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Frankreich
Mehr Klimaschutz per Gerichtsbeschluss

In flammenden Reden hat Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron die Bedeutung der Klimaschutzpolitik betont. Tatsächlich tue die Regierung aber viel zu wenig, um die schädlichen CO2-Emissionen zu begrenzen, sagen Umweltorganisationen. Jetzt wollen sie die Regierung juristisch zum Handeln zwingen.

Von Suzanne Krause |
    Macron steht lächelnd vor einer großen Videoleinwand mit der Erdkugel, lächelt, spricht und gestikuliert mit der Hand.
    Der französische Präsident Emmanuel Macron rede zwar viel von Klimaschutz - tue aber viel zu wenig, klagen französische Umweltorganisationen. (PHILIPPE WOJAZER ( AFP)
    "L'affaire du siecle", gewissermaßen: "Die Jahrhundertfrage" – unter dieses Codewort haben die französischen Klimaschutzverfechter ihre Aktion gestellt. Seit Montagabend liegt das Dossier dazu Staatspräsident Emmanuel Macron und seiner Regierung vor. Verantwortlich dafür zeichnen: Oxfam Frankreich, die Stiftung Nature et Homme, Natur und Mensch, die 1990 von Nicolas Hulot gegründet wurde – Macrons Umweltminister, der im August überraschend abdankte. Sowie Greenpeace Frankreich und der Verein "Notre affaire à tous", "Unser aller Anliegen". Dessen Präsidentin ist Marie Toussaint:
    "Bei dieser ersten Etappe fordern wir die französische Regierung, genauer gesagt: den Staat, auf, zu der unzureichenden staatlichen Klimaschutzpolitik Stellung zu beziehen. Es ist Aufgabe des Staats, mit Ehrgeiz für mehr Klimaschutz zu sorgen."
    Dazu verpflichteten die Regierung internationale Abkommen, EU-Recht und auch landeseigene Gesetze, sagt Marie Toussaint.
    "Warnleuchten stehen auf orange oder gar rot"
    "All diese Texte geben Minimal-Ziele vor, die der französische Staat jedoch nicht respektiert, das hat die Regierung ja auch öffentlich zugegeben: mehrere im Lauf des letzten Jahres erschienene Regierungsberichte zeigen auf, dass der Staat weder im Bereich Energieeffizienz noch beim Ausbau der Erneuerbaren Energien oder bei der Anpassung an den Klimawandel seine Ziele einhält. Sämtliche Warnleuchten stehen auf orange oder gar rot."
    Ins Auge stechen die Mängel der französischen Klimaschutzpolitik auch den Experten des internationalen Klimaschutz-Indexes. Die deutsche Klimaschutzlobbyorganisation Germanwatch bewertet seit 2005 jährlich die Klimaschutztaten der Staaten mit hohen Treibhausgas-Emissionen. Beim jüngsten Ranking wurde Frankreich um mehrere Ränge abgewertet: auf den 21. Platz. Die schriftliche Bitte des Deutschlandfunks an das Pariser Ministerium für ökologische und solidarische Wende um einen Kommentar dazu blieb unbeantwortet. Dabei hatte sich doch vor eineinhalb Jahren Staatspräsident Emmanuel Macron in einem Appell an die Welt zum Wortführer der Klimaschutzpolitik aufgeschwungen, als US-Präsident Donald Trump ankündigte, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen. Macron sagte:
    "Egal wo jemand lebt, wer er ist: wir teilen alle dieselbe Verantwortung - die, unseren Planeten wieder stark zu machen."
    Hehre Worte - die angesichts mangelnder Taten im eigenen Land auch Cecile Duflot bitter aufstoßen. Duflot, grüne Ex-Ministerin unter dem Sozialisten Hollande, leitet die Nichtregierungsorganisation Oxfam Frankreich, die die Klimaschutzklage gegen den französischen Staat mit betreibt. Die Aktion reihe sich ein in die weltweite Bewegung der Zivilgesellschaft, auf dem Rechtsweg mehr Klimaschutz zu erstreiten, sagt Cecile Duflot.
    "Wir sagen den Staaten: Es reicht! Ihr tragt die Verantwortung, wenn ihr nicht mehr für den Klimaschutz tut. Und bald könntet ihr schuldig gesprochen werden, wenn ihr weiterhin nichts unternehmt."
    Ebenfalls im Fadenkreuz: Der Ölkonzern Total
    Zwei Monate hat die Regierung in Paris nun Frist, auf die Eingabe des Aktionsbündnisses zu reagieren. Bleibt das Dossier mit der 'Jahrhundert-Frage' unbeantwortet, wollen die Klimaschutzverfechter vor Gericht gehen. Gerichtlich vorgehen will der Verein "Notre affaire à tous" auch gegen einen Industrie-Giganten, sagt Vereinschefin Marie Toussaint. Gemeinsam mit drei weiteren Organisationen sowie 15 Gemeinden.
    "Wir haben den Öl-Konzern Total angesprochen – das umweltverschmutzendste Unternehmen Frankreichs. Mehr als zwei Drittel sämtlicher Treibhausgas-Emissionen unseres Landes gehen auf dessen Konto. Wir fordern das Unternehmen nicht dazu auf, für die von ihm verursachten Umweltschäden aufzukommen. Sondern eine Strategie zur Begrenzung des Temperaturanstieg auf unter 1,5 Grad zu entwickeln. Wenn Total nicht bis März 2019 eine solche Strategie entwirft und aus den fossilen Energien aussteigt, werden wir vor Gericht gehen."