Der Strand von Lagos. Es ist leicht bewölkt, die Sonne steht tief. Drei verlassene Liegestühle stehen direkt am Wasser. Eine Frau mit Haube im weißen Gewand verlässt die Szenerie. Die analoge Schwarz-Weiß-Fotografie von Akinbode Akinbiyi ist extrem graphisch mit klaren Linien aufgebaut: Das Meer, der Horizont. Dennoch lässt sich an diesem Bild aus der Serie "Sea Never Dry" etwas ablesen, was stellvertretend für seine Bilder steht. Eine Spannung.
"Es ist eine Momentaufnahme: Die Frau kam eigentlich zum Beten an den Strand, ein Ort, wo sie sonst unbekümmert ihre Religiosität ausleben konnte. Jetzt wird da ein neuer Stadtteil gebaut: Eko Atlantic City. Und sie bewegt sich aus dem Bild hinaus. Die Liegestühle, sind nur für Leute, die dafür bezahlen."
"Jetzt bin ich Bildsteller"
Spätestens seit der Documenta 14 ist der Fotograf Akinbode Akinbiyi ein Begriff in der deutschen Kulturszene. 1946 in Oxford geboren als Kind Studierender aus der ehemaligen Kolonie Nigeria. Er selbst studiert in den 1960er Jahren in Nigeria und Deutschland. Als erstes Literatur in Heidelberg. Dort kauft er sich auch seine erste Kamera - eine Kleinbild-Spiegelfreflex. "Mit einer guten Kamera kann man wirklich Geschichten erzählen", sagt Akinbiyi. "Früher wollte ich Schriftsteller werden. Jetzt bin ich Bildsteller."
Eine Welt - eine Menschheit
Schon als Kind hatte er das Wandern für sich entdeckt. Diese Leidenschaft, durch verschiedene Metropolen zu streifen, zu beobachten und zu warten wird nach und nach stilprägend für sein fotografisches Werk. Er sieht sich zwar "als Wanderer durch Millionenstädten auf drei Kontinenten", aber nicht als einer zwischen den Welten, denn: "Es gibt nur eine Welt. Das ist uns auch in diesen letzten Tagen ganz klar bewusst geworden durch diese Corona-Viren. Wir sind eine Menschheit."
Seine erste Einzelausstellung im Gropiusbau versammelt Einzelbilder, Tableaus und Serien. In vierzig Jahren zusammengetragen aus Lagos, eben auch Berlin, wo Akinbiyi seit 30 Jahren lebt.
"Berlin ist verhältnismäßig klein im Verhältnis zum Beispiel Lagos oder São Paolo oder Istanbul, wo über 20 Millionen wohnen. Berlin hat etwa 3,5 Millionen und ist eine sehr grüne und ziemlich sichere Stadt. Es gibt im Vergleich zu anderen Großstädten auf der Welt wenig Kriminalität und Armut. Ich fühle mich hier sehr wohl und die Menschen haben sich über die Jahrzehnte immer weiter und weiter geöffnet, sind lockerer geworden."
Wir haben noch länger mit Akinbode Akinbiyi gesprochen -
hören Sie hier die Langfassung des Corsogesprächs
In Berlin sammelte Akinbiyi auch zahlreiche Fundstücke mit der Kamera. Unter anderen ein Gartenzwerg in Berlin-Weißensee mit schwarz angemaltem Gesicht. Black-Facing im Kleingarten? Einerseits sieht Akinbiyi die rassistische Ebene, andererseits kommen dao noch viel mehr Ebenen für ihn hinzu, wenn er ein Bild gemacht hat. Dann fängt er an, die Geschichte dahinter zu ergründen:
"Diese Gartenzwerge sind Relikte aus einer früheren Zeiten, wo Menschen noch an Elementarwesen glaubten. Gab es früher auch Gartenzwerge mit schwarzen Gesichtern? Ich hab da ein bisschen recherchiert, nachdem ich das dieses Bild aufgenommen habe und festgestellt, diese Gartenzwerge wurden jetzt über die Grenze in Polen verkauft. Dort gibt es allerdings diese schwarze Madonna in den katholischen Kirchen.
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Akinbode Akinbiyi erste Einzelausstelluing Six Songs, Swirling Gracefully in the Taut Air läuft noch bis zum 17. Mai im Berliner Gropiusbau.