Motorboot auf Wasser, plötzlich stockt der Antrieb, "festhalten", "Scheiße", "Wir sind aufgelaufen".
Selbst Eckhardt Schneider und seine Kollegen der DRK-Wasserwacht in Neuss bleiben mit ihrem kleinen Motorboot nicht verschont: "Das geht so schnell, innerhalb von 2-3 Metern kann das passieren. Und das kann selbst ein erfahrener Bootsfahrer, oder ne Bootsmännin, gar nich so schnell sehen und reagieren."
Doch auch den großen Schiffen bereitet der niedrige Rheinpegel seit längerem Probleme. Zum Teil können sie nur noch mit einem Viertel der üblichen Ladung fahren, trotzdem fahren sich immer wieder Frachter fest, zuletzt vergangene Woche ein Tankschiff bei Köln.
Deutlich mehr Stress
Weil nun viel mehr über die Schiene und Lastwagen transportiert werden muss, bedeutet das für die Logistiker und Spediteure in den Häfen deutlich mehr Stress, berichtet Nabil Shafig, der sich im Bonner Hafen um die ankommenden Frachter kümmert.
"Das kann man so sagen, definitiv! Mehr Schiffe, weniger Container dadrauf, und die Unsicherheit, ne. Das heißt, die Ladung kommt heute weg oder vielleicht morgen weg, je nachdem, welches Schiff dann wann verfügbar ist."
Für viele Schiffsunternehmer ist die aktuelle Situation eine große Herausforderung, berichtet Roberto Spranzi von der Binnenschifffahrts-Genossenschaft:
"Für die Binnenschifffahrt selber sind wir tatsächlich jetzt an nem Stand angekommen, wo wir von Tag zu Tag denken. Es kann passieren, dass wir nautisch-technisch nicht mehr fahren können, und das bedeutet einen Totalausfall. Grundsätzlich kann das für den ein oder anderen schon existenzbedrohend werden, ja."
Viele Unternehmen sind auf die Schiffslieferungen angewiesen, deswegen wirkt sich das anhaltende Niedrigwasser auf den Betrieb aus.
In Duisburg musste ThyssenKrupp seine Produktion bereits zurückgefahren, ebenso der Chemiekonzern BASF rheinaufwärts in Ludwigshafen. Der beziffert die Produktionsverluste allein für das dritte Quartal auf rund 50 Millionen Euro.
Insgesamt sei die aktuelle Lage trotz der Probleme für die Unternehmen aber noch zu meistern, meint Gregor Berghausen von der Industrie- und Handelskammer in Düsseldorf.
Schlechte Stimmung und leere Kassen
"Es ist für viele Unternehmen eine Herausforderung. Man darf das nicht banalisieren. Aber aktuell ist es sicherlich in der Summe zu bewältigen. Wir müssen nur schauen: Wie lange wird das so weitergehen? Und damit werden die Herausforderungen immer größer."
Der niedrige Pegel sorgt auch bei den Fährbetrieben entlang des Rheins für schlechte Stimmung und leere Kassen.
Michael Maul, Kapitän auf der Autofähre bei Ingelheim in Rheinland-Pfalz: "Wenn wir gleich durch die Winkeler Bucht fahren, dann haben wir unterm Schiff tatsächlich nur noch die berühmte Hand breit, und selbst die würd ich aktuell nicht mehr drunterhalten, also es geht hier wirklich um Zentimeter."
Zahlreiche Fähren mussten ihren Betrieb bereits bis auf weiteres einstellen, einige sogar schon Mitarbeiter entlassen. Zwar sind die Pegel durch den Regen in der vergangenen Woche wieder etwas gestiegen, bleiben aber auf niedrigem Niveau.
Die Folgen des Rhein-Niedrigwassers spürte auch das private Gymnasium auf der Rheininsel Nonnenwerth bei Bonn. Die schuleigenen Fähren konnten zeitweise die Schüler nicht mehr zum Unterricht bringen. Schulleiterin Andrea Monreal: "Wenn keine Fähre mehr fährt, dadurch, dass wir von beiden Seiten Schüler haben, müssen wir gucken, wo wir irgendwo nen zentralen Ort finden, wo alle hinkommen können und das ist fast unmöglich, weil keine Fähre mehr fährt."
Zahlreiche Schulen aus der Umgebung hatten schließlich Hilfe angeboten und die Nonnenwerth-Schüler vorübergehend aufgenommen. Mittlerweile kann aber wieder auf der Rheininsel unterrichtet werden.
Die Auswirkungen des niedrigen Rheinpegels machen sich auch an den Tankstellen bemerkbar. Denn bis zu 50 Prozent aller Benzin- und Diesellieferungen kommen per Binnenschiff über den Rhein. Die Folge: Der Sprit wird an vielen Tankstellen im Rheinland knapp, einige müssen stunden- oder tageweise sogar komplett dicht machen. Züge und Tanklaster können die fehlenden Schiffskapazitäten bei weitem nicht ausgleichen, sagt Alexander von Gersdorff vom Mineralölwirtschaftsverband:
Weitere Wege für Tanklaster
"Die logistischen Herausforderungen sind in der Tat erheblich. Wir haben nicht nur das Rhein-Niedrigwasser, es gibt auch nur wenige bis gar keine Kapazitäten zusätzlich auf der Schiene oder der Straße. Diese sind bereits ausgeschöpft. Und es gibt auch einen Fahrermangel bei Tanklastern und einen Lokführermangel, das heißt, von dieser Seite ist leider keine Entlastung zu erwarten."
Tanklaster müssen derzeit deutlich weitere Wege quer durch die ganze Republik zurücklegen. Das treibt die Transportkosten und damit auch die Spritpreise nach oben. Von 30 bis 40 Cent mehr seit dem Sommer spricht der Tankstellen-Interessenverband.
Aufgrund der Engpässe hat das Bundeswirtschaftsministerium vor drei Wochen sogar einen Teil der nationalen Ölreserve freigegeben. Damit die Lastwagen Tankstellen zügiger beliefern können, haben die Bundesländer das Sonn- und Feiertagsfahrverbot für Lkw an einzelnen Tagen bereits aufgehoben.
Der Bundesverband Freier Tankstellen prüft derzeit einen Antrag, um weitere Reserven freigeben zu lassen - denn momentan vermag keiner vorherzusehen, wie lange das Niedrigwasser auf dem Rhein und seine Folgen noch anhalten werden.