In den vergangenen 100 Jahren hat die Republik Österreich viel erlebt: Kriege, Skandale, Politikergrößen, die auf Staatsbesuch kamen, Sportler, die Generationen prägten. Für jedes Jahr haben die beiden Kuratorinnen der Ausstellung "Photo/Politics/Austria" Susanne Neuburger und Monika Faber, Fotos, Plakate, Zeitschriftencover oder Schriftstücke von herausragenden Ereignissen zusammengetragen, um den Besuchern der Austellung einen besonderen Blick auf Österreich zu zeigen: "Das Bild wirkt mit Text und Kontext, das klingt sehr trocken, vielleicht ein bisschen mühselig, aber wir möchten nicht die Leute nerven und haben deshalb uns bemüht, mit ein wenig Humor an die Sache heranzugehen, und das ist im Abstand von Jahren und Jahrzehnten leichter sichtbar, als direkt während der Entstehungszeit."
Keine Balkonszenen von winkenden Politikern
Die Zeitreise im Bild durch die wechselvolle österreichische Geschichte ist eines nicht: langweilig. Balkonszenen von winkenden Politikern gibt es keine zu sehen, die Kuratorinnen suchten ausnahmslos den anderen Blick auf zeitgeschichtliche Ereignisse. Zum Beispiel in den Jahren des Dritten Reiches: "Wir haben vermieden in der Ausstellung, Hitler als Person zu zeigen und da sind die Mengen die nicht mehr auf dem Heldenplatz Platz gefunden haben auf dem Klohaus, wir haben sozusagen den anderen Blick gesucht, nicht von unten am Balkon. Hier fängt es an und es geht weiter bis 1945 zu den Heimkehrerbildern von Ernst Haas."
Wie sich Staatsbesuche von hochrangigen Politikern verändert haben, auch darüber kann man mit Hilfe von Fotos Rückschlüsse ziehen. Zum Beispiel der Besuch des sowjetischen Regierungschefs Chruschtschow beim damaligen Nationalratspräsidenten Leopold Figl, der 1960 nicht illuster in Wien, sondern ganz bodenständig auf dem Bauernhof des Gastgebers stattfand: "Das gemeinsame Weintrinken als politisches Statement und als Verhandlungsstrategie sind im Jahre 2018 vielleicht aus der Mode gekommen, aber damals war das sichtlich wirksam. Heute die Nachfolger gemeinsam am Bauernhof weintrinkend ist irgendwie schwer vorstellbar, aber vielleicht hinter den Kulissen, wer weiß?"
Fotos für Manipulationszwecke
Das Wiener Mumok zeigt Zeitdokumente der letzten 100 Jahre, die viele Erinnerungen wecken: Nina Hagen im August 1979 bei ihrem skandalträchtigen Auftritt in der Fernseh-Diskussionssendung Club 2, der legendäre Bundeskanzler Bruno Kreisky als Scherenschnitt im Jahr 1977, ein Foto mit Christoph Schlingensief der mit einer Aktion den Wolfgangsee zum Überlaufen bringen wollte, an dem Bundeskanzler Helmut Kohl gerade urlaubte. Die Ausstellungsmacherinnen wollen mit der Schau vermitteln, dass hinter jedem Foto – egal ob in der Gegenwart oder in der Vergangenheit - Absicht steckt: "Für Manipulationszwecke, dazu sind sie da. Man muss sich das klarmachen, und es ist heutzutage natürlich noch viel kritischer, wenn die Menschen immer mehr sich zurückziehen in Gemeinschaften, die über soziale Medien funktionieren und das sozusagen die Dinge ganz bewusst für bestimmte Zwecke eingesetzt werden, das ist das Ziel dieser Ausstellung, das zu zeigen. "