Dieser Wirtschaftshype, diese Blase, deren Kollaps jetzt schon prognostizierbar ist, hat katastrophale Auswirkungen auch auf Europa, insbesondere auf das hier noch rumpfhaft vorhandene klare Denken. Denn es ist ja so, dass nicht nur China sich öffnet für Ausländer, die den chinesischen Menschen ausbeuten dürfen, sondern dass auch wir uns der chinesischen Kultur öffnen, sie gutmenschenhaft an unsere Brust drücken müssen, weil dort die Lohnnebenkosten so vorbildlich gegen Null tendieren.
Es muss also eine Kulturoffensive her. Im Karlsruher ZKM ist gerade eine Ausstellung eröffnet worden, die sich an der so genannten Hochgeschwindigkeits-Urbanisierung Pekings berauscht. Deutsche und chinesische Stipendiaten durften vier Monate in der Stadt arbeiten. Zwar ist in manchen Arbeiten ein leises kulturkritisches Bedauern über das Verschwinden des Alten, des Unangepassten, der Tradition zu spüren, aber es gibt eben auch dieses faszinierte Erstarren vor der großen Krake Peking, die sich in einem permanenten, nicht mehr steuerbaren Umwälzungsprozess befindet.
In Frankfurt hat man gerade dokumentarische Fotos über den chinesischen Alltag gezeigt, die den seltsamen Titel "Humanism in China" tragen - die Ausstellung wandert jetzt in die Stuttgarter Staatsgalerie. In Mannheim schließlich, im Reiss-Engelhorn-Museum, zeigt man die Preisträger eines von der BASF ausgeschriebenen Fotowettbewerbs; die in China rastlos tätige Badische Anilin- und Soda-Fabrik möchte sich auch um die Kultur verdient machen.
Das Motto des Wettbewerbs lautete "Fascinating Future in Harmony". 26.000 Einsendungen bekam man, von Profis, Amateuren, Reichen, Armen, Alten, Kindern. Nicht alle waren von der harmonischen Zukunft wirklich überzeugt. Eines der Siegerfotos zeigt eine grell ausgeleuchtete Zelle, einen Käfig, in dem ein Mann, umgeben von sehr vielen Vögeln, auf etwas wartet, wahrscheinlich aufs Ausfliegen. Das Bild heißt "Without Freedom, there can be no harmony" - ein kritischer Titel, der allerdings unterschwellig auch im Sinne der BASF sein dürfte.
Chinesische Kunsthistoriker trafen eine Vorauswahl, die Endauswahl der 120 nun gezeigten Bilder blieb einer mehrheitlich europäischen Jury vorbehalten. Das Reiss-Engelhorn-Museum hat die angelieferten Bilddaten neu abgezogen, was möglicherweise eine Verfremdung darstellt. Wenn man die Ausstellung abschreitet, fällt sofort das enorme fotohistorische und fototechnische Wissen der Künstler auf: Die kennen die Bildtraditionen, und sie arbeiten damit. Von der Serie bis zu neuesten Verfremdungstechniken, von Design und Werbefotografie bis zum Minimalistisch-Konzeptuellen und zu einer aus der Malerei entlehnten Ikonographie: Hier sind Könner am Werk.
Die sozialdokumentarischen Bilder, die zum Abriss freigegebene Arme-Leute-Viertel oder Kleinhändler-Märkte beleuchten, sind deutlich in der Minderheit gegenüber einer symbolistischen und vor allem einer am Surrealismus orientierten Fotografie, die überall margritteartig die Welt aufschließt für neue, überraschende Möglichkeiten und Wunschphantasien. Natürlich gibt es ein starkes asiatisches, kalligraphisches Element in den Bildern, auch einen Hang zum Blumen-Kitsch und zum Melodram, der sich allerdings relativiert, wenn man sich mit dem oft mythologischen Hintergrund der Bilder vertraut macht.
Die Ausstellung ist gegliedert in Themen: Tradition und Moderne, Natur, Körper, Abstraktion, Struktur, Angewandte Fotografie. Über den Alltag in China, über die sozialen Verhältnisse erfährt man eher wenig. Die witzigste Arbeit ist ein Werbe-Potpourri vermenschlichter, geschälter Früchte; das atmosphärisch schönste Bild zeigt eine winterliche Birkenschonung, einen Zauberwald. Ob die Kunst wirklich ein Rettungsanker, eine Zauberformel ist in einem von der Umweltkatastrophe bedrohten Land? Die BASF wird es schon wissen.
Es muss also eine Kulturoffensive her. Im Karlsruher ZKM ist gerade eine Ausstellung eröffnet worden, die sich an der so genannten Hochgeschwindigkeits-Urbanisierung Pekings berauscht. Deutsche und chinesische Stipendiaten durften vier Monate in der Stadt arbeiten. Zwar ist in manchen Arbeiten ein leises kulturkritisches Bedauern über das Verschwinden des Alten, des Unangepassten, der Tradition zu spüren, aber es gibt eben auch dieses faszinierte Erstarren vor der großen Krake Peking, die sich in einem permanenten, nicht mehr steuerbaren Umwälzungsprozess befindet.
In Frankfurt hat man gerade dokumentarische Fotos über den chinesischen Alltag gezeigt, die den seltsamen Titel "Humanism in China" tragen - die Ausstellung wandert jetzt in die Stuttgarter Staatsgalerie. In Mannheim schließlich, im Reiss-Engelhorn-Museum, zeigt man die Preisträger eines von der BASF ausgeschriebenen Fotowettbewerbs; die in China rastlos tätige Badische Anilin- und Soda-Fabrik möchte sich auch um die Kultur verdient machen.
Das Motto des Wettbewerbs lautete "Fascinating Future in Harmony". 26.000 Einsendungen bekam man, von Profis, Amateuren, Reichen, Armen, Alten, Kindern. Nicht alle waren von der harmonischen Zukunft wirklich überzeugt. Eines der Siegerfotos zeigt eine grell ausgeleuchtete Zelle, einen Käfig, in dem ein Mann, umgeben von sehr vielen Vögeln, auf etwas wartet, wahrscheinlich aufs Ausfliegen. Das Bild heißt "Without Freedom, there can be no harmony" - ein kritischer Titel, der allerdings unterschwellig auch im Sinne der BASF sein dürfte.
Chinesische Kunsthistoriker trafen eine Vorauswahl, die Endauswahl der 120 nun gezeigten Bilder blieb einer mehrheitlich europäischen Jury vorbehalten. Das Reiss-Engelhorn-Museum hat die angelieferten Bilddaten neu abgezogen, was möglicherweise eine Verfremdung darstellt. Wenn man die Ausstellung abschreitet, fällt sofort das enorme fotohistorische und fototechnische Wissen der Künstler auf: Die kennen die Bildtraditionen, und sie arbeiten damit. Von der Serie bis zu neuesten Verfremdungstechniken, von Design und Werbefotografie bis zum Minimalistisch-Konzeptuellen und zu einer aus der Malerei entlehnten Ikonographie: Hier sind Könner am Werk.
Die sozialdokumentarischen Bilder, die zum Abriss freigegebene Arme-Leute-Viertel oder Kleinhändler-Märkte beleuchten, sind deutlich in der Minderheit gegenüber einer symbolistischen und vor allem einer am Surrealismus orientierten Fotografie, die überall margritteartig die Welt aufschließt für neue, überraschende Möglichkeiten und Wunschphantasien. Natürlich gibt es ein starkes asiatisches, kalligraphisches Element in den Bildern, auch einen Hang zum Blumen-Kitsch und zum Melodram, der sich allerdings relativiert, wenn man sich mit dem oft mythologischen Hintergrund der Bilder vertraut macht.
Die Ausstellung ist gegliedert in Themen: Tradition und Moderne, Natur, Körper, Abstraktion, Struktur, Angewandte Fotografie. Über den Alltag in China, über die sozialen Verhältnisse erfährt man eher wenig. Die witzigste Arbeit ist ein Werbe-Potpourri vermenschlichter, geschälter Früchte; das atmosphärisch schönste Bild zeigt eine winterliche Birkenschonung, einen Zauberwald. Ob die Kunst wirklich ein Rettungsanker, eine Zauberformel ist in einem von der Umweltkatastrophe bedrohten Land? Die BASF wird es schon wissen.