Der Krieg in der Ukraine hat die deutsche Abhängigkeit von russischem Gas noch einmal verdeutlicht: Etwa 55 Prozent der deutschen Erdgasversorgung kommen aus Russland. Die Bundesregierung will das schnellstmöglich ändern und sucht nach alternativen Lieferanten. Auch die erneuerbaren Energien sollen ausgebaut werden.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe bereits im April, die umstrittene Fracking-Technologie zur Gasgewinnung in Deutschland "ergebnisoffen zu prüfen". Im Hinblick auf einen von der EU diskutierten Energieeinfuhrstopp aus Russland solle Deutschland „die Erschließung eigener Kapazitäten prüfen", so Söder.
Am 30. Juli 2022 griff Söder seinen Vorstoß von April erneut auf und schlug vor, eine Wiederaufnahme des Frackings in Niedersachsen zu prüfen. „Fracking von gestern will keiner. Aber es ist sinnvoll zu prüfen, ob es neue und umweltverträgliche Methoden gibt“, sagte Söder und fügte hinzu: „Vor allem in Niedersachsen gibt es nach Ansicht von Experten große Erdgasfelder.“
Das stieß bei Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) auf Unverständnis. Im Deutschlandfunk-Interview sagte Weil, in der derzeitigen Lage würde Fracking überhaupt nicht helfen. Der Energie-Engpass würde laut Experten etwa zwei Jahre andauern. "Und jeder muss wissen, dass das Thema Fracking in diesem Zeitraum überhaupt nicht zu bewegen ist."
Tatsächlich gibt es in Deutschland nennenswerte Vorkommen an gashaltigem Gestein. Aus Sandstein wird in Deutschland seit den 60er-Jahren Erdgas gewonnen – durch konventionelles Fracking. Allerdings geht der Ertrag seit Jahren zurück, weil die Lagerstätten erschöpft sind.
Auch in Schiefer ist Gas enthalten. Die größten Vorkommen gibt es laut einer Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffe in Niedersachsen, auf Rügen, an den Grenzen von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz und auch in Nordrhein-Westfalen. Diese könnten durch unkonventionelles Fracking gefördert werden, was in Deutschland gesetzlich allerdings verboten ist.
Theoretisch ließen sich laut der Bundeanstalt zwischen 380 und mehr als 2000 Milliarden Kubikmeter heimisches Erdgas fördern. Bei einem Jahresverbrauch von 100 Milliarden Kubikmeter könnte Deutschland sich damit auf viele Jahre selbst versorgen. Offen bleibt aber, ob die immensen Mengen auch tatsächlich erschlossen werden können.
Was passiert beim Fracking?
Das Wort Fracking ist eine Abkürzung für den englischen Begriff hydraulic fracturing (deutsch: hydraulische Frakturierung). Bei dieser Technik werden mit hohem Druck künstliche Risse (Fracs) in tiefen Gesteinsschichten erzeugt, in denen Erdgas oder Erdöl enthalten ist. Das durch diesen Prozess freigesetzte Gas oder Öl wird anschließend durch die Bohrleitungen an die Oberfläche geleitet. Durch diese Methode werden also auch schwer zugängliche Vorkommen förderbar.
Der benötigte Druck wird mit einer Flüssigkeit erzeugt, die über ein Bohrloch in die tiefen Gesteinsschichten eingebracht wird. Bei der Frackingflüssigkeit handelt es sich zum größten Teil um Wasser, das je nach Bedarf mit chemischen Zusätzen und Stützmitteln wie Sand oder Keramikkugeln vermischt wird. Die Fracking-Fluide verbinden sich mit dem Gas und der Lagerstättenflüssigkeit und kommen so zurück an die Oberfläche (Flowback).
Konventionelles Fracking
Das Fracking-Verfahren wird in Deutschland seit den 1960er-Jahren angewendet. Dabei ist zwischen konventionellem und unkonventionellem Fracking zu unterscheiden. Ersteres meint die Erdgasförderung aus Sandstein, bei der sehr tief bis zu den Gasporen gebohrt werden muss. Dies ist grundsätzlich erlaubt, unterliegt aber strengen Auflagen und ist in bestimmten Gebieten (Seen und Talsperren zur Trinkwasserverdorgung) untersagt.
Das Fracking-Verfahren wird in Deutschland seit den 1960er-Jahren angewendet. Dabei ist zwischen konventionellem und unkonventionellem Fracking zu unterscheiden. Ersteres meint die Erdgasförderung aus Sandstein, bei der sehr tief bis zu den Gasporen gebohrt werden muss. Dies ist grundsätzlich erlaubt, unterliegt aber strengen Auflagen und ist in bestimmten Gebieten (Seen und Talsperren zur Trinkwasserverdorgung) untersagt.
Unkonventionelles Fracking
Unkonventionelles Fracking betrifft Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein (unkonventionelle Lagerstätten), in denen das Gas fest gebunden ist und nicht ohne technische Maßnahmen frei wird. Durch umfangreiche Querbohrungen wird das Gestein großflächig aufgebrochen. In Deutschland gibt es damit kaum Erfahrungen; nur vier Testbohrungen zu wissenschaftlichen Zwecken sind bundesweit erlaubt. Unkonventionelles Fracking ist in Deutschland seit 2016 verboten.
Unkonventionelles Fracking betrifft Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein (unkonventionelle Lagerstätten), in denen das Gas fest gebunden ist und nicht ohne technische Maßnahmen frei wird. Durch umfangreiche Querbohrungen wird das Gestein großflächig aufgebrochen. In Deutschland gibt es damit kaum Erfahrungen; nur vier Testbohrungen zu wissenschaftlichen Zwecken sind bundesweit erlaubt. Unkonventionelles Fracking ist in Deutschland seit 2016 verboten.
Warum ist unkonventionelles Fracking umstritten?
Abgesehen davon, dass Fracking sehr teuer ist, befürchten Umweltschützer durch den Einsatz dieser Methode große Risiken für Umwelt und Gesundheit. Es gibt eine ganze Reihe an Bedenken:
- Wasserverschmutzung: Die Fracking-Flüssigkeit ist mit Chemikalien versetzt, die durch Lecks ins Grundwasser gelangen könnten. Laut Bundesumweltamt kommen zwar nur noch Gemische zum Einsatz „die nicht oder maximal schwach wassergefährdend sind“, aber bei der genauen Bewertung möglicher Umweltauswirkungen gebe es noch viele offene Fragen – etwa über die genaue Zusammensetzung der Fracking-Flüssigkeit, deren Verhalten im Untergrund und deren Verbleib.
- Flowback: Ungeklärt ist auch, was mit der Flüssigkeit passiert, die nach dem Fracking-Vorgang an die Oberfläche kommt, dem sogenannten Flowback. Nicht geklärt ist etwa, wie dieses Abwasser gereinigt oder gelagert werden könnte.
- Transformationsprodukte: Beim Fracking könnten auch neue Chemikalien entstehen, wenn die Fracking-Flüssigkeit in die tiefen Gesteinsschichten kommt und sich mit Stoffen verbindet, die dort von Natur aus vorkommen (Lagerstättenflüssigkeit). Forscher haben im Jahr 2016 herausgefunden, dass so bedenkliche Chemikalien entstehen können.
- Hoher Wasserverbrauch: Der Wasserbedarf für das hydraulische Fracking kann mehrere tausend Kubikmeter pro Bohrung betragen.
- Freisetzung von Treibhausgas: Durch unkonventionelles Fracking entweicht das Gas Methan aus den Bohrlöchern, welches auch bei der Massenhaltung von Rindern entsteht. Methan hat pro Molekül einen deutlich höheren Treibhauseffekt als CO2 und trägt somit erheblich zur Erderwärmung bei.
- Erdbebengefahr: Der Druck, der im Gestein künstliche Risse erzeugt, kann Erdstöße auslösen. Großbritannien stoppte das Fracking im Jahr 2019 aufgrund der erhöhten Erdbebengefahr.
Welche Gesetze zum Fracking gelten in Deutschland?
Am 11. Februar 2017 sind in Deutschland gesetzliche Regelungen zum Fracking in Kraft getreten. Unkonventionelles Fracking in Schiefer-, Mergel-, Ton- und Kohleflözgestein ist seitdem verboten. „Lediglich zu wissenschaftlichen Zwecken können die Bundesländer bundesweit maximal vier Erprobungsmaßnahmen zulassen, um bestehende Kenntnislücken zu schließen“, heißt es in dem Gesetz.
Die Bundesregierung berief in Folge auch eine unabhängige Kommission, die 2021 ihren Abschlussbericht vorlegte - mit dem Ergebnis, dass unkonventionelles Fracking heute mit einem vertretbaren Restrisiko möglich sein könnte. Es habe in der Zwischenzeit große technische Verbesserungen gegeben. Durch menschliches und technisches Versagen bleibe natürlich auch beim unkonventionellen Fracking ein Restrisiko.
Konventionelles Fracking ist seitdem weiterhin erlaubt, allerdings müssen die Vorhaben streng auf ihre Umweltverträglichkeit geprüft und unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt werden. Für die Vorhaben gilt außerdem: „Sie dürfen künftig nicht in Wasserschutz-, Heilquellenschutzgebieten sowie Einzugsgebieten von Seen und Talsperren, Brunnen, von Wasserentnahmestellen für die öffentliche Trinkwasserversorgung, Nationalparks und Naturschutzgebiete vorgenommen werden. Verboten wird zudem der Einsatz wassergefährdender Stoffe beim Fracking.“
Erfahrungen mit Fracking in den USA
"Die Amerikaner haben sich durch Fracking vom Nahen Osten völlig unabhängig gemacht", sagte CSU-Chef Markus Söder im Interview mit der Funke-Mediengruppe und begründete damit seinen Vorstoß, den Einsatz dieser Technologie in Deutschland wieder auf den Prüfstand zu stellen.
In den Vereinigten Staaten ist unkonventionelles Fracking erlaubt. Seit ihrem Einsatz löste diese Methode ab den 2000er-Jahren einen regelrechten Boom aus und Amerika stieg wieder zu einem der größten Öl-Förderer der Welt auf. Auch kleineren Städten brachte das Fracking vorübergehenden Wohlstand.
Doch auch in den USA ist diese Technologie nicht unumstritten. So will etwa der US-Bundesstaat Kalifornien Fracking ab 2024 verbieten. Fracking macht derzeit rund 17 Prozent der kalifornischen Öl- und Gasförderung aus.
Aber seit dem Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden hat sich auch die Energie- und Umweltpolitik der gesamten USA geändert. So soll die Energiewirtschaft nach den Plänen des Weißen Hauses bis 2035 CO2-frei werden. Dieses Ziel hat jetzt schon Auswirkungen auf die Fracking-Unternehmen, da Inverstoren lieber jetzt schon in erneuerbare Energien investieren.
Welche Argumente sprechen für Fracking?
Das wichtigste Argument, welches für Fracking spricht, hat Markus Söder mit seiner Forderung, mehr über den Einsatz dieser Technick nachzudenken, bereits vorgebracht: Die Abhängigkeit von ausländischem Gas würde geringer. Auch würde ein großer Teil der Wertschöpfung im Inland betrieben. So könnte Fracking auch Brückentechnologie in der Energiewende sein.
Zwar gibt es laut US-Energieministerium rund 7.300 Billionen Kubikfuß förderbare Schiefergas-Reserven weltweit. Von den weltweiten Reserven lagern aber fast 80 Prozent in gerade einmal zehn Ländern. Die größten Vorkommen gibt es demnach in China und Argentinien, gefolgt von Algerien, den USA, Kanada und Mexiko. EU-Staaten sind nicht unter den Nationen mit hohen Vorkommen.
Quellen: Bundesumweltamt, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, dpa, vsc