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Fracking
"Da muss viel Transparenz rein"

Ein Fracking-Genehmigungsgesetz müsse vor allem die Wasservorkommen viel stärker schützen, sagte Ulrich Peterwitz, Chefgeologe des Wasserversorgers Gelsenwasser, im DLF. Bislang gebe es dazu noch keine speziellen Regelungen.

Ulrich Peterwitz im Gespräch mit Ursula Mense |
    Ein Plakat mit der Aufschrift "Stop Fracking" steht am 03.06.2014 in Brünen (Nordrhein-Westfalen) am Niederrhein in einem Feld.
    Ein Plakat mit der Aufschrift "Stop Fracking" steht in Brünen (Nordrhein-Westfalen) am Niederrhein in einem Feld. (picture alliance / dpa / Martin Gerten)
    Ursula Mense: Nun also doch! Die Große Koalition strebt noch vor der Sommerpause eine gesetzliche Regelung für das umstrittene Gas-Fracking an. So heißt es jedenfalls in einem Schreiben von Bundeswirtschaftsminister Gabriel an die Vorsitzende des Haushaltsausschusses Lötzsch. Geregelt werden soll demnach unter anderem, dass eine Erlaubnis der Wasserbehörden erforderlich ist und es in Wasserschutzgebieten verboten wird. Heute beschäftigt sich auch der Düsseldorfer Landtag mit dem Thema und dort ärgert man sich gerade, dass die Niederlande Fracking im Grenzgebiet zu Nordrhein-Westfalen genehmigen wollen, was nicht so ganz passt zu den Meldungen, dass NRW bereits großflächig Lizenzen für die Gasgewinnung mit Fracking erteilt haben soll. - Ulrich Peterwitz ist Chefgeologe beim größten NRW Wasserversorger Gelsenwasser, und er wird nun etwas Licht in die undurchsichtige Lage bringen. Hallo, Herr Peterwitz.
    Ulrich Peterwitz: Hallo, Frau Mense.
    Mense: Zunächst mal: Was erwarten Sie denn? Was erwartet die Wasserwirtschaft, die Wasserversorger von einem solchen Fracking-Genehmigungsgesetz?
    Peterwitz: Ja, wir haben große Hoffnung, dass so ein Gesetz kommt. Das Ganze sollte ja im letzten Jahr schon stattfinden, ist dann leider vor der Wahl gescheitert. Weil wir müssen ja feststellen, dass wir zum Fracking noch gar keine Regelung haben. Die Gesetze, die wir haben, das Bundesberggesetz, das Wasserhaushaltsgesetz, enthalten keine speziellen Regeln dazu, weil das ja, als die Gesetze gemacht wurden, noch gar nicht vorgesehen war.
    Mense: Was muss denn Ihrer Meinung nach unbedingt rein?
    Peterwitz: Was unbedingt rein muss, ist viel Transparenz. Das heißt, die Beteiligung der Betroffenen. Man muss wissen, welche Chemikalien eingesetzt werden. Es werden ja giftige Chemikalien vorgesehen. Die Umweltverträglichkeit ist zu untersuchen und wir brauchen einen viel größeren Schutz unserer Wasservorkommen. Die Wasservorkommen, die zur Trinkwasserversorgung, aber auch für die Herstellung von Nahrungsmitteln oder für Heilzwecke genutzt werden, der Schutz muss auf jeden Fall verbessert werden.
    Mense: Sie sind ja in Nordrhein-Westfalen aktiv, wo der Landtag sich heute mit dem Thema beschäftigt. Ich sagte es schon. Ist es denn nun richtig, dass in NRW in sensiblen Regionen bereits Lizenzen in großem Stil erteilt worden sind für das Fracking?
    Peterwitz: Ja, das ist richtig. Weil das Gesetz es nicht anders vorgesehen hat, hat man die halbe Landesfläche mit solchen Aufsuchungsgenehmigungen überzogen. Das Ganze liegt jetzt schon etwa vier, fünf Jahre zurück. Teilweise laufen diese Genehmigungen auch schon aus. Und ja, da sind Wasserschutzgebiete mit eingeschlossen, da sind auch Siedlungsgebiete eingeschlossen, Naturschutzräume. Da muss man sich wirklich Gedanken machen, ob das noch der richtige Weg ist, so diese Felder auszuweisen.
    Mense: Aber es handelt sich zunächst mal nur darum, danach zu suchen, wenn ich das richtig verstanden habe?
    Peterwitz: Das ist richtig. Aber wir befürchten auch, dass dort schon diese in Rede stehende Methode des Frackings zum Einsatz kommt. Das heißt, da kommen dann die Gifte zum Einsatz, und das geht auf keinen Fall mit Blick auf den Wasserschutz.
    Mense: Wenn man jetzt Ihre Vorstellungen berücksichtigt und dann auch noch das Mitspracherecht gewährt wird - das würde ja bedeuten, dass möglicherweise viele Bürger sagen, wir wollen das gar nicht in unserer Nähe haben -, wie viele Regionen blieben denn dann überhaupt noch übrig, wo man das Verfahren dann gefahrlos einsetzen könnte?
    Peterwitz: Ja, das muss eigentlich noch genauer untersucht werden. Wir haben das mal beispielhaft im Ruhr-Einzugsgebiet gemacht, wo auch zwei solcher Aufsuchungsgenehmigungen erteilt worden sind. Das hat ein Gutachterbüro für uns gemacht und am Ende ist herausgekommen, dass nur noch drei Prozent der Flächen überhaupt geeignet wären für Fracking, weil es hydrogeologische und tektonische Risiken gibt, die dazu führen, dass man die anderen Flächen eigentlich ausschließen müsste. Daran kann man schon ablesen, eigentlich ist das nicht wirtschaftlich. Da muss man sich wirklich mal näher mit beschäftigen, ob das wirklich gewollt ist.
    Mense: Das wird sich überhaupt nicht lohnen?
    Peterwitz: Es wird sich nach unserer Auffassung nicht lohnen, wenn sich das in den anderen Gebieten genauso darstellt. Wir haben den Eindruck, man muss einfach mal näher hinschauen. Das haben wir bei diesen beiden Gebieten mal stellvertretend machen lassen per Gutachten. Deswegen hat ja auch Nordrhein-Westfalen gesagt, die Landesregierung, da gibt es noch viel zu wenig Untersuchungen und Erkenntnisse, und hat quasi ein Moratorium ausgesprochen, was bis heute gilt.
    Mense: Ulrich Peterwitz, Chefgeologe beim Wasserversorger Gelsenwasser, über Fracking. Danke für das Gespräch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.