
Die Bedeutung von Bewegung für die mentale Gesundheit werde zu wenig berücksichtigt, sagte die Medizinerin Christine Joisten der Zeitschrift "Psychologie Heute". Beispielsweise lernten Kinder nur, wenn sie einmal hinfielen, auch wieder aufzustehen. Ebenso sei es wichtig, dass Kinder lernten, mit Niederlagen umzugehen und Selbstvertrauen sowie Frustrationstoleranz zu entwickeln. Wenn Kinder "immer nur gewinnen müssen, können sie das alles nicht lernen", mahnte Joisten, die Professorin am Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft an der Deutschen Sporthochschule in Köln ist.
Studien zufolge bewegen sich etwa drei Viertel der Kinder und Jugendlichen weniger als die von der Weltgesundheitsorganisation geforderten 60 Minuten pro Tag. Durch die Corona-Pandemie sei der Trend noch deutlich verschlechtert worden, betonte Joisten. In einem aktuellen Projekt beobachte sie zugleich, dass schon Kindergartenkinder wegen Übergewicht gemobbt würden.
Schulen, Eltern und Vereine in der Pflicht
Wünschenswert wären aus ihrer Sicht etwa kleine Bewegungseinheiten während der einzelnen Schulstunden. Damit lasse sich sitzend verbrachte Zeit reduzieren und die Konzentration sogar verbessern.
Eltern riet die Expertin, ihre Kinder in einer Sportart zu unterstützen, die ihnen liege. Mit Druck und Zwang funktioniere das nicht. Auch die Politik sei gefragt: Die meisten jüngeren Kinder wollten sich viel bewegen; dafür brauche es auch ausreichend Grünflächen, sichere Radwege und Bürgersteige.
Ein weiteres Problem ist aus Sicht der Expertin, dass viele Vereine Kinder überwiegend nach Leistung aufnähmen. Oft stehe nicht das Mitmachen im Vordergrund: "Kinder, die zum Beispiel übergewichtig, eingeschränkt, chronisch krank oder einfach nicht sehr fit sind, haben oft nur wenig Möglichkeiten, in einen Verein aufgenommen zu werden. Dabei wäre es gerade für ihre Entwicklung besonders wichtig, mahnte Joisten.
Diese Nachricht wurde am 10.10.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.