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"foodwatch": Bekannte Lücken schließen

Fett sei einer der Hauptbestandteile von Futtermitteln und besonders oft mit Dioxinen versetzt, sagt Christiane Groß von der Organisation "foodwatch". An dieser Stelle müsse es verpflichtende Kontrollen auf das Gift geben. Da die Futtermittelkosten nur einen geringen Anteil an den Endverbraucherpreisen haben, würden Fleisch oder Eier dadurch "nur unerheblich teurer".

Christiane Groß im Gespräch mit Gerwald Herter |
    Gerwald Herter: Dass es sich um einen Skandal handelt, ist wohl gar keine Frage. Frühstückseier müssen womöglich in den Sondermüll, genauso wie Tausende oder möglicherweise auch Zehntausende Tierkadaver. Das Gift Dioxin ist schon in äußerst geringen Mengen toxisch und kann zum Beispiel Krebs auslösen, noch dazu lagert sich der Stoff besonders gut im menschlichen Körper ein. Die Politik muss handeln, das sagt Christiane Groß von der Organisation "foodwatch", und mit ihr bin ich nun verbunden. Guten Tag, Frau Groß!

    Christiane Groß: Guten Tag!

    Herter: Frau Groß, hat hier die Politik versagt?

    Groß: Sie hat versagt insofern, als die bekannten Lücken bisher immer noch nicht geschlossen sind. Wir haben ja alle Jahre wieder ähnliche Meldungen über Dioxin im Essen, über Dioxin im Futtermittel, und man kann sich wirklich fragen, warum werden da keine wirksamen Maßnahmen ergriffen? Und diese Maßnahmen wären auch nicht besonders kompliziert. Was man vorschreiben müsste, wäre, dass die Tierfutterproduzenten dafür sorgen müssen, dass keine einzige Zutat in das Futter gelangt, die die Grenzwerte für Dioxin nicht einhält. Heutzutage werden Futtermittel zusammengemischt bei den Herstellern, das heißt, da kommen verschiedene Zutaten rein wie beim Kuchenbacken – Fett und Mehl –, so ist beispielsweise da eben auch Fett ein wichtiger Bestandteil. Und das ist einer der Haupteintragswege für Dioxine in die Futtermittel, und darüber gelangen die Dioxine dann in unser Essen. Deswegen muss man da ansetzen, wo die Eintrittspforte ist, wo die Dioxine überhaupt ins Futtermittel gelangen, und hier verpflichtende Kontrollen auf Dioxin vorschreiben.

    Herter: Das hieße aber zusätzliche Kosten, solche Kontrollen sind sehr aufwendig – müssten die Verbraucher die Kosten tragen?

    Groß: Das hieße zusätzliche Kosten, die aber im Endpreis für die Verbraucher kaum ins Gewicht fallen würden, weil die Futtermittelkosten nur einen sehr geringen Anteil an den Endverbraucherpreisen haben. Das heißt, das Fleisch an der Supermarkttheke oder die Eier würden dadurch nur unerheblich teurer.

    Herter: Bleibt aber hier, wenn es um Massentierhaltung geht, nicht immer ein Restrisiko, mit dem wir einfach leben müssen?

    Groß: Wir haben natürlich immer ein Restrisiko, dass Zertifikate für Tests bei jemandem mit krimineller Energie natürlich auch gefälscht werden können. Damit muss man tatsächlich leben, aber man kann weitestgehend dafür sorgen, dass unser Essen von solchen Dioxineinträgen verschont wird, indem man eben diese Eintrittspforte schließt und verpflichtende Tests vorschreibt. Das ist nicht besonders komplex, das würde nicht für erhebliche Verteuerungen sorgen, sondern nur ganz geringfügig die Kosten erhöhen. Und diese Maßnahmen sollte die Politik jetzt dringend ergreifen.

    Herter: Gibt es noch einen anderen Ansatzpunkt, wo Sie Nachbesserungen fordern?

    Groß: Also der Hauptansatzpunkt ist wirklich der, dass man sagen muss, der Hersteller von Futtermitteln muss die Zutaten testen oder sich von seinen Zulieferern nachweisen lassen, dass die Dioxingrenzwerte hier eingehalten werden. Natürlich wäre auch die Haftungsfrage eine, die man neu regeln muss. Man muss dafür sorgen, dass die Futtermittelhersteller umfassend dafür haften müssen, wenn Dioxine in die Futtermittel und darüber in das Essen gelangen. Im Moment wird ja die Kette nachverfolgt, einer schiebt die Verantwortung auf den anderen – wenn hier die Haftung klar geregelt wäre, wären die Futtermittelhersteller in der Verantwortung, auch sicherzustellen, dass die einzelnen Zutaten die Dioxingrenzwerte einhalten.

    Herter: Frau Groß, noch ganz kurz: Hier ermittelt die Staatsanwaltschaft, brauchen wir im Strafrecht schärfere Bestimmungen?

    Groß: Wir müssen die Regeln vor allem dahin gehend ändern, dass solche verpflichtenden Kontrollen vorgeschrieben werden. Das ist jetzt erst mal das Gebot der Stunde, und da ist Frau Aigner gefragt, aktiv zu werden.

    Herter: Soweit die Forderungen an die Politik von der "foodwatch"-Sprecherin Christiane Groß. Vielen Dank!