Schreiendes rot-orange und eine riesige Überschrift: "Der Verrat". So lag das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" am Wochenende an den Kiosken. Innen dann – in ähnlich boulevardesker Aufmachung: 23 Seiten über eine geplante private Luxus-Liga, seltsame Geschäfte mit Golfstaaten, spannende Steuermodelle, das Aushebeln von Kontrollinstanzen im nach wie vor öffentlich subventionierten Fußballgeschäft. Laut "Spiegel" belegt durch 70 Millionen Dokumente, die die Enthüllungsplattform "Football Leaks" zugänglich gemacht hat.
Nicht zum ersten Mal – und nicht nur dem "Spiegel", sondern dem Mediennetzwerk "European Investigative Collaborations". Der NDR hat dazu – prominent nach dem "Tatort" – sogar eine eigene Dokumentation im Ersten ausgestrahlt. Und in der ging es fast mehr um die Recherche als um deren Ergebnisse.
Exklusivinformationen gewinnen an Wert
André Haller ist Kommunikationswissenschaftler an der Uni Bamberg. Dass das Verkaufen einer Geschichte inzwischen so wichtig ist wie deren Inhalt, erklärt Haller damit, dass gerade junge Journalistinnen und Journalisten an einem Storytelling des Storytellings arbeiteten. Das sei in Zeiten, in denen der tagesaktuelle Journalismus an Wert verlöre, nachvollziehbar. Exklusivinformationen würden in Zeiten von Onlinejournalismus wertvoller. Investigative Recherchen, die an sich selbstverständlicher Teil von Qualitätsjournalismus sein sollten, so Haller, würden daher zum Aushängeschild für Journalisten.
Globale Recherchen über globale Vorgänge
Dass Recherchekollektive gebildet werden, hängt dem Kommunikationswissenschaftler zufolge auch mit Sparmaßnahmen in den großen Medienhäusern zusammen, die investigative Arbeit immer weniger förderten. Hinzu kommt für Haller aber noch ein weiterer Aspekt: In einer globalisierten Welt mit globalen Skandalen seien die internationalen Kooperationen hilfreich, um Sprachbarrieren zu überwinden und Informantennetzwerke zu knüpfen.
Sinnhaft findet Haller die investigativen Recherchen aber letztlich nur, wenn sie auch eine breite gesellschaftliche Debatte auslösten. Wünschenswert sei insbesondere, dass die Menschen darüber diskutieren, ob sie wirklich weiterhin mit ihren Rundfunkgebühren die Geschäfte von Fußballmanagern finanzieren wollten.