Die große Abfahrtshalle im Pariser Bahnhof Saint Lazare ist relativ leer. Im Gegensatz zu anderen Bahnhöfen in der Hauptstadt scheinen sich viele Pendler, die hier ankommen, oder anfahren auf den ersten Streiktag eingestellt zu haben, sind mit dem Auto, einer Mitfahrgelegenheit oder dem Bus zur Arbeit gefahren. Nur an den kleinen, mobilen Infotischen scharen sich die Reisenden. Mitarbeiter der französischen Bahn SNCF helfen denjenigen, die im Moment nicht wegkommen:
"Es fährt überhaupt kein Zug, wir sitzen hier fest. Wir hätten eigentlich schon um halb neun Unterrichtsbeginn gehabt." - "Ich kann keinen Zug nehmen und es ist auch keiner angezeigt. Ich stehe hier und warte. Wenn keiner kommt, dann rufe ich halt meinen Arbeitgeber an."
Der erste von 36 Streiktagen der französischen Eisenbahnergewerkschaften ist der Auftakt eines Kräftemessens zwischen den Gewerkschaften und der Regierung. Präsident Macron will die hoch verschuldete Staatsbahn zukunftsfähig machen. Auf Kosten der Arbeitnehmer, und der Bahnkunden, erklärt Kévin Quéhen, Generalsekretär der linken Gewerkschaft CGT.
"Es droht die Privatisierung und dann wird es nur noch darum gehen, welche Strecken sich rechnen. Ist eine Zuglinie nicht rentabel, wird sie abgeschafft. Deswegen kämpfen wir."
Macron-Regierung setzt auf Aufklärung
Während die Gewerkschaften von Privatisierung sprechen, fährt die Regierung Macron eine Aufklärungskampagne über die geplante Reform der Staatsbahn. Unter dem Titel "Stop aux fake news" erklärt Premierminister Edourad Philippe auf Twitter unter anderem: es gehe weder darum, die Bahn zu privatisieren, noch darum, Strecken zu schließen. Die Eisenbahnergewerkschaften scheint das wenig zu interessieren. Die Meinung zum Streik bei den wartenden und blockierten Reisenden im Bahnhof Saint Lazare ist geteilt:
"Sie kämpfen um ihre Rechte. Das ist wichtig." - "Dieser Streik ist nicht gerechtfertigt. Die Bahnbeamte haben viele Privilegien und in einer Zeit, in der so viele Menschen ohen Arbeit sind, sollten die sich lieber mal ganz ruhig verhalten."
Die öffentliche Meinung zum Streik scheint die Eisenbahner im Moment allerdings noch wenig zu interessieren. Ihr Ziel ist es, die Regierung in die Knie zu zwingen. Schon einmal, 1995 haben die Eisenbahner so eine Reform abgewendet. Dieses Mal wollen sie wieder schaffen, sagt Rémi Aufrère von der Gewerkschaft CFDT.
"Es ist ein Marathon und kein Sprint."
Aber nicht nur die Gewerkschaften, auch die Regierung hat Ausdauer.
"Die Regierung wird durchhalten. Wir werden weiter zuhören, weiter versuchen, im Gespräch zu bleiben."
Nächstes Treffen für Donnerstag geplant
Das nächste Treffen zwischen Transportministerin Elisabeth Borne und den Gewerkschaften ist für Donnerstag geplant. Morgen ist erst einmal ein weiterer Streiktag geplant.