Mitte des 18. Jahrhunderts waren die Wälder Europas in einem erbärmlichen Zustand. Auf großen Flächen abgeholzt zur Energiegewinnung für eine immer stärker wachsende Bevölkerung. Erst als die Industrialisierung begann und damit Kohle und andere fossile Brennstoffe in großen Mengen zur Verfügung standen, konnten sich die Wälder erholen. Heute sei ihre Fläche zehn Prozent größer als noch 1750, sagt die belgische Forscherin Kim Naudts vom Max Planck Institut für Meteorologie in Hamburg.
"Aber nicht nur die Waldfläche veränderte sich, sondern auch die Zusammensetzung der Baumarten. Die moderne Forstwirtschaft setzte ein und es wurden zunehmend Nadelbäume gepflanzt, die schneller wachsen und höhere Erträge bringen als Laubbäume. So nahmen die Nadelbäume um 26 Prozent zu. Und es gab noch eine weitere Veränderung: 85 Prozent der ursprünglich wilden Wälder werden heute bewirtschaftet."
Mithilfe von Computermodellen simulierten Kim Naudts und ihre Kollegen diese Veränderungen um herauszufinden, wie sie sich auf den Kohlenstoffkreislauf und das Klima ausgewirkt haben.
"Wir stellten fest, dass es den europäischen Wäldern seit 1750 nicht gelungen ist, mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufzunehmen als sie selbst freisetzen. Und das liegt am Waldmanagement, also am Einschlag von Holz."
Kaum noch Totholz
In den modernen Wirtschaftswäldern gibt es kaum noch Totholz, das langsam verrotten und CO2 über lange Zeit speichern kann. Stattdessen wird immer wieder Holz aus dem Wald entnommen und für Papier, Brennholz oder andere kurzlebige Güter verwandt, nach deren Nutzung es wieder als CO2 in die Atmosphäre gelangt.
"Und was das Klima betrifft, sahen wir, dass die veränderte Artenzusammensetzung in den Wäldern Europas einen Anstieg der globalen Temperaturen um 0,1 Grad Celsius verursacht hat. Denn Nadelbäume sind dunkler und absorbieren daher mehr Sonnenlicht und damit Wärme als die helleren Laubbäume."
Und Nadelbäume geben über ihre Blattöffnungen weniger Wasserdampf an ihre Umgebung ab, als es Laubbäume tun. Dadurch kühlen sie das Klima weniger stark.
"Durch die Aufforstung seit 1750 wurde natürlich Kohlenstoff in den Wäldern gebunden, aber dieser Effekt wird eben teilweise durch die Veränderungen in der Absorption und der Verdunstung aufgehoben."
Kim Naudts Ansicht nach lässt die Studie nur einen Schluss zu:
"Ich denke, wir müssen in Europa wirklich versuchen unsere Kohlendioxidemissionen zu senken, anstatt unsere Hoffnungen weiter auf die Wälder und das Waldmanagement zu setzen."
Auswirkungen auf das Klima
Anders als in Europa aber werden in weiten Teilen der Welt bis heute Wälder einfach so abgeholzt und nicht nachhaltig genutzt. Und das sei erst recht schlecht fürs Klima, sagt Alessandro Cescatti vom Forschungszentrum der Europäischen Kommission in Ispra. In einem weiteren Artikel in "Science" hat er untersucht, wie sich die weltweiten Abholzungen und Aufforstungsprogramme des vergangenen Jahrzehnts auf das Klima ausgewirkt haben.
"Die Veränderungen in der Landnutzung in diesem Jahrzehnt, die Tatsache also, dass mehr abgeholzt als aufgeforstet wurde, hat zu einer Aufheizung des Planeten geführt, die 20 Prozent der Erwärmung entspricht, die auf die Kohlendioxidemissionen zurückzuführen ist."