Formel 1
Nachwuchsförderung - ohne Geld keine Chance

Talent allein reicht nicht mehr aus, um in die Formel 1 zu gelangen. In den letzten Jahren sind die Kosten in den Nachwuchsklassen so angestiegen, dass das fehlende Geld für viele Fahrer das K.O.-Kriterium ist. Das hat Folgen für den Sport.

Von Merlin Rieger | 09.03.2024
Nahaufnahme des Rennautos mit Tim Tramnitz, der aber durch den Helm nicht zu erkennen ist
Vom Bambini-Kart bis in die Formel 2 braucht man laut Ralf Schumacher heutzutage ein Budget von zwischen 13 und 15 Millionen Euro. (Durch Photo Agency )
Die neue Formel 1-Saison startet mit nur einem deutschen Fahrer hinterm Lenkrad. Und Nico Hülkenbergs Chancen auf den Weltmeister-Titel stehen schlecht, das kann man nicht anders sagen. Zusätzlich ist auch kein Nachwuchsfahrer aus Deutschland in Sicht, der in den nächsten Jahren vorne mitmischen könnte. Und dafür gibt es verschiedene Gründe, sagt Ex-Fahrer Ralf Schumacher: Zum einen die schlechte deutsche Nachwuchsförderung und zum anderen die extremen Kosten:
„Erstmal fängt man an in Deutschland meinetwegen und kauft sich ein Bambini-Kart, das aber auch schon bei 4.000-5.000 Euro liegt. Da ist noch kein Bus, keine Ersatzteile, kein gar nichts dabei. Also auch da muss man schon rechnen, wenn man ein bisschen in Deutschland fährt, dass man rund 50.000 eher 60.000 im Jahr ausgeben muss - für ein achtjähriges Kind. Und so geht’s dann gerade durch bis in die Formel 2 und dann würde ich schon davon ausgehen, dass man irgendwo zwischen 13 und 15 Millionen am Ende brauchen wird.“

Ein paar Sponsoren reichen heute nicht mehr

Ganz besonders die Nachwuchsklassen, also die Formel 4, 3 und 2 sind in den vergangenen Jahren deutlich teurer geworden. Der ADAC versucht, jungen Fahrern da zu helfen, indem er sie unterstützt - sowohl finanziell, als auch durch Sondertrainings und Seminare. Die früheren Zeiten von Michael und Ralf Schumacher, als es noch möglich war, dass man es mit viel Talent und ein paar Sponsoren bis in die Formel 1 geschafft hat, sind trotzdem aus heutiger Sicht völlig unrealistisch:
„Das ist unmöglich. Ich kann auch jedem davon abraten das zu versuchen. Wir haben ja faktisch keine Nachwuchsförderung. Ja, wir haben den ADAC mit der Stiftung Sport, aber ganz ehrlich: Ich meine, das ist schön, dass die da ist, aber das ist ja auch mehr schlecht als recht. Wenn ein Fahrer heute 40/50.000 vom ADAC bekommt und muss 600.000 Euro ausgeben in der Formel 4, dann kann man ja ungefähr überlegen, wie viel das ausmacht.“
Ralf Schumacher lächelt
Die Zeiten von Michael und Ralf Schumacher, als es noch möglich war, mit viel Talent und ein paar Sponsoren bis in die Formel 1 zu kommen, sind längst vorbei. (picture alliance / Eibner-Pressefoto / Foto: Eibner-Pressefot)
Die Folgen für den deutschen Nachwuchs sind logisch: Es gibt quasi keinen. Viele Fahrer mit Talent brechen ihre Karriere ab - weil das Geld nicht reicht. Wer sich durchsetzt, hat meist den finanziellen Background, zumindest für die ersten Jahre - bis er es in die Nachwuchsprogramme der Rennställe schafft.

Eltern stemmen Budgetfrage von Jahr zu Jahr

Ein solches Beispiel ist Tim Tramnitz: 19 Jahre alt und seit diesem Jahr im Nachwuchsförderprogramm von Red Bull, vorher lange beim ADAC. Diese Saison ist er als Neuling bei der Formel 3 am Start. Eine große Chance für ihn. Verbunden mit viel Druck: So schnell wie es bei Red Bull ins Programm rein geht, geht es auch manchmal wieder raus.
„Ein Teil des Drucks kommt natürlich auch von einem selber. Weil einem natürlich schon ganz genau klar ist, was passiert, wenn man es nicht schafft. Und im Prinzip so richtig mit meinen Eltern darüber habe ich jetzt gar nicht so gesprochen, aber wir waren schon immer sehr, sehr realistisch und uns war halt einfach klar, dass es ohne so einen Support nicht weitergehen kann im Formel-Bereich, einfach aus Budget-Gründen.“
Mit solchen Gedanken kennt sich auch Andreas Günther bestens aus. Er ist Vater und Manager von Profi-Rennfahrer Maximilian Günther. Der Sohn war als Nachwuchsfahrer in der Formel 3 und 2 unterwegs und fährt jetzt in der Formel E. Auch bei ihm gab es von klein auf den Traum von der Formel 1, den der Vater ihm natürlich erfüllen wollte:
„In erster Linie war es natürlich von Grund weg die Liebe zum Kind und die Möglichkeit das Hobby auszuüben die erste Motivation und ich denke, das sollte auch die Basis sein. Und man kann sich vorstellen, dass man natürlich, so war’s zumindest bei uns, aber ich weiß das auch von anderen Eltern, natürlich man jedes Jahr vor dem Aus steht. Und jedes Jahr vor der Frage steht, wie bekomme ich das Budget für das nächste Jahr zusammen. Und das versucht man natürlich von den Kindern fernzuhalten, ganz klar."

Schumacher: Industrie und Sponsoren mehr in die Pflicht nehmen

Ab einem gewissen Alter ist das natürlich nicht mehr möglich. Und so ist diese Sorge auch für Fahrer Tim Tramnitz ein ständiger Begleiter - nur hinter dem Steuer ist es für ihn die hohe Kunst, genau das abzuschalten und nicht Angst zu haben vor noch mehr Kosten durch Schäden und Unfälle: „Ich denk´ wenn man zu dem Punkt kommt, dass man sich darüber zu viele Gedanken macht, dann ist man auch einfach nicht mehr schnell und kann sich nicht mehr auf das konzentrieren, was man zu tun hat.“
Tim Tramitz
Nachwuchsfahrer Tim Tramnitz ist seit diesem Jahr im Nachwuchsförderprogramm von Red Bull und als Neuling bei der Formel 3 am Start. (Durch Photo Agency )
Diese Saison in der Formel 3 ist für ihn die erste Hürde, bei der er sich beweisen muss. Aus Sicht des deutschen Motorsports wäre es natürlich wünschenswert, denn es braucht dringend wieder einen starken Fahrer, um auch in Zukunft attraktiv zu bleiben, findet Ralf Schumacher:
„Hat man ja gesehen anhand von Michael, da ist ja eine ganze Nation mitgegangen. Also das löst schon was aus, wenn man in dieser Sparte Motorsport weltweit eine gute Visitenkarte abgeben kann. Das heißt, das sollte uns, Deutschland, aber auch der Politik und auch dem Steuerzahler ein bisschen was wert sein. Das Zweite: Man muss die Industrie und auch die Sponsoren ein bisschen mehr in die Pflicht nehmen, dass sie da konstruktiv gemeinsam entwickelt um wirklich junge Leute zu fördern.“
Optimistisch ist er da aber nicht, das sagt er ganz offen. Der Motorsport kam dafür zu lange zu kurz. Angefangen bei zu wenig guten Kartbahnen im Land. Oder auch dass es kein deutsches Rennen im Formel 1 Kalender gibt - eingespart aus Kostengründen.