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Förster jenseits von Filzhut und Dackel

Doppelt so viele Stellen wie noch vor zwei Jahren gibt es für Forstwirte. Die Jobaussichten sind rosig. Der Aufgabenbereich ist auch schon lange nicht mehr nur der Wald: Auch auf ehemaligen Müllhalden sind Förster mittlerweile anzutreffen.

Von Norman Laryea | 08.07.2010
    "Wir sind hier in einem Eichenbestand, der vorbereitet werden soll für eine Holzerntemaßnahme im Winter. Laubholz wird bei uns im Winter eingeschlagen. Hier ist es so, dass wir jetzt versuchen, den Bestand zu entwickeln, um möglichst wertvolles Holz auch zu erzielen. Das heißt: wertvoll im Sinne von astrein. Und entsprechend dimensioniert entsprechend stark."

    Ich befinde mich im dichten Unterholz in einem Waldgebiet nahe Bonn. Gerade habe ich einen angenehm befestigten Wanderweg verlassen, um Forstwirt Arne Wollgarten bei der Arbeit zuzuschauen. Irgendwie hatte ich mir einen so einen Förster ja anders vorgestellt. Mit Filzhut, Gewehr und Dackel im Schlepptau. Stattdessen steht nun vor mir ein 26-Jähriger in ganz normalen Klamotten, der Forstwirtschaft studiert hat und sich akademisch ausdrückt. Während Arne Wollgarten geduldig den Wald erklärt, schüttelt er in seiner rechten Hand eine riesige Sprühdose.

    "Ja, die braucht man häufiger. Man markiert damit diese Zukunftsbäume, wie wir sie nennen. Die entsprechend nachher, auch wenn er Bestand sehr alt ist, die Bäume sind, die übrig bleiben sollen. Markieren wir dann mit einem entsprechend roten Farbring, wenn wir jetzt einen Baum haben, der zu entnehmen ist. Sodass letzten Endes dann der Unternehmer und der Waldarbeiter erkennen, welcher Baum dann die optimale Entwicklung behindert. So, der wäre jetzt entnommen."

    "Entnommen"- Sie sagen das alles so sachlich. Sie markieren jetzt hier die Bäume und die schönen Bäumchen werden dann nachher gefällt vom Waldarbeiter?

    "Genau! Wir versuchen, den Wald entsprechend zu entwickeln. Dazu ist es notwendig, dass Bäume entnommen werden. Sie können sich vorstellen, wenn so ein Wald geschlossen in sich aufwächst, dass man dann gar keinen Einfluss darauf hat, welches Holz man eigentlich hier erntet. Das ist der eine Aspekt. Der andere Aspekt ist: Wir wollen natürlich Wald erhalten. Das heißt: Wir müssen ja auch dafür sorgen, dass irgendwann neuer Wald, am liebsten von unten, von den Samen der noch unten stehenden Bäume, erneuert."

    Männer, die mit Sprühdosen Bäumen den Garaus machen. 15.000 Stück markiert ein Förster in einem Jahr. Das Berufsbild des Försters hat sich mächtig gewandelt. Die meisten studieren an einer der sechs Fachhochschulen und vier Universitäten. Nach dem Abschluss warten dann, außer dem Wald, viele weitere Einsatzgebiete. Stephan Schütte vom Bund Deutscher Forstleute nennt ein Beispiel.

    "Wenn jetzt zum Beispiel ein Entsorger eine große Mülldeponie wieder rekultivieren muss, dann ist es eine klassische Aufgabe von Forstleuten. Dort geht es um Boden. Dort geht es um Pflanzen und Vegetation und auch um juristische Fragen. Alles, was man als Förster auch gelernt hat. Mit etwas Einarbeitung kann man dieses Metier gut bespielen."

    Förster, die Müllkippen begrünen. Es hat sich einiges getan in diesem Berufsbild. Das ist auch durch Zahlen belegt. Laut einer Studie des Wissenschaftsladens in Bonn finden immer mehr Förster Jobs in Bereichen, die mit idyllischen deutschen Wäldern nicht mehr viel gemein haben. Von holzverarbeitenden Unternehmen, über Umweltbildung bis hin zur Entwicklungshilfe reicht die Spanne. Die Zahl der Jobs für Förster in diesen Bereichen hat sich in den letzten zwei Jahren verdoppelt.

    Unser kleiner Rundgang durch den Wald nähert sich dem Ende. Fast zurück an Hauptstraße zeigt mir Arne Wollgarten überraschend noch einen Teil seines Jobs.

    Jetzt sind wir in ein paar Metern an einer Schnellstraße, sag ich mal. Das bring ich jetzt nicht unbedingt mit dem Försterberuf in Verbindung. Was machen sie hier?

    "Wir haben ja viele Waldflächen, die an irgendwelche Straßen angrenzen, auch an viel befahrene Straßen. Autobahnen. Auch Bahntrassen zum Beispiel. Und da ist es halt wichtig, dass wir die Verkehrssicherheit sicherstellen. Dass keine Bäume auf die Straße fallen können. Und dafür ist es notwendig, sich die Bäume entlang der Straße in regelmäßigen Abständen anzuschauen. Festzustellen, ob irgendwelche Anzeichen darauf hindeuten, die Bäume gegebenenfalls krank oder geschwächt sind."

    Also, wenn Sie das nächste Mal im Wald jemanden Bäume besprühen sehen, oder aber entlang der Autobahn einen Mann entdecken, der nachdenklich das Astwerk studiert – immer dran denken: Es ist höchstwahrscheinlich ein Förster.