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Frankreich
Comeback der Katholiken

Das laizistische Frankreich hat einen Präsidentschaftskandidaten, der auch mit seinem Glauben wirbt. Frankreichs konservative Katholiken sind begeistert von François Fillon: Sie fühlten sich gepeinigt, nun werden sie umgarnt. Vor allem im Kampf gegen die Homo-Ehe sehen sie sich gestärkt.

Von Suzanne Krause |
    François Fillon freut sich über seinen Sieg bei der Vorwahl.
    François Fillon hat die Stichwahl um die Präsidentschaftskandidatur der französischen Konservativen gewonnen. (picture alliance / dpa / MAXPPP)
    In Versailles, Hochburg der konservativen Katholiken, befragte ein Team des Fernsehsenders France 2 Passanten zu François Fillon, dem Präsidentschaftskandidaten von Les Républicains.
    "Er versucht, sich nicht gemein zu machen mit gewissen Entwicklungen der heutigen Gesellschaft, die mir längst nicht immer gefallen."
    "Wir Katholiken hoffen nun auf mehr Gehör bei nationalen Debatten."
    "Fillon vertritt religiöse Werte, die von unterschiedlichsten Menschen geteilt werden. Und es ist normal, dass diese Werte wieder publik, in Betracht gezogen werden. Denn das war bislang nicht ausreichend der Fall."
    "Es stimmt, wir Katholiken fühlten uns geraume Zeit ein bisschen gepeinigt. Wir wagen es nicht mehr, uns zu dem zu bekennen, an was wir glauben. Dabei konnten wir nicht verstehen, warum andere Religionen sich öffentlich zeigen, während wir dieses Recht nicht hatten. Jetzt nehmen wir es uns wieder."
    Die Genugtuung über Fillons Sieg bei den Vorwahlen der Republikaner steht den Passanten ins Gesicht geschrieben. Denn dem somit designierten Anwärter auf das Amt des Staatspräsidenten gelang ein Überraschungscoup. François Fillon galt keineswegs als Spitzenkandidat. Zu verdanken hat er seinen Sieg auch den konservativen Katholiken im ganzen Land. Eine Wählergruppe, die er mit Bedacht umworben hatte.
    Zum Beispiel im katholischen Fernsehsender KTO, der ihm, wie auch den anderen Kandidaten während des 'Primaire'-Wahlkampfs, eine Talkshow gewidmet hatte. Neben seinem Progamm ging es auch darum, ob François Fillon der Kandidat der Katholiken sei. Ein solcher Titel sei zu anmaßend, schließlich seien in katholischen Kreisen unterschiedlichste politische Ansichten vertreten, wiegelte der ab.
    "Allerdings können die Katholiken beim Lesen meines Programms, beim Blick auf meinen Werdegang feststellen, dass ich unter all den Kandidaten bei der Vowahl wohl derjenige bin, der ihren Werten am nächsten steht.", sagt François Fillon.
    Fillon sei nicht wirklich einWunschkandidat, heißt es so in der Diözese von Nanterre, im Pariser Westen. Père Bertrand Auville, dort zuständig für politische Kontakte, verriet der katholische Tageszeitung "La Croix":
    "Einigen Katholiken wird Fillon mit seinem liberalen Programm sicherlich gefallen, aber man kann nicht sagen, dass dies völlig übereinstimmt mit der diesbezüglichen Enzyklika!"
    Denn Fillons Versprechen wie die 'radikale Reform' des staatlichen Sozialversicherungssystem oder auch die Entlassung von 500.000 Beamten widerspreche, schreibt die Tageszeitung Le Monde, dem Appel des Papstes zum Ausstieg aus dem Neoliberalismus.
    Im Bereich Gesellschaftspolitk hingegen kann der konservative Kandidat bei vielen Katholiken punkten. Selbst wenn er, der persönlich gegen Abtreibung sei, nichts am verbrieften Recht auf Schwangerschaftsabbruch ändern wolle. Als Staatspräsident werde er, wirbt François Fillon, die sogenannte Loi Taubira umschreiben, das 2013 von der sozialistischen Regierung durchgepaukte Homoehe-Gesetz. Und homosexuellen Paaren das vollständige Adoptionsrecht aberkennen. Ins Feld zieht er zudem gegen zwei weitere heiß diskutierte Themen : künstliche Befruchtung bei lesbischen Paaren sowie Legalisierung von Leihmutterschaft – über Frankreichs Grenzen hinaus.
    Beim Thema Leihmutterschaft will ich mich dafür schlagen, europaweit andere Staaten zusammenzubringen. Dies könnte der Beginn einer internationalen Bewegung gegen Leihmutterschaft sein.
    Der bekennende Katholik folgt einem Leitmotiv:
    "Bei der Änderung des Homoehe-Gesetzes will ich eines klar einschreiben : ein Kind hat immer einen Vater und eine Mutter."
    Ein Slogan, der auch vor geraumer Zeit immer wieder auf den Straßen Frankreichs erschallte. Bei den Kundgebungen der Bewegung 'Manif pour tous', die ab Herbst 2012 Hunderttausende gegen den damals diskutierten Gesetzentwurf für die Homoehe auf die Straße trieb. Vergeblich. Dafür aber bewirkte diese Massenbewegung, dass sich katholische Netzwerke re-aktivierten oder neu gründeten, sagt Jérôme Fourquet vom Pariser Meinungsforschungsinstitut IFOP.
    Die Sprecherin der katholischen Lobbygruppe "Sens commun", Madeleine de Jessey, teilt Fillons Bekenntnis zur traditionellen Familie. Und trat bei einem seiner Meetings für die Parole ein : Fillon sei die beste Wahl für Frankreich.
    Beifall bei praktizierenden Katholiken findet François Fillon gleichfalls mit seinem Einsatz für die verfolgten Christen im Nahen Osten : mehrmals besuchte der Politiker christliche Flüchtlingslager im irakischen Teil von Kurdistan. Im vergangenen Jahr organisierte er ein großes Meeting zu diesem Thema in Paris. Ein traditionsreiches Anliegen für französische Katholiken. Im Lager der Konservativen ebenso wie dem der Rechtsextremen. Letztere nutzen das Thema Christenverfolgung, um Stimmung gegen den Islam zu machen. Auch Fillon scheint davon nicht ganz frei, erklärt Meinungsforscher Jérôme Fourquet.
    "Damit lässt sich auch ein Bezug herstellen zum europäischen Dschihadismus. Nach dem Motto : Schaut hin, überall, wo der Islam dominiert, geht es Christen ziemlich schlecht. Wer so redet, erhellt ein bisschen, was bei uns derzeit passiert. Und verweist auf die Sorgen der französischen Katholiken, die sich fragen, wie es ihnen gelingen möge, unter einem Dach zu leben mit dem Islam, der immer mehr expandiert. François Fillon spricht diesbezüglich von einem weltweiten Totalitarismus, den es zu bekämpfen gelte."
    In Frankreich, verspricht Fillon in seinem Wahlkampfprogramm, wolle er den Islam strikt reglementieren. Den 'traditionalistischen Katholiken' jedoch wie Civitas, politischer Arm der Bruderschaft Sankt Pius, der kürzlich eine eigene Partei gründete, geht Françàis Fillon mit seinen Ansichten längst nicht weit genug.
    Wer nun im kommenden Frühjahr das Rennen um das Amt des Staatspräsidenten macht, steht noch in den Sternen. Für einen Sieg von Fillon reicht die Unterstützung bekennender Katholiken längst nicht aus : sie stellen lediglich noch zehn Prozent der Bevölkerung, sagt Jérôme Fourquet.
    "Dennoch kann man jetzt schon eine große Neuheit bemerken: dass nämlich die Katholiken, die in den vergangenen Jahren ziemlich aus der Öffentlichkeit verschwunden waren, nun aufgewacht sind und erneut von sich reden machen. Das ist in Frankreich seit langer Zeit nicht mehr passiert."