Die richtige Adresse und ein paar gezielte Klicks im "World Wide Web" können schon Erstaunliches zutage fördern: Auf der Homepage des LBEG – des niedersächsischen Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie – finden sich zum Beispiel ausführliche Informationen über das GORM-Projekt von Maersk Oil in der Nordsee.
Die Fakten: Rund 220 Kilometer westlich von Esbjerg vor der dänischen Küste will das Unternehmen in einem seit 1981 betriebenen Öl- und Gasfeld neue Vorkommen erschließen und laufende Bohrungen weiter ausbauen. Teil der Antragsunterlagen für das Projekt ist auch Umwelt- und Sozialverträglichkeitsstudie – und in der heißt es unter anderem: "Es wird eine Bohrlochstimulation durchgeführt, um den Kontakt zwischen Bohrloch und Lagerstätte zu verbessern und dadurch bei Förderbohrlöchern die Kohlenwasserstoffgewinnung und bei Injektionsbohrlöchern die Wasserinjektion zu erleichtern. Die Bohrlochstimulation erfolgt durch Herstellung von Spalten und Rissen im Gestein durch Säurestimulation oder Säure-Fracking."
Da war es – das entscheidende Wörtchen, das bei Reinhard Knof von der Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager einen Alarm auslöst. "Man muss damit rechnen, dass dort sowohl Fracking zum Einsatz kommen wird, als auch das Verpressen von CO2 – und wir wissen aus den uns vorliegenden Unterlagen, dass von den Fracking-Chemikalien ein doch wesentlicher Teil anschließend in der Nordsee entsorgt werden soll."
Chemikalien werden im Meer entsorgt
Tatsächlich macht Maersk Oil kein Geheimnis daraus, dass die Nordsee einiges abbekommen wird – im weiteren Verlauf der Umweltverträglichkeitsstudie heißt es: "Ein Großteil der Chemikalien verbleibt in der Formation – die im Bohrloch zurückbleibende Stimulationsflüssigkeit wird ins Meer eingeleitet."
Das sei aber gar nicht schlimm, findet Maersk Oil – die eingeleiteten Chemikalien würden im Meer so extrem verdünnt, dass sie keine Gefahr darstellten. Nicht sonderlich überzeugend, findet Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Robert Habeck. "Wenn man sagt: Naja, im Meer verdünnt sich sowieso alles, dann kommt man zu solchen Trugschlüssen. Und in der Tat sehen die Antragsunterlagen vor, dass drei Prozent der Frack-Fluide und auch des Öls, das dann mit austritt, in die Nordsee entsorgt werden. Das als Entsorgungsweg regulär vorzusehen, ist doch irgendwie pervers."
In ihrer Stellungnahme zu den Plänen von Maersk Oil hat die Landesregierung außerdem massive Umweltbeeinträchtigungen durch aufgewirbelte Sedimente und vor allem Lärm in dem Bereich moniert. "Einer der Punkte ist, dass sich die Doggerbank – das ist ein Gebiet, wo sich sehr viele Meeressäuger aufhalten, nicht nur Schweinswale, sondern auch Minkwale und Grindwale sogar – in unmittelbarer Nähe befindet, und durch die Rammungen, die Risse, die dann verursacht werden sollen, die Tiere verjagt werden können. Und die Emissionen, die über die erhöhten Schiffsbewegungen freigesetzt werden, kommen noch dazu."
Auch deutsche Bürger können sich zu Wort melden
All das bestreitet Maersk Oil auch gar nicht – das Unternehmen formuliert das in einer Art Zusammenfassung wie folgt: "Der laufende Betrieb und die Erschließung im Rahmen des GORM-Projekts umfassen Aktivitäten, die wahrscheinlich erhebliche negative grenzüberschreitende Auswirkungen auf ökologische und soziale Rezeptoren haben werden."
Ganz zu schweigen von der Gefahr durch Unfälle, sogenannte Blow-Outs zum Beispiel, bei denen unkontrolliert Gas und Öl aus Bohrlöchern freigesetzt wird, betont Reinhard Knof. Maersk Oil halte solche Zwischenfälle zwar für "unwahrscheinlich" – darauf wolle er sich aber lieber nicht verlassen. Erfahrungsgemäß gibt es in Dänemark selbst bei solchen Projekten nur wenige Einwendungen – da aber auch deutsche Interessen berührt sind, können auch Bundesbürger sich zu Wort melden. Das müsse aber schnell geschehen, meint Reinhard Knof, denn die Frist für Einwendungen beim dänischen Umweltministerium laufe am 23. Dezember ab.
"Wir haben auf unserer Homepage der Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager auch entsprechende Einwendungen zum Download bereit – sowohl in Deutsch als auch in Dänisch und in Englisch."