eine größere Maßnahme plant. Es trifft vor allen Dingen diejenigen, die tatsächlich ein geringes Einkommen haben. Am Beispiel eines alleinlebenden Menschen beispielsweise bis etwa einem Einkommen von etwa 16.000 Euro im Jahr würden Sie Midlife-BAföG bekommen. Und das geht einkommensabhängig dann wie gesagt bis zu 1.000 Euro im Jahr, sodass man sich wirklich auch größere Weiterbildungsmaßnahmen leisten kann.
Sterz: Okay, aber lassen Sie uns noch mal darüber sprechen, wen Sie genau da im Blick haben. Ich stelle mir vor, wenn man als Einzelperson 1.100, 1.200 netto im Monat zur Verfügung hat, dann will man vielleicht noch einen zweiten Job annehmen am Wochenende oder ein paar bezahlte Überstunden machen, damit man sich ein Paar gute neue Schuhe leisten kann. Meinen Sie, dass da dann umgerechnet 83 Euro pro Monat Förderung für Weiterbildung, die ja dann unbezahlt ist, meinen Sie, dass das jemand nutzen wird?
Mit dem Guthaben auch "Bildungszeiten" finanzieren
Brandenburg: Ja! Wir gehen davon aus, wir haben das ja auch extern durch einen Gutachter in diesem Bereich noch mal validieren lassen, dass in dieser Zielgruppe etwa ein Viertel der Menschen das tatsächlich nutzen wollen, die aktuell sagen, es sind vor allen Dingen finanzielle Gründe, weshalb sie nicht mehr an Weiterbildungen teilnehmen. Und es ist ja so, dass wir mit diesem Guthaben ermöglichen wollen, dass man nicht einfach nur Kursgebühren, Prüfungsgebühren oder vielleicht auch Kosten einer Weiterbildungsberatung finanzieren kann, sondern eben auch die Bildungszeiten, die damit verbunden sind. Also, wenn man beispielsweise drei Wochen lang an einer Vollzeitbildungsmaßnahme teilnimmt, dann aus diesem Geld eben auch den Einkommensersatz sich finanzieren kann, sodass man auch kein Problem hat mit den Lebensunterhaltskosten oder möglicherweise auch mit dem Arbeitgeber erst sehr, sehr lange diskutieren müsste.
Sterz: Midlife-BAföG, das klang für mich eigentlich erst mal so, als wenn man auch mit 40 noch mal die Chance bekommen soll, mit BAföG-Unterstützung zu studieren. Wäre das nicht auch eine gute Sache eigentlich?
Brandenburg: Auch das ist durchaus möglich, das wird sicher nicht für alle Menschen genau das sein, was sie suchen. Aber wer das möchte, das wäre möglich, wenn man sich das anspart über mehrere Jahre, hat man durchaus einen größeren Betrag zur Verfügung, um sich das auch finanzieren zu können. Wir brauchen aber darüber hinaus deutlich mehr Flexibilität für diejenigen, die beispielsweise auch mit einem Sprachkurs ihre aktuellen Kenntnisse einfach noch mal auffrischen wollen.
"Hürde sehr senken"
Sterz: Ja, da fordern Sie analoge und digitale Kurzmodule an Hochschulen, also die Hochschulen sollen offener werden für ältere Studierende. Wie genau soll das aussehen, haben Sie da ein Beispiel dafür?
Brandenburg: Wir schlagen vor, dass man eine digitale Bildungsarena einrichtet, also in diese große, unübersichtliche Landschaft von unterschiedlichsten Datenbanken, von Seminaren und Kursen wirklich mal eine Anlaufstelle, wo man sich einfach mit dem Smartphone sofort einloggen kann und in wenigen Klicks genau das findet, was man sucht, in dem Bereich, vielleicht auch in der Stufe, auf dem Level, was man sucht, den Umfang selbst entscheiden kann – ob das ein E-Learning-Kurs sein soll oder ein Kurs vor Ort. Das wäre ganz wichtig, um vor allen Dingen die Hürde sehr zu senken für diejenigen, die sich momentan in diesem Dschungel nicht zurechtfinden und vielleicht auch gar nicht die Zeit haben, da erst mal mehrere Tage zu suchen, bis sie das passende Angebot gefunden haben.
Sterz: Ja, aber lassen Sie uns da noch mal über die Finanzierung sprechen. Eine weitere Säule, die dann auch für diejenigen, die nicht unter Geringverdiener fallen, die Finanzierung ermöglichen soll mit ihrem Konzept, nennt sich Bildungssparen, da soll man sich durch Rücklagen Freiräume für spätere Weiterbildungen ansparen können. Aber Weiterbildungskosten lassen sich ja auch heute schon komplett von der Steuer absetzen und Rücklagen kann ich ja auch auf meinem eigenen Konto bilden. Ich denke, das sind zwei Gründe, warum die Langzeitkonten, die es im Moment gibt, wenig genutzt werden. Welchen Vorteil soll dann so ein Freiraumkonto bieten?
Brandenburg: Letztendlich wollen wir das Instrument der Langzeitkonten, die Sie ja angesprochen haben, weiterentwickeln. Das ist bisher ein Instrument, was abhängig ist vom aktuellen Arbeitgeber, das heißt, es steht bei Weitem auch nicht allen Arbeitnehmern wirklich zur Verfügung. Es ist auch recht bürokratisch, das dann mitzunehmen. Das wollen wir weiterentwickeln zu einem personengebundenen, persönlichen Freiraumkonto und dann ermöglichen, dass man wirklich flexibel einzahlen kann mit allen Steuervorteilen – um also nicht letztendlich im Einzelfall bürokratisch mit dem Finanzamt zu überprüfen, ob diese konkrete Bildungsmaßnahme in der konkreten Situation tatsächlich förderwürdig ist oder nicht, sondern ein Konto, wo Sie beispielsweise automatisch Bonuszahlungen oder Überstunden einzahlen lassen können durch den Arbeitgeber, das dann über mehrere Monate oder Jahre, wenn Sie möchten, ansammeln und dann einen größeren Betrag zur Verfügung haben, den Sie steuerfrei und auch abgabenfrei nutzen können, um ihn in bessere Bildung zu investieren.
Sterz: Vielen Dank, Herr Brandenburg!
Brandenburg: Danke Ihnen, Frau Sterz!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.