Ostsee
Forscher entdecken 1.400 Jahre altes Seegras

Ein internationales Wissenschaftsteam hat in der Ostsee ein mehr als 1.400 Jahre altes Seegras-Vorkommen entdeckt. Er sei die älteste Meerespflanze, deren Alter exakt bestimmt worden sei, erklärte Projektleiter Reusch vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel.

    Seegras und eine sehr gut getarnte Schlangennadel.
    Seegräser breiten sich vor allem über Wurzelausläufer aus. Deswegen können sie sehr alt werden (Archivbild). (picture alliance / WILDLIFE / W. Fiedler)
    Das Forschungsprojekt sei ein wichtiger Schritt zum besseren Verständnis und zum Schutz mariner Ökosysteme, betonten die Wissenschaftler aus Kiel, London, Oldenburg und Kalifornien. Die Studienergebnisse erschienen in der Fachzeitschrift "Nature Ecology and Evolution".

    Neuartige genetische Uhr zur Altersbestimmung

    Das Seegras vermehrt sich den Forschenden zufolge vorrangig über unterirdische Ausläufer. Die einzelnen Teile eines solchen Klons unterscheiden sich genetisch ganz leicht. Zur genauen Altersbestimmung haben die Forschenden auf Grundlage dieser Tatsache eine neuartige genetische Uhr entwickelt. Entscheidend seien dabei Mutationen in der Erbinformation, die im Laufe der Zeit so regelmäßig auftreten, wie Uhren ticken.
    Voraussetzung für die Arbeit sei ein Seegras-Genom von hoher Qualität gewesen. Wissenschaftler der University of California lieferten für die genetische Uhr Referenzwerte von einem Seegras-Klon, den sie 17 Jahre lang in Kulturtanks gehalten hatten, wie das Team berichtet.

    Bereits sehr alte Seegras-Klone in Australien und Nordamerika entdeckt

    Zuvor hatten australische Forscher riesige Seegras-Klone entdeckt, deren Alter sie aufgrund der Größe auf mehrere Tausend Jahre schätzten. So erstreckt sich unter anderem vor der Westküste Australiens ein Seegrasteppich über eine Länge von 180 Kilometern, der geschätzt mindestens 4.500 Jahre alt ist. Bei dem Gewächs der Superlative handle es sich um die Seegras-Art Posidonia australis.
    Nach Angaben von Reusch ist eine derartige Schätzung jedoch ungenau, weil das Seegras nicht immer gleichmäßig wächst. Dennoch erwartet auch er, dass bei anderen Seegras-Vorkommen zum Beispiel im Mittelmeer und eben vor der australischen Küste auch mit der neuen Bestimmungsmethode noch Organismen entdeckt werden, die wesentlich älter als 1.400 Jahre sind.
    Im Jahr 2018 hatten Forschende in Nordamerika auf einen riesigen Verbund von 47.000 Zitterpappeln mit identischem Erbgut hingewiesen, die unterirdisch durch Wurzeln verbunden sind. Auch dieser sogenannte Pando existiere wahrscheinlich schon seit Tausenden von Jahren, schrieb damals das Team von der Utah State University in einem Fachblatt.
    Diese Nachricht wurde am 11.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.