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Frankreich erhofft Aufschub aus Brüssel

Die Konjunktur lahmt, und die Einsparungen im öffentlichen Haushalt sind mühsam. Die EU-Kommission rechnet damit, dass Frankreich die Drei-Prozent-Grenze bei der Neuverschuldung in diesem und im kommenden Jahr reißen wird. Die Regierung in Paris hofft auf Gnade aus Brüssel.

Von Ursula Welter |
    Wie Brüssel setzt auch Frankreich auf eine Betrachtung der "Gesamtsituation"

    Die Konjunktur lahme überall, unterstrich Finanzminister Pierre Moscovici. Für das laufende Jahr hoffe er, dass das Wirtschaftswachstum in Frankreich oberhalb von 0,1 Prozent liegen werde – Ende März werde man das genauer sagen. In jedem Fall wird auch die französische Regierung ihre eigene Wachstumsannahme, die bislang bei 0,8 Prozent lag, deutlich nach unten korrigieren müssen.

    Die Krise erkläre nicht alles, seine Regierung habe die schwierige Lage von den Konservativen geerbt, sagte Moscovici.

    Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen von insgesamt 37 Milliarden Euro hatte die neue Regierung im vergangenen Jahr in Aussicht gestellt. Bislang liegt der Schwerpunkt jedoch auf den Steuererhöhungen, die Einsparungen im öffentlichen Haushalt sind mühsam. Ein um 0,7 Punkte schwächeres Wachstum bedeutet, dass weitere sieben Milliarden Euro allein in diesem Jahr gefunden werden müssen. In dieser Woche waren erneut alle Ministerien konsultiert worden, um Sparmöglichkeiten auszuloten. Auch an die Kommunen und Regionen ging ein Brief, entsprechend brodelt es an der sozialistischen Basis.

    Frankreichs Finanzminister beteuert auch deshalb, dass die Rezession nicht durch einen zu straffen Sparkurs, durch "Austerität", verstärkt werden solle.

    Um die Gemüter zu beruhigen soll im März eine neue Variante der Reichensteuer präsentiert werden, nachdem der Verfassungsrat den ersten Entwurf einkassiert hatte. Und auch für die Beamten, die von den nötigen Einsparungen im französischen Haushalt besonders betroffen sein werden, gab es gestern ein leichtes Beruhigungsmittel: Die Lohnfortzahlung am ersten Krankheitstag soll es künftig wieder geben.

    Der französische Rechnungshof hatte der Regierung vor wenigen Tagen ins Stammbuch geschrieben, die angekündigten Reformen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit , zur Lockerung der Arbeitsmarktregeln, zur Sanierung der sozialen Sicherungssystemen seien allesamt richtig – sie müssten aber auch konsequent umgesetzt werden. Im April will die französische Regierung ihren Stabilitätsplan vorlegen und Details zu weiteren Einsparungen und Reformschritten präzisieren.

    Paris will offiziell in Brüssel um Aufschub bitten. Aufschub für das Defizitziel von drei Prozent, statt 2013, 2014.