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Fotografie-Ausstellung
Die DDR in bunten Bildern

Unser Bild von der DDR ist schwarz-weiß. Farbfilme waren im Osten schwer zu bekommen – auch als sie im Westen schon längst zum Alltag gehörten. Aber es gab sie. Das Deutsche Historische Museum in Berlin stellt in der Ausstellung "Farbe für die Republik" die Bilder zweier DDR-Fotografen aus.

Von Oliver Kranz |
    Eine junge Frau mit Kopftuch sitzt lächelnd am Steuer eines Traktors, Kinder in den Hemden der Pionierorganisation klettern auf ein Straßenschild, Arbeiter in einer Fabrik beugen sich mit ernsten Gesichtern über ihre Maschinen. Dass die Bilder inszeniert sind, sieht man auf den ersten Blick. Trotzdem haben sie ihren Reiz.
    "Ich finde, sie sind toll inszeniert, haben tolle Farben, tolle Motive. Sie zeigen eine DDR - ich kannte so was nicht,"
    schwärmt die Kuratorin Carola Jüllig, die aus dem Westen stammt. Wirklich lebendig wirken die Fotos aber nicht. Sie sind bunt und geschickt komponiert, doch die Menschen, die sie zeigen, sehen merkwürdig steif aus.
    "Das war für viele sicherlich auch sehr schwierig. Da kommt ein Fotograf. Und dann sollen die nett aussehen und sich aufstellen im Halbkreis und ganz natürlich wirken. Das finde ich auch das Tolle an den Fotos. Man sieht, es soll jetzt schön aussehen. Ihr sollt jetzt ein Kollektiv darstellen. Stellt euch doch mal da hinten hin, da steht doch "Kollektiv Erich Weinert" oder "Brigade Thälmann".
    Die völlig unkritische Begeisterung der Kuratorin werden sicher nicht alle Besucher teilen. Das Hintergrundwissen, das man braucht, um die Fotos richtig einzuordnen, wird durch kommentierende Texte geliefert, die man lesen oder auf Knopfdruck auch hören kann.
    "Die Menschen zwischen Rügen und Harz waren verrückt nach Fleisch. Ihr gewaltiger Appetit schadete nicht nur der Gesundheit, sondern auch der Planwirtschaft. Versorgungsengpässe drohten. Da erschien auf den Bildschirmen und Straßen der Republik ein kleiner Mann mit riesiger Kochmütze. Er sparte zwölf Jahre lang nicht Anmut noch Mühe, seinen Mitmenschen die Liebe zu Hering, Dorsch und Flunder beizubringen - der Fischkoch."
    "Zweimal in der Woche Fisch, hält gesund, macht schlank und frisch."
    Auftragsarbeiten von Zeitungen und Verlagen
    Der Fischkoch, den Jutta Voigt in ihrem Bildkommentar beschreibt, ist in der Ausstellung nicht zu sehen, dafür aber Fotos aus einem 1965 erschienenen Rezeptheft.
    "Die eröffnen einen Abgrund fast, wo man sagt: Das kann nicht sein. In der DDR gab es doch keinen Hummer, auch keine Ananas. Wieso ist da eine Ananas mitten auf dem Bild? Das ist der Punkt, wo man anfängt, nachzuhaken: Was sind das für Bilder? Wie sind die entstanden?"
    Die Fotos in der Ausstellung sind Auftragsarbeiten der Fotografen Martin Schmidt und Kurt Schwarzer. Die beiden waren Freiberufler und betonten in Interviews nach der Wende immer wieder, dass sie in der DDR völlig frei arbeiten konnten. Sie erhielten Aufträge von Zeitungen, Zeitschriften und Buchverlagen.
    "Ich glaube, das ist die berühmte Schere im Kopf. Man kann es schon bald nicht mehr hören, aber sie wussten ganz genau, was von ihnen erwartet wurde. Und in diesem Rahmen, der im Kopf fixiert ist, kann man sagen: "In diesem Rahmen habe ich mich frei bewegt."
    Weil sie genau wussten, das sagt auch Martin Schmidt heute im Rückblick: Das Negative wollte man nicht sehen. Deswegen hat er es nicht fotografiert. Dieses Bild hätte er nicht verkaufen können.
    Weder Martin Schmidt, noch Kurt Schwarzer sahen sich als Chronisten der wahren Zustände in der DDR. Sie hatten eine Berufsauffassung, die man mit der heutiger Werbefotografen vergleichen kann - das "Produkt DDR" musste auf ihren Bildern in einem positiven Licht erscheinen.
    "Es geht darum, dass die DDR sich auch natürlich permanent am Westen abgearbeitet hat – auch in der Farbfotografie. Es ging nicht um sowjetische Vorbilder. Es ging um den Stern, um den Spiegel, um die Konstanze, aber eben mit dem richtigen Inhalt."
    Die DDR, wie sie gesehen werden wollte
    Der richtige Inhalt waren moderne Wohnblocks, Industrieanlagen und Menschen, die mit sich und der Welt im Reinen waren - Arbeiterinnen beim Kaffeekränzchen im Pausenraum, Lehrlinge auf dem Land, die einen neuen Mähdrescher bestaunen, ein lesendes Kind im Park vor einem Lenindenkmal. Die Ausstellung zeigt die DDR, wie sie gesehen werden wollte - und doch sind die Fotos mehr als plumpe Propaganda. Sie spielen geschickt mit Formen und Farben, lenken die Aufmerksamkeit des Betrachters auf bestimmte Details. Rein ästhetisch betrachtet, kann man sie schön finden. Doch dann müsste man den Kontext ihrer Entstehung und Funktionalisierung ganz und gar ausblenden.