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Franklin D. Roosevelts Todestag
Der Präsident, der die Nation spaltete

Franklin D. Roosevelt ist bis heute der einzige US-Präsident, der mehr als zweimal ins Weiße Haus gewählt wurde. In seiner Amtszeit wurde die Weltwirtschaftskrise überwunden und der Faschismus unter Führung der USA niedergeworfen. Dennoch spaltete er die Nation wie keiner seiner Vorgänger.

Von Bert Oliver Manig |
    US-Präsident Franklin D. Roosevelt spricht 1937 in Washington, D.C. in ein Mikrofon.
    Vom Playboy zum Politiker und Medienprofi: Franklin D. Roosevelt (imago / UIG)
    Wie kaum ein anderer US-Präsident polarisierte der 32. Amtsinhaber, Franklin D. Roosevelt, die amerikanische Nation. Als der britische Friedensnobelpreisträger Lord Robert Cecil im November 1937 bei einem Dinner in Washington seiner Tischdame von Roosevelts furchtbaren Zahnschmerzen erzählte, nahm die Konversation eine überraschende Wendung: Ungerührt wünschte die betuchte Amerikanerin ihrem Präsidenten einen qualvollen Tod.
    Den Reichen gilt er als Sozialist und Verräter
    Den Hass der Oberschicht, der bis hin zu öffentlichen Mordaufrufen reichte, nutzte Roosevelt vor seiner Wiederwahl 1936 dazu, sich als unerschrockener Kämpfer gegen die Geldaristokratie in Szene zu setzen:
    "Wir mussten es mit den ewigen Feinden des Friedens aufnehmen – den Monopolisten in Wirtschaft und Finanzgewerbe, der Spekulation, gewissenlosen Banken, dem Klassengegensatz, dem Partikularismus, den Kriegsgewinnlern. Sie alle hatten bereits angefangen, die Regierung der Vereinigten Staaten als bloßes Anhängsel ihrer Interessen anzusehen. Niemals zuvor in unserer langen Geschichte waren sich diese Kräfte so einig in ihrer Ablehnung eines Kandidaten. In ihrem Hass auf mich sind sie einmütig vereint. Ich begrüße ihren Hass!"
    In den höheren Kreisen galt Roosevelt nicht nur als verkappter Sozialist, der eine Sozialversicherung und höhere Besitzsteuern eingeführt hatte, sondern geradezu als Verräter. Denn der 1882 in Hyde Park im Staate New York geborene Franklin Delano Roosevelt entstammte selbst einer Familie von Großgrundbesitzern und Geschäftsleuten, die seit Generationen zur gesellschaftlichen Aristokratie Neuenglands gezählt wurde. Sein entfernter Vetter Theodore Roosevelt bekleidete das Amt des US-Präsidenten von 1901 bis 1909. Auch der mit einer unwiderstehlich optimistischen Ausstrahlung gesegnete Franklin strebte früh höchste politische Ämter an. Doch erst eine Serie von Krankheiten, besonders die Infektion mit Kinderlähmung, die ihn seit 1921 an den Rollstuhl fesselte, machten ihn zu einem leidenschaftlichen Politiker. Ein enger Mitarbeiter meinte:
    "Ohne die Behinderung wäre Roosevelt niemals Präsident der Vereinigten Staaten geworden. In den frühen Jahren war er nur ein Playboy, man konnte ihn nicht dazu bringen, seine Reden vorzubereiten; stattdessen spielte er lieber Karten. Während seiner langen Krankheit begann er viel zu lesen und öffentliche Probleme zu studieren."
    Massenarbeitslosigkeit mit Staatshilfen überwunden
    1932 nominierte die Demokratische Partei Roosevelt für das Präsidentenamt, den Amerikanern versprach er mit einem Wort aus der Sprache der Kartenspieler einen "New Deal". Diese griffige Formel suggerierte dem von der Wirtschaftskrise zermürbten Volk, dass die Karten neu gemischt würden – mit gleichen Chancen für alle. Nach seinem Einzug ins Weiße Haus schuf Roosevelt mit staatlichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und gigantischen Infrastrukturmaßnahmen die Voraussetzungen für die Überwindung der Massenarbeitslosigkeit in den 1930er Jahren. Bei Arbeitern und Farmern machte ihn das ungeheuer populär. Virtuos nutzte er das neue Medium des Radios, um die Bürger direkt anzusprechen und ihnen wieder Vertrauen in den Staat zu geben. Viermal wurde er zum Präsidenten gewählt.
    Frühzeitig warnte Roosevelt vor faschistischen Aggressoren wie Japan und Deutschland und bereitete die amerikanische Öffentlichkeit 1937 auf zukünftige Herausforderungen vor:
    "Für eine Welt, in der wir frei atmen und in Freundschaft ohne Angst leben können, müssen die friedliebenden Nationen eine gemeinsame Anstrengung unternehmen, um die Gesetze und Prinzipien zu schützen, auf denen allein der Friede gesichert werden kann."
    Vision einer friedlich geeinten Welt
    Neutralistische Gesetze und die isolationistische Grundstimmung im Volk ließen zunächst nur eine begrenzte Unterstützung der bedrängten europäischen Demokratien zu. Doch der japanische Überfall auf die US-Marine in Pearl Harbor und die Kriegserklärung Deutschlands an die USA im Dezember 1941 beseitigten diese Barrieren mit einem Schlag. Nun brachte Roosevelt das ökonomische und militärische Potential der USA kriegsentscheidend auf der Seite der Alliierten zur Geltung.
    Nach dem Sieg über den Faschismus wurde Roosevelts visionäres Ziel einer friedlichen "One World" mit der Gründung der UNO nur sehr unvollkommen umgesetzt. Am 12. April 1945 starb Franklin D. Roosevelt.
    Zwei Jahre später verabschiedete der republikanisch dominierte Kongress den 22. Verfassungszusatz, der die Amtszeiten des Präsidenten auf zwei begrenzte. Einen weiteren Roosevelt sollte die Welt nicht erleben.
    US-Wahl 2020
    Alle Beiträge zur Präsidentschaftswahl in den USA (dpa/Daniel Bockwoldt)