Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben öffnet sich immer weiter. In Zeiten, in denen die Corona-Krise Bund, Ländern und Gemeinden Hunderte von Milliarden Euro an Mehrausgaben beschert, brechen ihnen auch die Einnahmen weg. Allein in diesem Jahr sind es 98,6 Milliarden Euro, davon entfallen 44 auf den Bund, 35 Milliarden auf die Länder und knapp 16 auf die Kommunen. Und in den kommenden Jahren sieht es nicht besser aus – bis 2024 taxieren die Steuerschätzer die Mindereinnahmen des Staats auf 315,9 Milliarden Euro.
Für Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ist das keine Überraschung: "Das ist eine Naturkatastrophe. Allerdings sind wir in Lage damit umzugehen."
Nur eine Momentaufnahme
Wobei die Schätzung heute für Scholz nur eine Momentaufnahme ist, Um verlässliche Zahlen über die Staatseinnahmen zu bekommen, soll schon im September eine außerplanmäßige weitere Steuerschätzung erfolgen. Mit den tiefroten Zahlen beginnt die Debatte über die angemessene Reaktion.
Rainer Holznagel, der Präsident des Bundes der Steuerzahler, fordert den Blick auf die Ausgaben zu richten und Prioritäten zu ändern: "Beispielsweise wenn wir jetzt mehr Forschungsgelder in die Entwicklung eines Impfstoffes stecken, dann muss man auf der anderen Seite eben auch sagen, wo wir keine Gelder mehr hingeben – und das vermisse sich in dieser Diskussion völlig."
Holznagel denkt – ebenso wie die deutschen Arbeitgeber - unter anderem an die Grundrente. Sie gehöre auf den Prüfstand. Aus Sicht der SPD gehört sie dagegen zur Beschlussfassung ins Parlament – und so sieht es auch Olaf Scholz:
"Wir können uns das, was wir uns bisher vorgenommen haben, weiter leisten." Sagt der Finanzminister. Eigentlich ist das seine Klarstellung, dass er die schwindenden Einnahmen nicht über höhere Steuern finanzieren will, aber für Scholz gilt das auch für die Grundrente. Die will auch CDU/CSU-Fraktion erst mal stoppen. Die erste Lesung morgen im Bundestag morgen kann zwar stattfinden, die zweite und dritte Lesung und damit die Beschlussfassung jedoch erst, wenn die Finanzierung gesichert ist.
Scholz: Nicht gegen die Krise ansparen
Finanzminister Scholz reagiert sehr scharf auf dieses Ansinnen: "Wir geben sehr viele Milliarden aus. Wir geben großen Unternehmen Kredite von mehreren Milliarden Euro. Und dann kommt jemand daher und sagt, die Grundrente, die knapp über eine Milliarde kostet, können wir aber nicht bezahlen. So jemand gehört eigentlich ausgebuht."
Scholz, auch das wird deutlich, will nicht nur die Grundrente neu einführen, er will wegen der Krise auch keine Sozialleistungen kürzen. Eine rigide Sparpolitik ist mit ihm nicht zu machen: "Das wäre ein konjunktur- und wirtschaftspolitischer schwerer Fehler und deshalb werde ich den auch nicht machen. Sondern ich glaube, dass man gegen eine Krise nicht ansparen kann, sondern dass man gegen sie anhalten muss."
Auch das ist ein Spitze gegen die Koalitionspartner aus CDU und CSU. Denn deren Chefhaushälter Eckard Rehberg hatte am Morgen gemahnt, das Geld zusammen zu halten. "Wir müssen eine Konjunkturprogramm auflegen und auch Europa wird uns herausfordern. Deswegen werden wir nicht jeden Wunsch erfüllen können."
Das Konjunkturprogramm will Scholz Anfang Juni präsentieren, ausdrücklich soll es auch den Kommunen helfen. Die fordern seit Tagen milliardenschwere Bundeshilfen, weil bei ihnen vor allem die Gewerbesteuereinnahmen einbrechen.