Der Wahlkampf im Herbst um den Posten des Oberbürgermeisters in Meißen habe etwas mit ihm gemacht, sagt Frank Richter. Gekämpft wurde mit harten Bandagen, am Ende wurde es recht schmutzig. Richter sah sich heftigen Anfeindungen von der AfD ausgesetzt. Nach der äußerst knappen Wahlniederlage warf er dem Sieger vor, sich nicht deutlich genug distanziert und von der AfD gewählt haben zu lassen.
"Wir leben in einer gesellschaftlichen Situation, in der deutliche Klarheiten hergestellt werden müssen, vor allem Abgrenzungen gegen Rechts. Aber dann eben auch klare politische Positionierungen und die gelingen nur, wenn hart diskutiert wird."
"Wir leben in einer gesellschaftlichen Situation, in der deutliche Klarheiten hergestellt werden müssen, vor allem Abgrenzungen gegen Rechts. Aber dann eben auch klare politische Positionierungen und die gelingen nur, wenn hart diskutiert wird."
Trotz Niederlage weiter gefragt
Richter, der Überraschungskandidat des Bürgerbündnisses "Bürger für Meißen - Meißen kann mehr", unterstützt von den Grünen und Linken sowie der SPD, war am Ende zwar unterlegen, dennoch habe seine Kandidatur etwas bewegt, resümiert er überzeugt:
"Das Signal ist: Wenn Bürger als Bürger sich als Citoyens und nicht mehr als Untertanen verstehen, wenn sie sagen, das Gemeinwohl einer Stadt ist unsere Angelegenheit und nicht die irgendeiner imaginären Obrigkeit, dann steht die Demokratie auf sicheren Füßen und das haben wir hier erlebt."
Desolater Zustand der Sozialdemokratie
Gegen eine schwarz-blaue Allianzbildung von CDU und AfD auf Landesebene will Richter nun bei der nächsten Landtagswahl in Sachsen zu Felde ziehen. Wieder als Parteiloser, aber nun mit der SPD, deren Landesvorsitzender Martin Dulig unumwunden zugibt, dass die Gesamtlage, bundes- wie landesweit schwierig ist. Aktuelle Umfragen sehen die Sachsen-SPD derzeit bei nur elf Prozent:
"Der Zustand der Sozialdemokratie ist leider ziemlich desolat und die Glaubwürdigkeits- und Vertrauenskrise ist schon länger und tiefergehend."
Auch die Parteimitglieder sind verunsichert, wie diese Stimmen von einer sächsischen SPD-Konferenz Ende Oktober zeigen:
"Wir können nicht alle halbe Jahre einen neuen Vorsitzenden wählen. Wir müssen Leuten, die in Verantwortung stehen, auch mal Zeit geben, ihre Linie durchzuziehen." - "Da ich mir nicht erklären kann, warum alles so schrecklich ist, wie es ist, kann ich auch nicht sagen, ob neue Köpfe helfen. Also für mich ist das ein großes Rätsel."
Auch die Parteimitglieder sind verunsichert, wie diese Stimmen von einer sächsischen SPD-Konferenz Ende Oktober zeigen:
"Wir können nicht alle halbe Jahre einen neuen Vorsitzenden wählen. Wir müssen Leuten, die in Verantwortung stehen, auch mal Zeit geben, ihre Linie durchzuziehen." - "Da ich mir nicht erklären kann, warum alles so schrecklich ist, wie es ist, kann ich auch nicht sagen, ob neue Köpfe helfen. Also für mich ist das ein großes Rätsel."
Plädoyer, die Sorgen der Bürger zu verstehen
Frank Richter hat nicht lange nachdenken müssen, sagt er, als Duligs Offerte kam, für die SPD als parteiloser Kandidat 2019 anzutreten. Dabei war er bis vor einem Jahr noch CDU-Mitglied. Doch Richter, den die Berliner "taz" als "Mann der Wandlungen" betitelt, hat schon einige überraschende Wendungen hinter sich. Der ehemals katholische Kaplan, der sich im Revolutionsherbst 1989 auf den Straßen Dresdens als Gründer der "Gruppe der 20" einen Namen machte, gab der Liebe wegen das Priesteramt auf und wurde später evangelisch.
Bundesweit bekannt wurde er, als er 2015, in seiner Funktion als Direktor der Landeszentrale für Politische Bildung der Islam- und ausländerfeindlichen PEGIDA einen Raum für eine Pressekonferenz zur Verfügung stellte. Das brachte ihm viel Kritik und den Ruf des PEGIDA-Verstehers ein. Davon unbeeindruckt plädierte Richter dafür, die Sorgen der Bürger zu verstehen:
"Ich war in der DDR auch ein Wut-Bürger und habe mich gegen diesen Staat empört, habe diese Wut dann aber konstruktiv kanalisiert. Natürlich nicht allein, sondern mit vielen anderen. Denn wenn aus Wut Hass wird und aus Hass dann möglicherweise sogar Gewalt, dann gibt es keine Gewinner mehr, dann gibt es nur noch Verlierer."
"Ich war in der DDR auch ein Wut-Bürger und habe mich gegen diesen Staat empört, habe diese Wut dann aber konstruktiv kanalisiert. Natürlich nicht allein, sondern mit vielen anderen. Denn wenn aus Wut Hass wird und aus Hass dann möglicherweise sogar Gewalt, dann gibt es keine Gewinner mehr, dann gibt es nur noch Verlierer."
Unzufriedenheit nach der Wiedervereinigung
Richter geht noch einen Schritt weiter. In seiner Streitschrift, die im Frühsommer dieses Jahres erschien, stellte er die These auf, dass die Ursache für die latente Unzufriedenheit im Osten der Republik in der Deutschen Wiedervereinigung zu finden sei, da es weder zu einer Volksabstimmung über die Vereinigung noch über die Verfassung gekommen sei. Der Osten ticke anders, warnt der Theologe und Politiker:
"Ich glaube, wir müssen darüber nachdenken, dass Teile Ostdeutschlandlands kulturell, politisch, sozial auch historisch doch eher so ticken wie Polen und Ungarn oder andere Länder im Osten. Sehr homogene Bevölkerung, sehr Kultur-identitär, ohne diese Liberalisierungs-, Pluralisierungs-, und Amerikanisierungswellen, die über Westeuropa hinweggegangen sind."
Richter hat es in Meißen geschafft, viele Menschen im Wahlkampf zu mobilisieren und die Sachsen-SPD-Führung sieht in ihm ein kräftiges Zugpferd für die Landtagswahl 2019. Über seine Nominierung wird der SPD-Landesparteitag am 2. Februar 2019 abschließend abstimmen. Auf offizielle Unterstützung aus dem Meißener Bürgerbündnis kann Frank Richter vorerst nicht rechnen. Seine neue Kandidatur sei nicht abgesprochen worden, heißt es aus der Vorstandsriege.
Richter hat es in Meißen geschafft, viele Menschen im Wahlkampf zu mobilisieren und die Sachsen-SPD-Führung sieht in ihm ein kräftiges Zugpferd für die Landtagswahl 2019. Über seine Nominierung wird der SPD-Landesparteitag am 2. Februar 2019 abschließend abstimmen. Auf offizielle Unterstützung aus dem Meißener Bürgerbündnis kann Frank Richter vorerst nicht rechnen. Seine neue Kandidatur sei nicht abgesprochen worden, heißt es aus der Vorstandsriege.