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Fortbildung am Motorblock

Das deutsche duale Ausbildungssystem genießt auch im Ausland einen guten Ruf. Das hat auch die Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe im westfälischen Soest erfahren. Die indische Regierung hat sie für ein zukunftsweisendes Projekt ausgewählt.

Von Elfie Schader |
    Eine KFZ-Werkshalle im Berufsbildungszentrum der Kreishandwerkerschaft in Soest: Eine Gruppe indischer Ingenieure, einheitlich im Blaumann gekleidet, blickt unter eine offene Motorhaube. KFZ-Meister Wilhelm Hölter erklärt in englischer Sprache, wie deutschen Lehrlingen das Kraftstoffsystem spannend erklärt wird. Die indischen Ingenieure hören interessiert zu. Die meisten sind zwischen 30 und 50 Jahre alt. Ihre Regierung hat sie für sechs Wochen nach Soest geschickt:

    "Es gefällt uns sehr hier, wir haben so viel gelernt, viel Neues, das ist eine gute Erfahrung für uns. Herr Hölter macht das sehr gut, er unterrichtet uns sehr gut." - "Er gibt sich viel Mühe, uns die Dinge richtig zu erklären, technisches Wissen, wie man Diagnosegeräte benutzt, wie man das analysiert." - "Wir bilden uns weiter, um das an unsere Leute zu Hause weiterzugeben, deshalb sind wir in Deutschland. Es geht um Indiens Zukunft."

    Die Ingenieure kommen aus ganz Indien und sollen künftig in ihrer Heimat als Multiplikatoren wirken. Indien braucht in den kommenden Jahren 20.000 Ausbilder, die die rasant wachsende Zahl junger Menschen nach modernstem Standard in den Beruf bringen.

    Das Know-how dazu sucht Indien gezielt in Deutschland, denn das duale System mit Ausbildung im Betrieb, Berufsschule und überbetrieblicher Ausbildung in der Kreishandwerkerschaft gilt als Vorbild. Die jetzt in Soest qualifizierten Trainer bauen dann in ihrer Heimat solche Berufsausbildungszentren auf.

    Der Soester Projektleiter Norbert Tschirpke hatte auf einer indisch-deutschen Konferenz vom Wunsch der Inder erfahren, ihre Ausbilder in Europa trainieren zu lassen. Prompt bot er seine Hilfe an:

    "Man muss da nicht Steine klopfen, sondern man wird angesprochen, die finden das interessant, finden es interessant, dass das Handwerk sich engagieren will."

    Tschirpke schrieb ein Konzept, reichte es beim Bundesbildungsministerium ein und setzte sich gegen eine Handvoll Mitbewerber durch. Anfang November reisten die ersten Ingenieure aus Indien an und ließen sich in den Bereichen KFZ und Metall schulen, erklärt Norbert Tschirpke:

    "Mit welchen pädagogischen Mitteln kann man Auszubildende erreichen, wie vermittelt man innovative Technologie - wir haben hier gerade ein Auto, da wird eine Brennstoffzelle eingebaut, machen wir mit der Fachhochschule Soest zusammen, der hat 250 Kilometer Reichweite, wie kann man das einem jugendlichen Inder vermitteln, dass so ein Ding interessant ist und wie man das da einbaut, das ist ein Aspekt."

    Zwischendurch besichtigten die Gäste aus Indien Betriebe in der Region und absolvierten dort auch Praktika. Als Vertreter einer aufstrebenden Industrienation waren sie neugierig, zu sehen, wie zum Beispiel Deutschland mit der Nanotechnologie umgeht. Der Chef der Kreishandwerkerschaft, Werner Bastin, freut sich, dass das deutschlandweit einmalige Pilotprojekt nach Soest vergeben wurde. Dadurch würden auch die Arbeitsplätze der eigenen hochqualifizierten Mitarbeiter gesichert:

    "Unser Bildungszentrum profitiert hiervon, indem wir Auslastungen erreichen, aber gleichzeitig bekommen wir Einblicke, in andere Länder, und man kann gucken, ob man diese Schiene nicht weiter ausbaut. Wir verkaufen hier Bildung, und wir sprechen im Moment darüber, dass wir ähnliche Maßnahmen, etwas anders strukturiert, auch in den nächsten Jahren bekommen werden."

    Die Kreishandwerkerschaft in Soest hat sich auch kulinarisch auf die Gäste aus Indien vorbereitet. In der Kantine gibt es derzeit nicht nur Schnitzel und Gulasch, sondern auch viel Gemüse und Tofu. Während des Essens geben sie ihre ersten Deutschkenntnisse zum Besten. Sie lassen erahnen, dass die Gäste aus Indien auch von den geregelten Arbeitszeiten samt Pausen begeistert sind:

    "Mittagspause. Guten Morgen, Feierabend and Kaffeepause. Tschüss, tschüss, tschüss."

    Am Samstag reisen die indischen Ingenieure wieder zurück in ihre Heimat. In den nächsten Wochen und Monaten werden sie dort neue Mitarbeiter zu Ausbildern qualifizieren. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass der Ausbilder in der Werkstatt selbst mit anpackt – so wie es ihnen Wilhelm Hölter in Soest vorgemacht hat.

    In Indien ist das nicht üblich. In nächster Zeit zeigen sich sicher noch mehr Unterschiede. Denn dieser Kurs war erst der Anfang. Der Nächste könnte im März starten.