Formel 1
Journalist Hecker: "Red Bull steht vor einer Zerreißprobe"

Die Vorwürfe gegen Red-Bull-Teamchef Christian Horner überschatten den ersten Saisonsieg von Weltmeister Max Verstappen. "Jemand hat ein ganz großes Interesse, Herrn Horner aus diesem Team zu entfernen", sagte Formel-1-Experte Anno Hecker im Dlf.

Anno Hecker im Gespräch mit Jessica Sturmberg |
Max Verstappen (l.) im Gespräch mit Red-Bull-Teamchef Christian Horner.
Max Verstappen (l.) hat das erste Rennen der neuen Formel-1-Saison in Bahrain gewonnen. Überschattet wird sein Sieg von den Vorwürfen gegen Red-Bull-Teamchef Christian Horner. (IMAGO / Eibner / IMAGO / Foto: EIBNER / Thomas Fuessler)
Die Formel 1 ist in Bahrain in die neue Saison gestartet. Der Dominator ist immer doch derselbe: Max Verstappen von Red Bull sicherte sich den Sieg - mit satten 22 Sekunden Vorsprung auf Teamkollege Sergio Pérez und 25 Sekunden vor Carlos Sainz im Ferrari.
"Man muss leider sagen, an der Hackordnung, die sich in den vergangenen zwei Jahren aufgebaut hat, hat sich nichts geändert", sagte Formel-1-Experte Anno Hecker, Sportchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, im Deutschlandfunk.
Mercedes kam mit George Russel ganze 46 Sekunden hinter Verstappen auf Rang fünf ins Ziel. "Da hatte ich gedacht, dass sie weiter vorne sind", sagte Hecker. "Und sehr enttäuschend ist Aston Martin. Gut, das ist das erste Rennen von 24. Man muss sehen, wie sich das noch weiterentwickelt. Nach drei Rennen wissen wir genau Bescheid. Aber ich würde mich festlegen, es wird sehr schwer sein, diesen Verstappen in diesem Auto zu schlagen."

Mitarbeiterin wirft Red-Bull-Teamchef "unangemessenes Verhalten" vor

Trotz des Erfolgs gibt es im Rennstall Red Bull aber aktuell viel Unruhe. Grund sind die Vorwürfe gegen Teamchef Christian Horner, der sich gegenüber einer Mitarbeiterin "unangemessen verhalten" haben soll. Der Mutterkonzern Red Bull ließ die Anschuldigungen durch einen externen Fachanwalt prüfen. Mit dem Ergebnis: Horner bleibt im Amt.
Dass Red Bull selber diesen Fachanwalt beauftragt hatte, findet Hecker "schwierig". Dem Ruf der anderen Teams nach mehr Transparenz stimmt der FAZ-Journalist aber nicht zu: "Das halte ich nicht kompatibel mit den Persönlichkeitsrechten der betroffenen Personen. sowohl von Herrn Horner als auch der Dame. Es sei denn, jemand würde vor einem öffentlichen Gericht klagen."
Hecker seien Chatprotokolle aus dem Fall anonym zugespielt worden, sagte er. Ob es sich dabei um echte Chats zwischen Horner und der Mitarbeiterin handelt, wisse er jedoch nicht. "Aber was sich daran erkennen lässt ist, dass irgendjemand ein ganz großes Interesse daran hat, Herrn Horner aus diesem Team zu entfernen. Und aus meiner Sicht kann das nur jemand sein, der Zugang zu diesen Informationen hat. Und das kann ja nur jemand aus dem Konzern sein."

Anonyme Mail an alle Journalisten und Teamchefs

Die anonyme Mail sei an alle akkreditierten Journalisten, alle Teamchefs und noch andere Organisationen gegangen, sagte Hecker. "Da muss man sich mal die Frage stellen, wie eigentlich jemand an diese ganzen Daten kommt. Die persönlichen E-Mail-Adressen der Teamchefs hat ja nicht jeder. Aber genauso interessant war dann ein Brandbrief von den Anwälten Horners, in dem steht, dass wir diese - so war die Formulierung - möglicherweise falschen Chats nicht verbreiten dürfen. Interessant ist, dass sie die Authentizität dieser Chats offenlassen."
Erledigt sei das Thema jedenfalls nicht, sagte Hecker: "Red Bull wird nicht zur Ruhe kommen. Red Bull steht vor einer Zerreißprobe, die kurzfristig keine Auswirkungen hat, weil Herr Horner nicht das Auto baut und es nicht fährt. Aber er ist der Mann gewesen, der in den letzten 20 Jahren das Team zusammengehalten und zu so vielen Erfolgen geführt hat. Und wenn so ein Mann rausgeht, gibt es ein neues Machtgefüge im Team. Und ob das dann mittel- oder langfristig funktioniert, das ist die Frage."