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Frankie Cosmos
Liebe zum Unperfekten

Greta Kline alias Frankie Cosmos ist Tochter von Oscar-Preisträger Kevin Kline und Phoebe Cates. Die Musikerin schafft es, sich vom Ruhm ihrer berühmten Eltern zu emanzipieren und spielt zarten, unprätentiösen Indie­rock, der tief blicken lässt – und mit dem digitalen Zeitgeist nichts am Hut hat.

Von Bernd Lechler |
    Frankie Cosmos - Band von Greta Kline mit Instrumenten - Greta Kline rechts im BIld
    "Man legt nicht so viel Gewicht auf Per­fektion. Das mag ich" - Greta Kline (r.) und ihre Band Frankie Cosmos (Studio Loroproductions)
    Sie ist gewachsen. Klingt nicht mehr ganz so fragil, die Songs komplexer, wenngleich immer noch kaum länger als zwei Minuten, oder sogar deutlich kürzer. Aber man muss ja wachsen, wenn man so produktiv ist wie Greta Kline. "Vessel" gilt als ihr drittes "richtiges" Album. Nimmt man all ihre Releases unter diversen Namen auf Bandcamp und anderen Plattformen hinzu, ist es eher ihr fünfzigstes. Selbst zum Zeittotschlagen denkt sie sich Songs aus. Auf Tour gehen, das sei Arbeit. Zur Schule oder ins Büro. Aber am Feierabend: erst mal ein Lied schreiben.
    In "Duet" analysiert sie, wie man in einer Beziehung den Part des anderen immer mitspielt. "Accomodate" behandelt ihr gebrochenes Verhältnis zum eigenen Körper mit seinen Schwächen und Allergien. "Ur Up" beschreibt Unsicherheit im Studio. Teils sind die Texte simpel wie Journal-Einträge, teils poetische Experimente. In "Caramelize" meint das "You" in jeder Strophe jemand anderes. "Hereby" beschreibt einen intimen Moment - mit juristischem Vokabular.
    Die Songtexte sind sehr persönlich
    "Es sind sehr persönliche Songs! Manche Leute wissen immer, wie es ihnen gerade geht. Ich meistens nicht. Manchmal, wenn ich eine Woche lang nichts geschrieben habe und mich dann wieder dransetze, denke ich mir was aus – und fange plötzlich an zu heulen, weil ich merke, was alles noch nicht unverarbeitet in mir drinsteckt. Beim Songschreiben bin ich ganz für mich und kann mir das alles erst richtig anschauen."
    Man spürt diese Dringlichkeit, ohne dass sie je dick auftragen würde. Auch der Albumtitel "Vessel" meint nicht etwa wichtigtuerisch die Künstlerin als "Gefäß" der Inspiration. Eher dass wir oft andere zum Gefäß unserer Vorstellungen machen. Daher übrigens der badende Pudel auf dem Cover.
    "Es ist nur ein Tier. Und wir projizieren hinein, dass Pudel schick seien, hochnäsig oder grazil. Aber es ist nur ein Hund! Wer weiß, was er denkt oder sagen würde!"
    Für einen Hollywood-Sprössling wirkt Greta Kline denkbar unglamourös. Rote Teppiche waren wohl Nebensache, sie ist nur dankbar, dass sie ganz selbstverständlich Künstlerin werden durfte. Ihre Eltern kommen zu ihren Auftritten, die Mutter schickt ihr Rezensionen, die sie eigentlich nicht lesen will, und wagt Produktionsvorschläge: "Bei meinen ersten Demos sagte sie: Ich verstehe die Texte nicht - nimm doch den Gesang trockener auf! Das wurde letztlich zu meinem Markenzeichen. Kein Hall, keine Effekte: War die Idee meiner Mutter, die mich halt verstehen wollte!"
    Schlichtheit von Strichmännchen
    Die Mutter hatte den richtigen Instinkt. Schon über das erste Frankie-Cosmo-Album "Zentropy" schrieb "Pitchfork", eine der wichtigsten musikjournalistischen Webseiten, es habe die Schlichtheit von Strichmännchen, und das war anerkennend gemeint. Die neuen Songs sind teils aufwendiger, aber nicht weniger treffsicher. Auch dank der Mitmusiker: Der Name Frankie Cosmos ist nicht mehr nur Gretas Schutzschild gegen Lampenfieber, sondern steht auch für eine vierköpfige Band, die ihre Songs kreativ zum Klingen bringt.
    "Jeder denkt sich seine Parts selber aus, oder wir schreiben sie uns gegenseitig. Ich finde, dafür hat man eine Band, dass die musikalische Geschichte von allen und ihr Blick auf den Song sich niederschlägt, und das ist immer anders, als wenn ich es ihnen vorgeschrieben hätte."
    Dieses Vertrauen, das auch ein Selbstvertrauen ist, verstärkt den Charme des Ungeschützten, der Frankie Cosmos auszeichnet. Da war es nur kluge künstlerische Konsequenz, das Album ganz prähistorisch auf Tonband aufzunehmen.
    "Es sind fast alles erste oder zweite Takes. Wir haben Bass, Gitarre und Schlagzeug gemeinsam eingespielt, und auf Tape kannst du es nicht allzu oft wiederholen - es nutzt sich ab. Digital macht man es nochmal und nochmal, so haben wir eher gesagt: Der Durchgang fühlte sich doch ganz gut an, den behalten wir! Man legt nicht so viel Gewicht auf Perfektion. Das mag ich."