Wir leben in einer Bilderwelt. Täglich werden Millionen Fotos über Plattformen der sozialen Medien im Internet hochgeladen. Augenzeugen sind bei Katastrophen oft schneller am Platz als professionelle News-Fotografen, Amateure werfen für wenig Geld ihre mit Spaß und Muße geknipsten Urlaubserinnerungen auf den Markt. Der Qualität des Fotojournalismus kann das jedoch keinen Abbruch tun, sagt der Fotograf Rolf Nobel, auch, wenn sich die Arbeitsbedingungen durch die Digitalisierung verschärft haben.
"Früher war es so: Wir haben erst einmal eine Geschichte auf eigenes Risiko produziert, die hat den Leuten gefallen, sie haben uns wieder mit Aufträgen eingedeckt. Heute warten die Magazine darauf, dass junge Fotografen mit eigenem Geld Geschichten produzieren. Und dann hat das nicht zur Folge, dass der Fotograf belohnt wird mit dem nächsten Auftrag, weil an der nächsten Ecke wartet schon der nächste junge Fotograf, der auch mit eigenem Geld irgendwo am Ende der Welt eine Geschichte produziert hat."
Das Urheberrecht verteidigen
Ihn zu beauftragen, für noch weniger Geld, schont die Budgets der Printmedien, die mit sinkenden Einnahmen kämpfen. Daneben hält die Verteidigung des Urheberrechts die Fotografen auf Trab. Freelens, die größte Organisation für Fotografinnen und Fotografen in Deutschland, hat die Internet-Suchmaschine Google verklagt, weil sie ihre Mitglieder als kostenlose Bildlieferanten benutzt, widerrechtlich, sagt der Geschäftsführer von Freelens, Lutz Fischmann.
"Früher sah ich kleine Thumbnails, also Bilder in der Größe einer Streichholzschachtel, heute sehe ich in der Mitte immer ein großes Bild und kann dann rechts neben dem Bild einfach weiter klicken und eine Slideshow mir angucken von dem Motiv, was ich gefunden habe. Die Konsequenz ist, dass der Nutzer gar nicht mehr auf die Website des Fotografen geht, er bleibt einfach bei Google. Und dadurch verliert natürlich der Fotograf Leser."
Was in der Folge zu weniger Aufmerksamkeit, Bekanntheit und Aufträgen führt.
Die Vision des Fotografen sehen
Dabei stellen die Fotografen ihre Werke oft viel besser selbst zur Schau. Niklas Grapatin, der jüngst beim Fotofestival Lumix in Hannover auf seine Fotoreportage "White Noise" aus Bangladesh auf sich aufmerksam machte, zeigt seine poetisch anmutenden Nachtbilder aus dem Gewusel der Hauptstadt Dhaka auf seiner Homepage. Das ist unabdingbar, um Käufer zu finden, genauso wie die Tatsache, dass die Haltung des Fotografen wichtiger wird, sagt der 29-Jährige.
"Ich habe vor allem das Gefühl, dass die Bilderwelt so überflutet ist, dass jetzt mittlerweile vielmehr der Fokus darauf liegt, die Vision von dem Fotografen zu sehen. Nicht nur die reine Abbildung von einer Thematik oder Geschichte, sondern dass der Fotograf darüber hinaus geht und vielleicht dem Betrachter noch etwas anderes mitgeben möchte, was über das Erzählerische hinaus geht und vielleicht ein Gefühl ist oder eine bestimmte Stimmung."
Erzählweisen verändern
Neben hoher Qualität der Aufnahmen sichert das Alleinstellungsmerkmal einer möglichst spannenden und noch nicht erzählten Geschichte den Erfolg. "Hashtags Unplugged" von Florian Müller gehört dazu, eine Fotoreportage, in der der Absolvent der Hochschule Hannover die Menschen hinter den Hashtags fotografiert hat. Seine Bilder stellte er den Images seiner Protagonisten aus dem Netz gegenüber.
"Es gibt nichts, was nicht schon fotografiert wurde. Ich glaube, deshalb müssen wir professionellen Fotografen uns einfach andere Wege suchen, Geschichten zu erzählen, länger an Geschichten zu bleiben, um ehrlichere, tiefer gehende Geschichten zu erzählen. Und ich glaube, die Erzählweisen werden sich in naher Zukunft ein bisschen verändern."