Beim Fracking wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien unter hohem Druck in das Gestein gepresst, damit neue Risse entstehen. Über die soll Erdgas unterirdisch zur Förderanlage fließen. Seit diese Technologie in den USA weiterentwickelt worden ist, wird sie nicht nur - wie schon seit langem - in Sandstein eingesetzt, sondern auch zur Erschließung von Schiefergas. Dieses "unkonventionelle Fracking" ist höchst umstritten, und in Deutschland gab es dazu bislang keine gesetzliche Regelung. Das hat der Bundestag nun vor der Sommerpause geändert. Zur Erinnerung: Das "unkonventionelle Fracking" ist verboten - vorerst. Allerdings sind vier Probebohrungen möglich, falls die jeweiligen Landesregierungen zustimmen. Das klassische Fracking im Sandstein dagegen bleibt erlaubt. Mit dem Gesetz an sich ist Klimaexperte Jochen Luhmann vom Wuppertal-Institut ganz zufrieden - bis auf einen Aspekt:
"Fracking war großes Thema in der öffentlichen Debatte unter anderem weil es erhebliche Treibhausgasemissionen bei der Förderung zur Folge haben kann. Das Erstaunliche ist, dass in Deutschland dieses nicht ernstlich reguliert worden ist," erklärt Klimaexperte Jochen Luhmann und fährt fort: "Da Methan einen deutlich höheren Treibhauseffekt hat pro Molekül als CO2, können physisch relativ geringe Mengen klimamäßig viel ausmachen."
Methan kann auch über Risse freigesetzt werden
Zwar ist Deutschland gegenüber der EU und der Weltklimakonvention verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen zu überwachen und über die freigesetzten Mengen zu berichten. Doch mit Blick darauf sei die neue Regelung mangelhaft: Der Staat verschließe unter anderem die Augen vor einem sehr spezifischen Emissionstyp. Methan kann nämlich nicht nur über Förder- und Produktionsanlagen freigesetzt werden, sondern auch über Risse, die sich durch das Fracking in der gesamten Fläche des betroffenen Gebiets auftun.
"Man muss bevor man anfängt zu fördern mit dieser neuen Methode den Status in den Regionen durch Abfliegen oder Abfahren feststellen. Dann muss man immer wieder mit ähnlichen Erkundungsmethoden, das können auch Fernerkundungsmethoden sein, über Stichproben feststellen, ob sich da etwas geändert hat gegenüber dem Ausgangsniveau von Methan in der Luft."
In den USA schaut die Umweltbehörde EPA nun genau hin
Keine Partei habe sich bei der Entscheidung im Bundestag daran gestört, dass die jetzt beschlossene Verpflichtung der Industrie zur Erfassung ihrer Emissionen voller Mängel und Schlupflöcher sei, urteilt Jochen Luhmann. Dabei hatte eine Studie der US-Umweltorganisation Environmental Defense Fund gezeigt, dass die realen Emissionen bei der Gasförderung doppelt so hoch sein können wie von der Industrie an die Umweltbehörde berichtet. Harvard-Professor Steven Wofsy stellt fest:
"Wenn Erdgas gefördert wird - sei es konventionell oder per Fracking - entweicht immer ein Teil in die Atmosphäre, und zwar auf jeder Stufe des Förderprozesses. Das ist bis zu einem gewissen Grad unvermeidbar. Wir haben allerdings festgestellt, dass das Ausmaß der Emissionen stark davon abhängt, wie sorgfältig die Firmen mit ihren Anlagen umgehen. Und das hängt wiederum größtenteils von der Gesetzgebung ab: Wenn die Leute gezwungen werden, vorsichtig zu sein, entweicht sehr viel weniger."
In den USA schaut die Umweltbehörde EPA nun genau hin. Und das fordert Jochen Luhmann auch für Deutschland. Die neue Verordnung verlange außerdem weder die Verringerung, noch die Vermeidung von Emissionen. Ein weiterer Mangel: Die Industrie muss nur so lange messen, wie sie Gas gewinnt. Dabei wird es auf jeden Fall auch noch nachher Emissionen geben. Und so fordert Jochen Luhmann eine politische Diskussion über die Mängel in der Verordnung, die das Gesetz begleitet. Diese Verordnung müsse dringend nachgebessert werden.