Die Frist endet kommende Woche. Bis zum 5. August hat die Europäische Zentralbank Zeit, die "Verhältnismäßigkeit" ihres umstrittenen Anleihekaufprogramms darzulegen, sonst darf die Deutsche Bundesbank nicht mehr daran teilnehmen. Das hat das Bundesverfassungsgericht in seinem viel diskutierten EZB-Urteil Anfang Mai deutlich gemacht.
Sollte die Bundesbank aus dem Programm aussteigen, hätte das dramatische Konsequenzen. "Das wäre ein riesiger Schock für die Eurozone und die EU, wenn die wichtigste nationale Zentralbank des Eurosystems nicht mehr das durchführt, was die gemeinsam beschlossene Geldpolitik erfordert", sagte der Ökonom Guntram Wolff im Dlf. "Die politischen Konsequenzen und die Konsequenzen für das Marktvertrauen wären dramatisch, wir hätten ganz schnell wieder eine Eurozonenkrise."
Wolff, der den Brüsseler Thinktank Bruegel leitet, ist zuversichtlich, dass es nicht so weit kommt. Denn Bundesregierung und Bundestag haben die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Verhältnismäßigkeit des Anleihekaufprogramms festgestellt, damit sei das Thema in Brüssel "ad acta" gelegt worden. Die Frist am 5. August rufe keine Unruhe hervor.
Dass das Bundesverfassungsgericht den Ausstieg der Bundesbank aus dem Programm anordne, etwa durch einen Antrag des Klägers und CSU-Politikers Peter Gauweiler, glaubt der Ökonom nicht, "da dem Bundesverfassungsgericht sehr deutlich gemacht wurde, dass dieses Urteil in vielerlei Hinsicht wirklich ein inakzeptables Urteil war."
Geldpolitik der EZB: "Es gibt auch Gewinner"
Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank steht seit Langem in der Kritik. Vor allem aus Deutschland kommt der Vorwurf, dass die niedrigen Zinsen die Sparer benachteiligen würde. Das sieht Guntram Wolff anders: "Die EZB hat in den letzten Monat mehrfach stark betont, wie wichtig die expansive Geldpolitik der letzten Jahre gerade für die Beschäftigung in Europa war, auch für die Beschäftigung in Deutschland, und dass es natürlich nicht nur Verlierer, sondern auch eine Menge Gewinner gibt." Das hätte das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil alles ausgeblendet.
Dennoch betonte Wolff, dass sich natürlich auch die EZB an den europäischen Rechtsrahmen halten müsse. "Die EZB, Brüssel und letztendlich alle anderen Europäer sind sich einig, dass der einzige Gerichtshof, der das wirklich einschätzen kann, der Europäische Gerichtshof ist." Alles andere wäre eine fatale Entwicklung, "weil wir dann eine nationale Institution hätten, die über europäische Institutionen Urteile fällen könnte." Das, so Wolff, könnte die Tragfähigkeit der EU als Ganzes langfristig beeinträchtigen.