Forum neuer Musik 2024: Stefan Pohlits transkulturelles Komponieren
Mit Verstand und Sinnlichkeit

Elf Jahre lebte der Komponist Stefan Pohlit in der Türkei. Hier studierte er Sufi-Kultur und osmanische Hofmusik. Um künstlerisch Avantgarde und Orient zu verbinden, entwickelte er eine mikrotonale Musik von eigenwilliger Schönheit.

Von Gisela Nauck |
Stefan Pohlit sitzt auf einem Schiff und schaut ernst in die Kamera. In der Hand hält er seinen türkischen Roman von 2021 "Münzevi Adası".
Stefan Pohlit ist immer auf der Reise zwischen den Welten: er komponiert und schreibt Romane wie Texte für diverse Medien. (Fadime Pohlit)
Groß ist die Zahl derer, die von anderen Kontinenten kommen und in Europa studieren und bleiben. Nur wenige wählen die andere Richtung – aus dem Okzident in die nahöstliche Welt. Ein Beispiel ist der 1976 in Heidelberg geborene Stefan Pohlit. Er studierte zunächst Komposition in der Schweiz, in Frankreich und Deutschland, er lernte arabisch, persisch und türkisch – und fand seinen Lebenssinn dann auf den Prinzeninseln vor Istanbul.
Mit dem DAAD nach Istanbul
Noch vor seiner Übersiedlung wandte er sich auch religiös dem Islam zu. In der Türkei studierte er Sufi-Kultur und osmanische Hofmusik und promovierte über den berühmten Qānūn-Virtuosen Julien Bernard Jalâl Ed-Dine Weiss. Auf der Suche nach Möglichkeiten, Orient und Avantgarde, d.h. im übertragenen Sinne Seele und Verstand zu verbinden, entwickelte er für sich eine dissonante, mikrotonale Musik von eigenwilliger Schönheit.
Eine Reihe von Musikerinnen und Musikern mit fernöstlichen Instrumenten zusammen mit Stefan Pohlit.
Stefan Pohlit (Mitte) mit Musikern zum Talysh|Pontos Project 2022, die nahöstliche Instrumente spielen. (Kai Mehn)
2018 musste Stefan Pohlit die Türkei verlassen, seither lebt er wieder in Deutschland. In den Jahren dort reifte, was Stefan Pohlit als die „Erforschung des Sinns in der Musik“ bezeichnet. Autorin Gisela Nauck thematisiert in ihrer Sendung Pohlits Werdegang, seine Erfahrungen und Themen.