Der Staatspräsident ließ sich von seinem Terminkalender nicht abbringen. 70 Jahre Befreiung von der Nazi-Herrschaft, für Paris ist der 25. August ein Festtag.
Der Premierminister, Manuel Valls, musste dennoch alle Abendtermine streichen. Er musste verhandeln, sondieren, neue Leute für frei gewordene Posten suchen, klären, ob beispielsweise die gemäßigten Grünen zurück ins Kabinett kommen können, oder nicht. Denn auch in den Reihen der Grünen gibt es solche, die kein gutes Haar an der Politik des Präsidenten lassen.
Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg, der mit seiner wiederholten, zuletzt besonders scharfen Kritik am Kurs der Regierung Kabinettsumbildung provoziert hatte, Arnaud Montebourg, versuchte unterdessen, die Meinungshoheit zu behalten. Er sei nicht entlassen worden, sondern habe sich in die Freiheit begeben, stellte er im Pressesaal des Ministeriums klar, das er nun räumen muss. Er bleibe dabei, der Präsident irre sich, wenn er die Unternehmen entlasten und die Staatsschulden zurückfahren wolle:
"Die Krise in Europa habe sich durch die Austeritätspolitik, die drastischen Sparbeschlüsse gepaart mit Steuererhöhungen, verschärft."
Position gegenüber Deutschland
Wie Montebourg sieht es auch der bisherige Bildungsminister Benoit Hamon. Frankreich müsse den Ton gegenüber Deutschland und gegenüber Angela Merkel verschärfen, müsse die Kaufkraft stärken, Mindestlöhne erhöhen, statt Defizitziele einzuhalten. Auch Hamon wird der neuen Regierung nicht mehr angehören, wie er im Fernsehen verkündete:
"Damit kommt Frankreich wenige Tage vor dem Schulstart, der Rentrée, die als wichtigstes Datum im Kalender der Franzosen gilt, der Bildungsminister abhanden."
Und auch die Kulturministerin, Aureli Filippetti, wird künftig nicht mehr dabei sein. Sie entschied sich für die Treue zu ihren Ideen, wie sie in einem Brief an den Präsidenten und den Premier schrieb. Filippetti warf die Frage auf, wie viel linke Politik die Sozialisten noch machten.
Premierminister Manuel Valls hatte den Präsidenten überzeugen können, dass die scharfe Kritik der linken Regierungsmitglieder auch seine Autorität untergrabe und am Morgen die Entlassung des Kabinetts bekannt gegeben.
Jetzt erst recht
Die Schar der Abweichler innerhalb der Regierungsmehrheit ließ sich davon aber nicht beeindrucken. Zahlreiche interne Kritiker der angebotsorientierten Politik, die François Hollande als Leitlinie ausgegeben hat, gaben Interviews und kündigten an, jetzt erst recht in den Widerstand gehen zu wollen.
Andere in der sozialistischen Partei, wie der Bürgermeister von Lyon, Gérard Collomb, meinten indes, Premier und Präsident hätten die richtige Entscheidung getroffen.
"Vor allem ein Wirtschaftsminister dürfe der wirtschaftspolitischen Regierungslinie nicht widersprechen."