Studienautor Porz sagte im Deutschlandfunk, das Sediment der Nordsee bestehe in einem geringen Anteil aus kohlenstoffhaltigen Partikeln. Dabei handele es sich zum Beispiel um abgestorbene Tiere oder Pflanzenreste. "Diese Partikel sinken in den Meeresboden und wirken dort unter Ausschluss von Sauerstoff als natürlicher CO2-Speicher." Die Schleppnetze wirbelten den organisch gebundenem Kohlenstoff auf, erklärte Küstenforscher Porz. Dadurch komme er wieder in Kontakt mit Sauerstoff und werde durch Tiere oder Bakterien verdaut. "Das bedeutet: Dieser Kohlenstoff kann dann wieder eine Klimawirkung entfalten."
Pro Jahr 2 Millionen Tonnen CO2 im Nordseewasser durch Grundnetzschlepperei
Nach Angaben von Umweltschutzorganisationen ist die Grundschleppnetzfischerei die wichtigste in EU-Gewässern eingesetzte Fangmethode. Grundschleppnetze werden dabei über den Meeresboden gezogen. Die Ketten oder Metallkugeln an der Netzunterseite scheuchen dabei auf dem Grund lebende Fische und Garnelen auf, die dann im Netz landen. In der Nordsee gefangen werden Garnelen, Plattfische wie Scholle oder Seezungen sowie andere bodennah lebende Fische, etwa Kabeljau oder Sandaal.
Laut Studie gelangen durch die Gundschleppnetzfischerei pro Jahr CO2-Emmissionen in der Größenordnung von etwa zwei Millionen Tonnen in das Nordseewasser. Man könne davon ausgehen, dass gut die Hälfte davon innerhalb weniger Jahre wieder in der Atmosphäre lande, betont Porz. Er und sein Team hatten alle verfügbaren Daten und bisherigen Studien zur Fischereiaktivität in der Nordsee ausgewertet. Die Ergebnisse wurden in Computermodelle eingefügt. Durch den Vergleich der Simulationen mit und ohne Grundschleppnetzfischerei konnten die Forschenden den Einfluss abschätzen.
Skagerrak stark befischtes Gebiet
Besonders betroffen ist der Untersuchung zufolge das Skagerrak zwischen der Nordküste Jütlands in Dänemark, der Südküste Norwegens und der nördlichen Westküste Schwedens. Das sei der Anteil an Schlick im Sediment besonders hoch. Studienautor Porz spricht von dem "am stärksten befischten Gebiet" in der Nordsee. Als Schutzmaßnahmen empfehlen die Geesthachter Forscher, klar erfasste kohlenstoffreiche Schlickgründe zu Verbotszonen für die Fischerei zu erklären. Zudem gebe es sogenannte Wadennetze, die weniger tief ins Sediment eindrängen. "Man könnte den Fischern Anreize geben, auf alternative Fangmethoden umzusteigen", schlägt Porz vor.
Diese Nachricht wurde am 27.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.