Heimspiel für Frank Goosen: "Wir sind hier in Bochum, da heißt es: 'Tu erst mal was, bevor ich jubel.'" Und deshalb erzählt er zum Aufwärmen auch erst mal, dass er heute im Baumarkt zehn Kilo Gips für den Sohn gekauft habe.
"Und die Finger hast du sofort voll mit diesem Staub da, ne, um. Das war so ein bisschen so richtig das Gefühl, ich würde arbeiten. Und dieses Gefühl, ne - das hat mir schon gereicht! Mehr muss ich da gar nicht drankommen, ne."
Es war - sozusagen - seine Version von "I’ve been working like a dog". Denn das neue Programm "Acht Tage die Woche" handelt von seinen Fab-Four-Erlebnissen und basiert auf dem gleichnamigen Buch "Frank Goosen über The Beatles". Ganz frisch erschienen und im Schauspielhaus Bochum erstmals seinen Fans präsentiert.
"Ich habe über meine Leidenschaft für die Beatles geschrieben und wie ich dazu gekommen bin und was ich damit so erlebt habe und wie ich auch bisschen versucht habe, das an die Familie, an die Kinder weiterzugeben. Und deshalb ist es ein Fanbuch geworden und jetzt keine Biografie der Beatles oder so."
Beatles als Initiationsritus
Angefangen hat alles mit seinem Vater, erzählt er. Der wurde für nämlich seine Elektroarbeiten in dem Bochumer Plattenladen Zerfaß mit Naturalien bezahlt: "Dann überreichte er mir das 'Rote' und das 'Blaue Album' sowie 'Abbey Road'." Ein Quasi-Initiationsritus. Der Beginn seiner popmusikalischen Sozialisation im schlagerinfiziertem Familienumfeld. "Beinahe übrigens hätte mein Vater auch noch das 'Weiße Album' mitgebracht, aber laut Herrn Zerfaß war darauf das Gleiche wie auf dem 'Roten' und auf dem 'Blauen' - Ich kommentiere das jetzt nicht."
Goosens Programm ist das autobiografischste seiner Karriere, auch wenn die erlebten Dönekes von ihm zur Pointe hin überspitzt erzählt werden: Da geht’s um Plattenspieler und LP-Ausgaben, pubertäre Diskussionsrunden auf dem Pausenhof, etwa über die Rolle von Farben in den späten Sechzigern, oder er rekapituliert die mystische Kraft, die die Zahl neun für John Lennon hatte. Und nicht zuletzt kommentiert er einzelne Beatles-Songs und frühes Missverstehen wie etwa in: "Please please me oh yeah, like I please you."
Mix aus Stand-up und Lesung
"Ich dachte nur: Fehlt da zwischen dem ersten und dem zweiten Please nicht ein Komma? Andererseits was sollte das heißen? ‘Bitte - komma - bitte mich - nein, bitte bitte mich. Ein Mensch fordert den anderen auf, ihn um etwas zu bitten. Liebe wahrscheinlich. ‘Please please me oh yeah, I got please you’, verstand ich: ‘Bitte bitte mich um Liebe, ich hab' dich auch gebeten!"
Frank Goosens Bühnenauftritte sind schon seit langem ein Mix aus Stand-up und Lesung. Aber die ist sowieso nur der Anlass, um ständig von den Geschichten abzuschweifen und seine improvisierten Schleifen zu drehen. Das macht den komischen Charme seiner Auftritte aus, auch dass man hier den Witzen quasi bei ihrer Entstehung zusehen kann.
"Ich hole mein Telefon hervor und will ein Video drehen, wie wir an Strawberry Field vorbeifahren, während im Hintergrund 'Strawberry Fields Forever' läuft. 'Das sieht gut aus', denke ich, 'das wird super, das wird elegant'. Ich bin ganz euphorisch, jedenfalls bis mein Sohn sagt: ‘Du weißt, dass nur ein Foto gemacht hast? Verdammt, ich hätte auf Video stellen müssen."
Die Stories sind Beatles-Fan-orientiert
Die Stories sind Beatles-Fan-orientiert. Bieten erinnerungskultige Aha-Erlebnisse, manchmal sogar neue Facts. Es ist kein Insiderwissen notwendig, aber die Kenntnis von - in Streamingzeiten verlorengehenden - Pop-Kulturtechniken kann humorfördernd wirken, etwa: "Die Beschäftigung mit den haptischen Aspekten des Tonträgers, das Gewicht der schwarzen Scheibe, die Qualität des Label-Drucks, das Reinigen der Platte, vor allem aber die Begutachtung des Covers während des Hörens."
Und so erzählt Goosen, wie er eine Freundin mit Namen Michelle erfunden hat: "Das Mädchen mit dem Beatles-Namen war nicht meine erste große Liebe, aber immerhin meine erste Ex-Freundin." Oder wie er mit seiner Familie in Liverpool auf Beatles-Spurensuche ging. "Und dann kriegst du langsam den Eindruck, das hier ist der Beatles-Ballermann. Die Matthew Street in Liverpool ist die Fab-Four-Schinkenstraße."
Oder wie das Attentat auf John Lennon auf ihn wirkte: "Ich war mit Nerven fertig, weil John Lennon sowieso von Anfang an mein Lieblings-Beatle war. Ich hatte mein Hang zu Leuten, die eine Radikalität sich rausgenommen haben, zu der ich zu feige bin."
Das Programm ist kein Muss für Beatles-Fans, aber ein humorvoller Abend, der Goosen als Beatles-Nerd mit familiärem Sendungsbewusstsein zeigt und nicht zuletzt das Auseinandergehen seines eigenen Erfolgsduos "Tresenlesen" mit dem Ende der Fab Four in selbstironische Verbindung bringt. Durchaus komisch.