Über die Berichterstattung im Zeichen des Krieges in der Ukraine sprachen Prof. Dr. Olaf Müller, Philosoph an der Humboldt-Universität Berlin, Bettina Schmieding, Leiterin der Deutschlandfunk-Medienredaktion, Dr. Daniela De Ridder, SPD-Außen- und Sicherheitspolitikerin, Sabine Wilke von Care Deutschland und Thomas Präkelt, Reporter bei RTL und n-tv. Moderiert wurde das Gespräch von Prof. Dr. Hektor Haarkötter von der Initiative NachrichtenaufklärunBerichterstattung zwischen zwei Interessens-Lagern.
Alle Gäste waren sich einig: Der Krieg ist durch den russischen Einmarsch in die Ukraine sehr nah an Deutschland herangerückt. Bettina Schmieding betonte, in ihren vielen Berufsjahren als Journalistin habe sie noch nicht erlebt, dass Menschen in Deutschland so unmittelbar von den Folgen des Kriegs betroffen gewesen seien - etwa durch wirtschaftliche Konsequenzen. Das Ausmaß und die Nähe der Kriegsereignisse erfordere auch einen veränderten journalistischen Blick. Man sei bei der Berichterstattung über die Ukraine in der Mitte von zwei Interessens-Lagern. Dieser Gratwanderung müsse man sich dauerhaft bewusst sein.
Einordnung und Orientierung
Es sei gut und richtig, dass an die Stelle wissenschaftlicher Experten nun teilweise Militärpersonal und ranghohe Generäle getreten seien, so Schmieding. Journalisten seien gut beraten, sich dort Informationen einzuholen. Daniela De Ridder betonte, es brauche nicht nur Expertenwissen, sondern auch eine intensive Einordnung, um den Lesern, Zuschauern und Zuhörern eine Orientierung zu geben. Gerade in Zeiten der Angst und der unmittelbaren Auswirkung des Kriegs auf das persönliche Leben sei das besonders wichtig. Auch Olaf Müller betonte die Wichtigkeit der Einordnung: "Ich bin froh, dass viele ranghohe Militärs sprechen, die es besser wissen als wir", sagte er. Es gebe derzeit eine reale Gefahr, nämlich die der Eskalation. In der Politik beobachte er eine "Kontroll-Illusion". Es werde das Gefühl vermittelt, dass man alles kontrollieren könne. Das sei aber falsch, denn Angst und Unsicherheit seien im Angesicht des Kriegs berechtigt.
Aufmerksamkeit aufrecht erhalten
RTL-Reporter Thomas Präkelt merkte an, dass sich die Berichterstattung seit Beginn des Krieges in der Ukraine verändert habe. Er habe eine "große Welle" von Berichten kurz nach der russischen Invasion beobachtet, die dann aber abgeebbt sei. Viele Menschen in Deutschland seien nicht daran interessiert, Wasserstandsmeldungen aus der Ukraine zu lesen, sondern vielmehr an den persönlichen Geschichten aus dem Land. Diese Geschichten müssten erzählt werden, auch um Aufmerksamkeit zu generieren und die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung aufrechtzuerhalten.
Die erste "große Welle" der Berichterstattung nutzten auch die Hilfsorganisationen, berichtete Sabine Wilke von Care Deutschland. Gerade in den ersten Kriegswochen sei sehr viel und zweckgebunden gespendet worden. Es sei deutlich zu merken, dass die Aufmerksamkeit inzwischen nachgelassen habe. Deswegen sei es wichtig, schon zu Beginn möglichst viele Spenden zu mobilisieren.