Schon beim Hineingehen in die Galerie Camera Work, ist auf einem Transparent die große ausgestreckte rechte Faust von Muhammad Ali zu sehen, der ja eigentlich Cassius Clay heißt. Die Schau zeigt 90 Fotografien aus zwei Jahrzehnten der Karriere des Muhammad Ali, der wohl einer der ungewöhnlichsten und auch witzigsten Boxer überhaupt war.
Der Fotograf Thomas Höpker hat rund zwanzig Arbeiten zur Ausstellung beigetragen. Höpker hatte das Privileg, Ali für das Magazin "Stern" über Jahre immer wieder begleiten zu dürfen und ihm so nahe zu kommen, wie kaum ein anderer Fotograf: "In der Tat war er eine unglaublich schillernde Figur, immer bereit zu Witzchen und Überraschungen, und das war die Natur, die ihn dazu gebracht hat, so ein toller Boxer zu sein. Weil man sich nie auf ihn vorbereiten konnte, man konnte sich absolut darauf verlassen, das er unverlässlich war. Man war verabredet morgens um zehn, er kam er nicht, aber dann kam er nachmittags um drei und war total präsent, also man musste sich unheimlich auf ihn einstellen und in übertragener Weise war das bestimmt auch im Sport bei ihm so."
Ali hatte auch dunkle Seiten
Die Vielschichtigkeit der Persönlichkeit Alis ist auch in der Ausstellung zu spüren: Sie zeigt den Boxer in allen nur erdenklichen Lebenslagen. So auch auf einem der wenigen Farbfotos, Jesus-gleich, mit blutigen Pfeilen im nackten Oberkörper, auf vielen Bildern sieht der Betrachter Ali im Ring, mal vor, mal mitten im Kampf und danach, Ali mit den Fäusten in den Hüften im Nadelstreifenanzug, Ali mit weit offenem Mund und nacktem Oberkörper vor einem Monopoly-Spiel. Der dreifache Schwergewichtsweltmeister - das waren mehrere Personen in einer. Seinen Humor paarte er mit einer ungeheuren Arroganz: "Es ist schwer, bescheiden zu sein, wenn man so großartig ist, wie ich", sagte er mal.
Doch bei all dem vergisst man leicht, dass Ali auch dunkle Seiten hatte. Exemplarisch dafür sind die Fotos seiner beiden Fäuste und seines Gesichts im Hintergrund: Die rechte Faust zeigt den fröhlichen siegreichen Ali, ein weiteres, unterbelichtetes Foto die linke Faust, Ali sieht darauf düster und unzufrieden aus. Thomas Höpker sieht auf den beiden Fotos, die wenige Sekunden hintereinander entstanden sind, zwei Alis: "Auf dem linken ist er der starke, zuversichtliche Zuschläger, auf dem rechten ist er ein düsterer, zerkratzter Mann, also das Negativ ist tatsächlich zerkratzt worden, und mir wurde dann irgendwie klar, dass diese beiden Bilder zwei Pole sind von ihm. Der spielerische, der helle, und der düstere, beschädigte, komplizierte Mensch."
Von Alis Überzeugungen erfährt man kaum etwas
Ein weiteres Bild von Thomas Höpker nimmt ebenfalls einen eher unbekannten Ali in den Fokus: Man sieht ihn vor dem Kampf gegen Brian London 1966 in der Ecke des Rings, wo er, den Kopf gesenkt, betet. Ali bekannte sich in den sechziger Jahren zur Kirche "Nation of Islam" und legte seinen "Sklaven-Namen" Cassius Clay, wie er selbst sagte, ab. Er war auch gegen den Vietnamkrieg und verweigerte den Wehrdienst, was ihm die Aberkennung eines Weltmeistertitels einbrachte. Von diesen politisch bewegten Zeiten, Alis Überzeugungen und Motivationen, erfährt man in der Ausstellung jedoch kaum etwas - sie schimmern allenfalls zufällig durch. Die Schau ist daher eher etwas für Fans, die sich mit seiner Biografie schon ein wenig auskennen - die Ausstellung zeigt ohnehin nur den Muhammad Ali zu seiner aktiven Sportlerzeit. Sein späteres Leben, sein Leiden an der Parkinson-Krankheit bleibt außen vor.
Mehrere Fotos der Ausstellung zeigen Ali bei einem Spaziergang durch Chicago. Auch dabei begleitete ihn damals Thomas Höpker. Obwohl Ali vor einem Kampf stand, und er eigentlich keine Kohlehydrate essen sollte, machte er Stop bei einem Doughnut-Laden und lernte dort ein Mädchen kennen, Belinda, die Tochter des Bäckers, seine spätere dritte Frau. Ein Foto zeigt die beiden: "Ich war sozusagen dabei, wie die beiden sich zum ersten Mal gesehen haben, und sich in einander verliebt haben. Also ein Glücksmoment für ihn, aber auch für mich."
Die Fotoausstellung "Muhammad Ali" ist bis 10. Oktober in der Berliner Galerie Camera Work zu sehen.