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Frankreich
Die Küche ist jetzt Chefsache

Der Außenminister persönlich vermarktet derzeit die Geheimnisse der französischen Gastronomie. Denn Laurent Fabius ist seit Kurzem auch für Außenhandel und Tourismus zuständig. Mit seiner Werbung für die Koch- und Küchenkunst sollen Investoren zurück geholt werden nach Frankreich.

Von Ursula Welter | 02.02.2015
    Frankreichs Außenminister Laurent Fabius (zweiter von links) und Lyons Bürgermeister Gerard Collomb (rechts) bei der Internationalen Geschmacksbiennale in Lyon.
    Frankreichs Außenminister Laurent Fabius (zweiter von links) und Lyons Bürgermeister Gerard Collomb (rechts) bei der Internationalen Geschmacksbiennale in Lyon. (AFP / Philippe Ksiazek)
    "Unsere Seele ist die Sauce." Marc Haeberlin ist, mit anderen seiner Zunft, zu Gast im französischen Außenministerium. "Die französische Küche muss nahe bei der Sauce bleiben", sagt der Sternekoch. Die Geheimnisse der französischen Gastronomie werden derzeit vom Außenminister vermarktet: "Das ist der beste Teil des Frankreich-Images", sagt Laurent Fabius, seit einigen Monaten auch zuständig für Außenhandel und Tourismus. Der oberste Diplomat des Landes nennt das "Wirtschaftsdiplomatie": Am 19. März etwa werden in Versailles alle in Frankreich akkreditierten Botschafter zu Tisch gebeten, am selben Tag soll in allen Winkeln der Welt französisch gekocht werden.
    Im französischen Außenministerium dreht sich die Welt nicht mehr nur um Syrien- und Ukraine-Konflikte, um französische Geiseln und Antiterrorkampf. Heute werden im Quai d'Orsay die begehrten Michelin-Sterne verliehen, gerade ist der Hausherr Fabius zum "Mann des Jahres" gewählt worden - von einem namhaften französischen Weinmagazin. Mit der Werbung für Koch- und Küchenkunst sollen die Investoren nach Frankreich zurückgeholt werden. In das Land, das gerade erst neue Rekorde in der Arbeitslosenstatistik verkraften musste.
    Unweit des Außenministeriums, am Seineufer, hat eine Delegation aus Lyon Halt gemacht. Bei Tisch wird die Bilanz 2014 vorgelegt:
    "Seit Beginn der Finanzkrise 2008 haben wir in Lyon Arbeitsplätze geschaffen, während in Frankreich insgesamt 200.000 verloren gegangen sind."
    Mit zielgerichtetem Marketing erfolgreich
    Der Bürgermeister von Lyon, der Sozialist Gérard Collomb, ist mit guten Zahlen in die Hauptstadt gekommen. Seit acht Jahren hat Lyon mit einem speziellen Logo, mit zielgerichtetem Marketing in der ganzen Welt für sich geworben. Die Rechnung ist aufgegangen. Die Stadt steht besser da als der Rest des Landes. High-Tech-Unternehmen, die Chemie- und Pharmabranche, Deutsche, Amerikaner, Chinesen zieht es in den Südosten Frankreichs. Frühzeitig hat der Bürgermeister von Lyon auch auf schlankere Verwaltungsstrukturen gesetzt, hat die Territorialreform bereits umgesetzt, mit der sich Städte wie Paris und Marseille noch schwer tun.
    "Die Metropole zieht das ganze Umland mit, wenn es sie nicht gibt - schmilzt alles dahin - da, in der Metropole, wird der Reichtum für eine ganze Region geschaffen, werden Zukunftsbranchen angesiedelt, alles andere ist doch vorbei. Laurent Fabius muss den Tourismus bewerben, weil sonst alles tot ist im Land."
    Aber auch Lyon drückt der Schuh.
    "Der Außenminister, jetzt für Tourismus zuständig, war zur Eröffnung der Gastronomiemesse in Lyon," sagt Collomb mit leicht ironischem Unterton. Er habe seinem Parteifreund gesagt, dass es wenig sinnvoll sei, ausländischen Fluggesellschaften, etwa aus den Emiraten, Landerechte im Lyon zu verweigern, nur um Air France zu protegieren. Auch der Bahnhof der Stadt platze aus allen Nähten.
    Der "Cafeteria-Effekt"
    Ganz ohne Rückenwind aus der Hauptstadt geht es also nicht, aber auf regionaler Ebene, ist sich Collomb sicher, "die schlanken Strukturen der 'Metropole Lyon'", die seit dem ersten Januar den Großraum auch verwaltungstechnisch zusammenbinden, diese Strukturen "sind die halbe Miete".
    "Wenn man bauen will, braucht es in Paris zehnmal so lange wie in der Region um Lyon."
    Die Stadt profitiere vom Cafeteria-Effekt. Jeder kenne jeden, die Entscheidungswege seien kurz, sagt der Bürgermeister kurz, bevor das Dessert aufgetragen wird: warmer Schokoladenkuchen mit Vanilleeis und kurz bevor es zurückgeht in die Heimatstadt des Paul Bocuse, dessen Name natürlich nicht fehlen darf, jetzt, da das Werben weltweit mit französischer Küche begonnen hat.
    "Paul Bocuse ist für mich der Allergrößte", schwärmt Marc Haerblin, einer seiner Schüler.
    Aber Frankreich sei mehr, sagt der Sternekoch bescheiden:
    "Ein guter Koch mit ganz schlechten Produkten kann gar nix machen!"