Österreich
FPÖ-Chef Kickl will Gespräche mit ÖVP - Deutsche Politiker: Zusammenarbeit der Geheimdienste gefährdet

In Österreich hat der Vorsitzende der FPÖ, Kickl, die ÖVP wie erwartet zu Gesprächen über eine Regierungsbildung eingeladen. Ziel müsse es sein, das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen und das Land nach Jahren des Niedergangs wiederaufzubauen. Als zentrale Punkte nannte Kickl die Stärkung der Wirtschaft und einen umfassenden Abbau von Schulden.

    FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl bei einer Presseerklärung in Wien
    FPÖ-Chef Herbert Kickl nimmt den Regierungsauftrag in Österreich an. (picture alliance / HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com / HELMUT FOHRINGER)
    Voraussetzung für eine Koalition mit der ÖVP sei, dass diese zu konsequenten Reformen bereit sei, betonte Kickl. Es brauche jetzt "keine Tricks, keine Sabotage, sondern eine Politik für echte Veränderungen". Von der ÖVP als Verhandlungspartner wünsche er sich Stabilität und Konsequenz. Falls dies nicht gewährleistet werde, könne er sich Neuwahlen vorstellen, so Kickl.

    Übereinstimmungen bei Migration und Wirtschaft

    Die FPÖ hatte im September die Parlamentswahl gewonnen. Gestern erhielt sie von Bundespräsident Van der Bellen einen Regierungsauftrag, nachdem Gespräche zwischen ÖVP und SPÖ sowie mit den Neos gescheitert waren. Kickl könnte damit der erste Bundeskanzler werden, der von einer rechtspopulistischen Partei gestellt wird.
    Eine Themenliste für Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP hatte Kickl bereits vor seiner Erklärung erstellt. Dazu gehört etwa eine restriktivere Asylpolitik, die von den Konservativen durchaus mitgetragen werden könnte. Auch in der Wirtschaftspolitik gibt es etliche Übereinstimmungen.

    Unterschiede bei Außenpolitik und Haushalt

    Differenzen gibt es zwischen ÖVP und FPÖ in der Außen-, Europa- und Sicherheitspolitik. Die ÖVP sieht Österreich tief in der EU verankert, die FPÖ war schon vor 30 Jahren gegen den EU-Beitritt des Landes. Die Freiheitlichen geben sich russlandfreundlich und äußern immer wieder Kritik zu den im Ukrainekrieg verhängten EU-Sanktionen. Die ÖVP ist dagegen klar für eine Unterstützung der Ukraine.
    Die größte Hürde aber sehen Fachleute laut ORF im Haushalt. Die FPÖ hat im Wahlkampf vor allem Entlastungen versprochen, Österreich droht aber schon jetzt ein EU-Defizitverfahren. Die EU-Kommission unterstrich bereits ihre Forderung, Österreich müsse noch vor dem 21. Januar Vorschläge zur Senkung des Budgetdefizits machen.

    ÖVP-Politiker verlangt rote Linien von seiner Partei

    Der frühere österreichische EU-Kommissar und ÖVP-Politiker Fischler forderte seine Partei auf, in den bevorstehenden Koalitionsgesprächen rote Linien aufzuzeigen. Dazu gehörten der Respekt für die österreichische Verfassung und die Haltung zur Europäischen Union, sagte Fischler im Deutschlandfunk.
    Den deutschen Parteien riet Fischler mit Blick auf die Bundestagswahl und ein mögliches Erstarken der AfD, im Wahlkampf nicht zu sehr auf Konfrontation zu setzen. Andernfalls werde man nach der Wahl nicht mehr zueinander finden und vor einem Dilemma stehen wie in Österreich.

    Auch AfD will Mitregieren

    Die Entwicklung in Wien stieß bei der AfD auf Zustimmung. Die Parteivorsitzende Weidel forderte CDU und CSU dazu auf, die Abgrenzung von ihrer Partei aufzugeben. Die von CDU-Chef Merz errichtete Brandmauer werde keinen Bestand haben. Andere deutsche Politiker äußerten sich besorgt.
    Der Vorsitzende des Geheimdienste-Kontrollgremiums des Bundestages, der Grünen-Politiker von Notz, forderte im "Handelsblatt" Konsequenzen für die Zusammenarbeit mit Österreich auf dem Gebiet, sollte Kickl die Regierungsführung übernehmen. Die große Nähe der FPÖ zur russischen Regierung stelle "ein durchaus veritables Problem dar", sagte von Notz. Damit stehe "die Integrität der Zusammenarbeit der europäischen Sicherheitsbehörden in Frage". Ähnlich äußerten sich die Fachpolitiker von SPD und CDU.
    Diese Nachricht wurde am 07.01.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.