Instrumente testen in Halle drei: Im Holz- und Blechbläserbereich auf der Frankfurter Musikmesse ist schon einiges los. Nur bei Thomas Zöllner herrscht Flaute. Zöllner vertreibt von London und Rüsselsheim aus Blasinstrumente für Militärorchester, für die "British Band Instrument Company". Allerdings hat er diesmal gar nicht erst Instrumente mitgebracht – um an der Standmiete von 1.000 Euro pro Quadratmeter zu sparen. Zumal ihm und seinen britischen Partnern der Brexit im Nacken sitzt:
"Wir haben große Angst! Die Kunden sind sehr verunsichert und wir haben sogar schon Stornierungen für den April und Mai erhalten aus Korea. Weil die Unsicherheit, weil eben ja jetzt Zölle zum Beispiel anfallen können, hat die Kunden sehr stark verunsichert und beeinflusst. Wir werden den Standort Deutschland immer mehr berücksichtigen und wir bekommen Ware aus Frankreich, die nach England gehen – die werden wir umleiten nach Deutschland und da einen zweiten Standort aufbauen. Ich komme aus Deutschland und meine Partner werden sich dann irgendwie einen Weg finden mit uns, das zu vereinbaren."
Instrumentenhandel ohne Instrumente
Auch am Stand des deutschen Traditionsunternehmens Mollenhauer, der in Frankfurt diesmal eine neue Bassblockflöte aus leichterem Kirschholz vorstellt, ist der Brexit ein Thema:
"Wir verkaufen ganz gut nach England, weil England im Bereich der Blockflöte ein Land mit großer Tradition, auch Orchestertradition, ist. Von daher ist England ein wichtiges Land für uns. Da man ja nun mit einem ungeregelten Brexit rechnen muss, sind wir mit unserem Haupthändler so verblieben, dass er sich nochmal gut eindeckt wenige Tage, bevor es eventuell eben dazu kommt. Und in der Zukunft werden wir dann mehr Aufwand haben voraussichtlich, wenn es so kommt, wie wir es alle nicht wollen. Das ist ein typisches Handels-Hemmnis."
Etwas ratlos wirkt der junge Brite vom Verlag Boosey & Hawkes am Stand weiter unterhalb. Er organisiert den Onlinehandel des Londoner Traditions-Verlags.
"Es ist schwierig momentan – weil keiner wirklich etwas weiß und die Leute viel Geld in Pläne investieren, die am Ende gar nicht durchgeführt werden können. Und Onliner betrifft das natürlich auch – was die Herkunft unserer Bestände angeht und den Standort unseres Haupt-Großhändlers , der sitzt momentan in Deutschland. Insofern ist der Brexit schon ein Thema. Aber wir haben einen Notfallplan, was die Bestände angeht – und wie wir unsere Aufträge gegebenenfalls erfüllen können."
Enormer bürokratischer Aufwand
Notorische "Keep a stiff upper lip"-Ruhe auch am Stand der Londoner Holzbläsermanufaktur Howarth.
"Wir werden reagieren, wie wir in jeder Situation reagieren müssen, das Beste daraus machen und mit unseren Geschäften fortfahren", sagt die Verkaufsleiterin.
Always look on the bright side of life? Gerade mal eine Handvoll Oboen und Englischhörner hat Howarth, Platz und Standmiete sparend, diesmal ausgestellt. Zusätzlich zum Brexit beschäftigt das Londoner Unternehmen, was im Mai beim Treffen der Internationalen Artenschutzkonferenz, kurz "CITES" genannt, herauskommt. Dort sollen Instrumentenbauer möglicherweise von den strengen Auflagen für bestimmte Holzarten ausgenommen werden – darunter auch Grenadill, aus dem Oboen gebaut werden. Seit zwei Jahren muss der Instrumentenhersteller Howarth genauestens buchführen, was wo wie hingeht - ein enormer Aufwand:
"Weil Großbritannien ein Land ist, das beides erfordert: Eine Einfuhrgenehmigung und eine Ausfuhrgenehmigung für jedes andere Land. Das bedeutet viel mehr Bürokratie, es dauert länger, Instrumente einzuführen! Aber wir haben viele Pläne im Hinterkopf, wir kennen das ja schon von unseren Handelspartnern jenseits von Europa!"
Konkurrenz aus China
Gut im Geschäft ist weiterhin Bernd Müsing. Seit 20 Jahren baut er in seinem Würzburger Unternehmen "Arcus" Streicherbögen aus leichterem Carbon – und hat zur Musikmesse einen Jubiläums-Bogen mitgebracht. Müsing fährt noch nach Frankfurt – anders als viele seiner deutschen Kollegen, die der Musikmesse inzwischen den Rücken kehren. Sie suchen kostengünstigere Vertriebswege auf speziellen Branchentreffen oder machen ihre Geschäfte auf den Musikmessen in China und Kalifornien.
"Der Niedergang oder das Nachlassen der Musikmesse hat natürlich auch viel damit zu tun, dass insgesamt die Produktion von Musikinstrumenten in Deutschland deutlich nachgelassen hat. Es werden ja heute lange nicht mehr so viele Instrumente produziert in Deutschland. Ganz viele Marken sind ja auch mit ihrer Fertigung nach Asien gegangen und am Ende – so sehr ich das bedaure – gehen die Messen dahin, wo die Produzenten sitzen, nicht unbedingt, wo der Markt ist."
Der Markt sitzt inzwischen vor allem auch in China, wo der Handel mit klassischen Musikinstrumenten schon seit Jahren boomt. Entsprechend viele chinesische Händler sind auf der Frankfurter Musikmesse anzutreffen – vor allem im Blech- und Holzbläserbereich. Ihnen wird der drohende Brexit sicher nicht schaden - aber wie kommt der Streicherbogen-Bauer Bernd Müsing damit klar?
"Uns betrifft es ein bisschen weniger, weil wir eigentlich hauptsächlich durch unsere Kapazitäten gebremst werden. Wir können das verkaufen, was wir produzieren können. So gesehen, bei uns haben sich die Verkäufe in den USA wieder erholt, nachdem die Amerikaner – nach dem Trump-Schock, der hat ein paar Monate angehalten, da lief‘s nicht so richtig und dann haben sie gemerkt, och, das Leben geht weiter. Seitdem laufen die Geschäfte in den USA umso besser kurioserweise. Vielleicht trösten die sich mit Musikmachen. Aber ne, es läuft insgesamt sehr gut. Und ich hoffe mal, dass das mit dem Brexit nicht ganz so übel ausgeht. Ich hab ja immer noch Hoffnung, dass der abgesagt wird – wir werden’s erleben!"