Nach den Landtagswahlen
Forderungen nach Kurswechsel der Ampel

Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen fordern Vertreterinnen und Vertreter der Opposition auf Bundesebene grundlegende Änderungen in der Politik der Ampel-Koalition. Aber auch aus den Regierungsparteien selbst kommen Stimmen, die Konsequenzen aus dem schlechten Abschneiden von SPD, Grünen und FDP verlangen.

    Robert Habeck (l-r, Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen
    Forderungen nach Kurswechsel der Ampel (Michael Kappeler / dpa / Michael Kappeler)
    Grünen-Chefin Lang räumte beispielsweise in Berlin ein, offensichtlich habe man es nicht geschafft, den Menschen in einer Zeit der Unsicherheit die notwendige Stabilität zu geben. Nun müsse man auch inhaltlich liefern. Ein Bereich dafür sei soziale Sicherheit. Dabei gehe es um Fragen, "Wie bezahlbar ist eigentlich mein Leben?" Lang nannte dazu Stichworte wie Miete und Lohnhöhe.

    SPD-Chefin Esken: Scholz ein "starker Kanzler"

    Die SPD-Bundesvorsitzende Esken rief die Ampel-Koalition auf, bis zur Bundestagswahl Handlungsfähigkeit zu zeigen. Für das schlechte Abschneiden der Parteien bei den Landtagswahlen sei auch das Erscheinungsbild der Ampel verantwortlich, sagte Esken. Zugleich nahm Esken Bundeskanzler Scholz in Schutz. Scholz sei ein starker Kanzler und werde auch ein starker Kanzlerkandidat sein. Vor ihrem Statement in Berlin hatte Esken bereits im Deutschlandfunk betont, sie sehe die Ampel-Koalition nicht gefährdet. Man habe noch viel vor, sagte sie und verwies insbesondere auf den Bereich Wirtschaft.
    FDP-Chef Lindner betonte, die in der Koalition verabredeten Beschlüsse müssten jetzt rasch gemeinsam umgesetzt werden. Er verwies unter anderem auf Steuersenkungen und eine Reform des Bürgergelds.

    Merz: Grundlegende Kurskorrektur nötig

    Der CDU-Vorsitzende Merz rief die Koalition zu einer Kurskorrektur in der Migrationspolitik auf. Das eigentliche Problem sei nicht das Waffenrecht oder die Zahl der Abschiebungen, sondern die anhaltende ungesteuerte Zuwanderung nach Deutschland. Eine Begrenzung sei nur mit Zurückweisungen an den Grenzen möglich, wiederholte er.
    Die AfD-Vorsitzende Weidel bekräftigte den Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung in Sachsen und Thüringen. In beiden Ländern hätten sich die Wähler klar für eine Mitte-Rechts-Koalition unter Einbeziehung der AfD entschieden.

    Wirtschaft: Ampel-Regierung muss handeln

    Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Dulger, forderte die Ampel-Koalition nach dem schlechten Abschneiden von SPD, Grünen und FDP in Sachsen und Thüringen zum Handeln auf. Die Ergebnisse seien ein deutliches Warnzeichen an deren Politik im Bund. Der Zulauf zu den politischen Rändern zeige die starke Verunsicherung der Menschen und ein fehlendes Zutrauen, dass sich das Land in die richtige Richtung entwickle.
    Jede Regierung im Bund und in den Ländern müsse die Interessen für Arbeitsplätze und damit für den sozialen Zusammenhalt im Blick behalten, betonte Dulger. Es sei nun Aufgabe der demokratischen Parteien in den Ländern, Handlungsfähigkeit für Thüringen und Sachsen herzustellen. Aus Sicht der Arbeitgeber seien die soziale Marktwirtschaft, offene Märkte und eine liberale Gesellschaft dabei unverzichtbare Leitplanken. Die Antwort auf Populismus und rückwärtsgewandte Konzepte müsse eine pragmatische Politik sein, die sich an den Problemen der Betriebe und ihrer Beschäftigten orientiere, so Dulger weiter.

    Ökonomen warnen vor wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen

    Nach den Erfolgen von AfD und BSW bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen warnen Ökonomen vor wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Fratzscher, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, vor allem die AfD stehe für eine extrem neoliberale Wirtschaftspolitik, für Protektionismus und eine Abschottung von Europa, für weniger Zuwanderung von Fachkräften und eine geringere Offenheit und Vielfalt. Er halte es für sehr wahrscheinlich, dass die Wahlergebnisse zu einer Abwanderung von Unternehmen und Fachkräften aus beiden Regionen führten, meinte Fratzscher.
    Besorgt äußerte sich auch das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft. IW-Direktor Hüther erklärte, für die Wirtschaft könne das nichts Gutes verheißen, denn es brauche politische Berechenbarkeit, institutionelle Stabilität und verlässliche Rahmenbedingungen.

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    Diese Nachricht wurde am 02.09.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.