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Frankfurt am Main
Bankenmacht und Stadtentwicklung

Dass die Banken in Frankfurt am Main sozusagen eine Hausmacht sind – das erkennt man sofort. An den meisten Hochhäusern prangen die Logos von Kreditinstituten. Ein geplanter Milliardendeal wirft nun ein weiteres Schlaglicht auf den Einfluss der Banken auf Frankfurts Stadtentwicklung.

Von Ludger Fittkau |
    Die Hochhauskulisse der Bankenmetropole Frankfurt am Main ragt hinter dem Stadtteil Sachsenhausen hervor.
    Banken bestimmen nicht nur die Skyline von Frankfurt, ihnen gehören auch viele andere Immobilien. (picture alliance / dpa / Frank Rumpenhorst)
    Die "Zeil" - Haupteinkaufsstraße in Frankfurt am Main und eine der umsatzstärksten Ladenstraßen Deutschlands. Mit seinem Velotaxi wartet Peter Müller hier auf Kunden. Sein auffallend rotes Gefährt mit Pedalantrieb und zusätzlichem Elektromotor parkt er mitten in der Fußgängerzone vor dem Haupteingang eines Einkaufszentrums. Eine organisch-geschwungene Glas-Fassadenkonstruktion fängt die Blicke der Flaneure ein:
    "Ja, dieses Einkaufszentrum ist schon ziemlich wichtig. Denn die Geschäfte sind ja immer weniger geworden, die so Attraktivität hatten hier auf der Zeil. Und dieses Einkaufszentrum mit dieser Konstruktion und den Restaurants da oben, das sorgt ja doch dafür, dass die Leute sich für diese Straße interessieren."
    Dennoch will die niederländische Rabobank, Besitzerin des Einkaufszentrums, das Areal mit Gewinn verkaufen: für rund eine Milliarde Euro. Zum Komplex gehören außerdem noch ein Hotel, ein Bürohochhaus sowie ein restauriertes barockes Stadt-Palais. Auch wenn Branchenkenner den von der Rabobank erhofften Verkaufspreis für zu hoch halten - er wirft ein Schlaglicht darauf, dass Großbanken in Frankfurt am Main nicht nur im eigentlichen Bankenviertel aktiv sind. Genaue Zahlen, auf wie viel Prozent des Bodens der Stadt die Banken Zugriff haben, sind nicht bekannt.
    Zusammenarbeit zwischen Banken und Kommune klappt meistens
    "Aber zehn Prozent in Bankenhand wären in Frankfurt nicht ungewöhnlich", sagt Martin Hunscher, stellvertretender Leiter des Frankfurter Stadtplanungsamtes. Dieser Grundbesitz der Banken macht ihm keine Angst. Denn meistens klappe die Zusammenarbeit zwischen den Projektentwicklern der Banken und der Kommune bei Stadtentwicklungsprojekten gut:
    "Letztendlich kenne ich nur ein Beispiel, dass die Deutsche Bank Mitte der 90er-Jahre versucht hatte, die städtebaulichen Ideen der Stadt zu torpedieren und eigene Dinge durchzusetzen."
    Damals plante die Deutsche Bank gemeinsam mit einem Hamburger Einkaufscenter-Betreiber auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs in der Nähe der Frankfurter Messe eine eigene "Messestadt" mit einem riesigen Einkaufszentrum als Hauptattraktion. Statt des neuen Konsumtempels wollte der Frankfurter Stadtrat jedoch eine Mischnutzung - auch mit Wohnen. Die Politik setzte dieses Konzept im heutigen "Europaviertel" gegen die Großbank durch.
    Stadtplaner Martin Hunscher beobachtet auch heute sehr genau, wie es mit dem angekündigten Verkauf des möglicherweise milliardenschweren Rabobank -Gebäudekomplexes an der Zeil weitergeht:
    "Es hat ja zwei Seiten: Die Summe, darüber kann man irritiert sein oder mit Erstaunen feststellen, es ist aber so: Ein Hochhaus zu bauen ist per se erst mal teuer. Viel interessanter für uns ist, in welche Hand geht es denn eigentlich? Wer ist dann möglicherweise für spätere bauliche Änderungen oder für bauliche oder planerische Vorhaben der Ansprechpartner? Ist das ein anonymer Fonds oder ein Privatinvestor oder wer ist es? Das ist kriegsentscheidend nicht nur in diesen Dimensionen. Das ist für uns immer die spannende Frage."
    Schutz vor Gentrifizierung
    Die Sonnemannstraße im Frankfurter Stadtteil Ostend. Hier liegt die gigantische Baustelle der Europäischen Zentralbank. Ein Bankenbau, der besonders eindrucksvoll zeigt, wie Geldinstitute in Frankfurt die Stadtentwicklung prägen. Im Herbst soll das neue EZB -Hochhaus in Betrieb genommen werden. Der Bau mit mehreren Tausend Arbeitsplätzen wird das bisher von einfachen Mietwohnungen vor allem in Altbauten und Gewerbe geprägte Ostend-Viertel massiv verändern. Das merken alteingesessene Händler an der Sonnemannstraße schon heute. Rina Prinz, die hier Autolacke verkauft, freut sich über die Veränderungen:
    "Wir merken, dass sich die Gastronomie in der Straße verändert hat, hier nebenan der Gastronom ist neu. Und dort an der Ecke auch. Man merkt das Interesse der Gastronomen, hier in die Sonnemannstraße zu kommen, das ist schon positiv."
    Die Stadt Frankfurt am Main fördert die Veränderungen im Ostend, in dem sie nun verstärkt auch Wohnungsneubauten im Umfeld des künftigen EZB-Komplexes erlaubt. Damit soll auch verhindert werden, dass es im noch günstigen Alt-Baubestand des Ostendviertels zu einer Gentrifizierung kommt. Eine Milieuschutzsatzung wird geprüft, damit durch den Zuzug der EZB-Banker das Viertel nicht komplett zu einem teuren Wohnviertel wird. Aber auch dieses Beispiel zeigt: Bankenmacht und Stadtentwicklung sind in Frankfurt am Main an vielen Stellen eng miteinander verwoben.