Frank Ullrich wird sein Amt bei der Nationalen Anti-Doping-Agentur vorerst ruhen lassen. Das hat der Vorsitzende des Sportausschusses per Pressemitteilung angekündigt. Weil der SPD-Politiker an Corona erkrankt ist, hatte er an der Sitzung des Gremiums nicht teilgenommen.
Zuletzt waren die Vorwürfe gegen den ehemaligen Biathleten wegen seiner ungeklärten Doping-Vergangenheit immer lauter geworden. Frank Ullrich musste reagieren, meint auch seine Fraktionskollegin Sabine Poschmann.
„Ich finde es richtig, dass er eine Pressemitteilung abgegeben hat, so dass alle jetzt erstmal im Klaren sind, zum jetzigen Stand, und ich finde es auch richtig, dass er das Aufsichtsratsmandat bei der NADA jetzt erstmal ruhen lässt", so die sportpolitische Sprecherin der SPD.
Frank Ullrich - Sportausschussvorsitzender mit Dopingvergangenheit
Union fordert Klarheit
Eigentlich wollte die Unionsfraktion im Sportausschuss am Mittwoch (7. April 2022) darüber abstimmen lassen, Frank Ullrich aus dem Aufsichtsrat der NADA abzuberufen. Doch weil er nicht anwesend war, hat sie den Antrag zurückgezogen. Fritz Güntzler, Obmann der CDU im Sportausschuss, zeigt sich zufrieden mit Ullrichs Ankündigung, bleibt aber skeptisch.
„Uns ist noch nicht ganz klar, in welchem Zeitraum und welche Bedingungen erfüllt sein sollen, dass er dann doch das Amt wieder annimmt oder doch letztendlich nicht annimmt", so Güntzler. "Unser Wunsch wäre, er würde Klarheit schaffen und einem anderen Ausschussmitglied die Möglichkeit geben, dieses wichtige Amt in der NADA wahrzunehmen.“ Deshalb wird die Unionsfraktion ihren Antrag im Sportausschuss aufrechterhalten.
DDR-Akten belasten Ullrich
Frank Ullrich beharrt weiterhin darauf, in seiner Zeit als Leistungssportler in der DDR niemals wissentlich mit Doping in Kontakt gekommen zu sein. Die FAZ hatte zuletzt aus DDR-Akten zitiert, die einen gegenteiligen Schluss zulassen. In einem Vermerk schreibt ein Verbandsarzt, dass vor den Winterspielen 1984 nach bewährten Prinzipien die Einnahme von Doping-Mitteln im Biathlon geplant und realisiert worden sei. Ullrich war damals Fahnenträger für die DDR.
Zudem taucht sein Name auf einer Liste von Sportlern auf, die im Winter 1985/86 gedopt worden seien. Er könne sich nicht erklären, wie sein Name auf die Liste gekommen sei, so Ullrich, der im fraglichen Winter nicht mehr im DDR-Kader stand. Die Akten würden aber Fragen aufwerfen, die mit einem Amt bei der NADA nur schwer vereinbar seien.
Grüne erwarten Aufklärung von Ullrich
Jetzt wolle er die Kritik, die er für unzutreffend halte, für sich abwägen und in dieser Zeit das Amt bei der NADA ruhen lassen. Wie lange das dauern wird, schreibt Ullrich nicht. Dem stellvertretenden Vorsitzenden des Sportausschusses, Phillip Krämer vom Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen, reicht das nicht.
„Ich erwarte jetzt erstens, dass Herr Ullrich sich hier ganz klar erklärt und darlegt, ob er davon wusste, von dem Doping in der DDR, und zweitens, ob er eben selber Dopingmittel zu sich genommen hat", fordert Krämer.
"Und wenn wir eben die Situation haben, dass es hier eine Verbindung von Herrn Ullrich zum Doping-Regime in der DDR gegeben hat, dann ist es meines Erachtens so, dass er sich für den Aufsichtsrat der NADA disqualifiziert hat."
Ein Befreiungsschlag ist Ullrich mit seiner Pressemitteilung also offenbar nicht gelungen. Er steht weiter unter Druck – nicht nur in Hinblick auf seinen Platz im NADA-Aufsichtsrat, sondern auch hinsichtlich des Vorsitz im Sportausschuss.