Es war einmal. So fangen Märchen an. Es war einmal ein junger amerikanischer Schriftsteller, Francis Scott Fitzgerald, der in den später als "Roaring Twenties" legendär gewordenen 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts davon träumte, als seine eigene Märchengestalt aus seinen Büchern hervorzutreten. Über St. Paul in Minnesota, wo er 1896 geboren wurde, erreichte er über die Universität von Princeton, wo er erfolglos studiert hatte, New York, wo der Verlag Scribner's and Sons im März 1920 das Debüt des 23-Jährigen veröffentlichte, den unverstellt autobiografischen Roman "Diesseits vom Paradies":
"Unheimliches Gelächter hallt ... wider und lässt nur einen fruchtlosen Seufzer nach jugendlichen Sehnsüchten zurück: Die Trauer ist dem gefolgt, was sie liebte, und hat eine große Leere hinterlassen."
Trotz dieses Hinweises auf eine große innere Leere war es äußerlich eine wirtschaftlich wie künstlerisch boomende Epoche, die zum "jazz age" ausgerufen worden war, zum Zeitalter des Jazz, der mit seinem Schwung und der Neigung zur Improvisation in der Collage-Technik des Fitzgerald'schen Romans nun auch seinen literarischen Ausdruck gefunden hatte.
Eine Woche nach Erscheinen des im Nu zum Bestseller gewordenen Romans "Diesseits vom Paradies" heiratete Fitzgerald ein schon lange umworbenes schönes Mädchen aus den Südstaaten, Zelda Sayre, und die beiden wurden das Vorzeige-Glamour-Paar von New York. Ein Glitzerleben als nicht endende Party mit Rolls-Royce, Champagner-Bädern, und die Dollarscheine wurden nicht selten auch zum Anzünden der Zigarren benutzt.
"Ich erinnere mich, dass ich eines Nachmittags im Taxi fuhr, zwischen sehr hohen Gebäuden, unter einem malven- und rosafarbenen Himmel, und ich begann zu schreien, weil ich alles hatte, was ich wollte, und wusste, dass ich nie mehr so glücklich sein würde."
Schon zu Lebzeiten den eigenen Tod als Schriftsteller erlebt
Der Reichtum diente in den Büchern vor allem dazu, eine romantische Liebe lebendig zu erhalten und eine Frau aus der Vergangenheit, die einen früher verschmäht hatte, doch noch von sich überzeugen und in einen eigens für sie errichteten Prachtpalast locken zu können – solche Geschichten wie in Fitzgeralds berühmtestem Roman "Der große Gatsby" besaßen inhaltlich zwar meist nur Illustrierten-Niveau, aber es war der Ton, der seine Wortmusik ausmachte. Der leichte impressionistische Stil, mit dem Fitzgerald Bilder hintupfen und Ereignisse und Dinge wie in einem Schwebezustand darstellen konnte, beruhte jedoch auf einer enormen Schreibanstrengung, wie der amerikanische Literaturwissenschaftler James West herausgearbeitet hat:
"Wer Fitzgerald liest, bekommt den Eindruck, er habe geschrieben wie ein Vogel singt – ohne Anstrengung. Aber das stimmt nicht. Seine ersten Entwürfe sind alle mittelmäßig. Nur durch mühevolle Korrekturen und häufig wiederholtes Vorlesen hat er seine viel bewunderten Effekte erreicht."
So musste Fitzgerald seine Personen mit ihrem Wunsch, die Vergangenheit zu wiederholen, inmitten einer flirrenden, flüchtigen Gegenwart zeigen, vor dem Hintergrund eines leeren Rauschens der Zeit. Denn die boomenden 1920er Jahre waren in Amerika auch die Zeit der Prohibition und eines Al Capone, und wie dieser hatte auch Gatsby sein Vermögen mit dunklen Alkohol-Schmuggelgeschäften gemacht. Dieses Doppelgesichtige, das die Fakten hinter all dem ausgestellten Protz anzunehmen begannen, der Tanz über dem Abgrund verlieh den Büchern ihren schillernden Glanz. Aber dann kam der Kollaps, und mit dem Börsenkrach von 1929 war die Party zu Ende und aus Zelda und Francis Scott Fitzgerald waren - nicht zuletzt wegen exzessiven Alkoholkonsums - physische und psychische Wracks geworden. Weil er Anfang der 1930er Jahre als Kult-Autor der 1920er Jahre großenteils schon wieder vergessen worden war, stand Fitzgerald auch finanziell vor dem Nichts und musste sich als nicht sonderlich beachteter Drehbuchautor in Hollywood verdingen. Es war bitter, vor seinem wirklichen Tod am 21. Dezember 1940, nach einem dritten Herzinfarkt, im Alter von erst 44 Jahren, schon zu Lebzeiten seinen Tod als Schriftsteller selbst erleben zu müssen:
"... so vollständig und auf so ungerechte Weise zu sterben, nachdem ich so viel gegeben habe. Selbst heutzutage wird in Amerika wenig veröffentlicht, was nicht ein wenig meinen Stempel trüge – im kleinen Maßstab war ich ein Original."
Der bis heute auf vier Romanen und 160 Erzählungen gründende, stabile Nachruhm beweist, dass er mit dieser Selbsteinschätzung nicht ganz falsch lag.