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Frankreich nimmt Freiheit zur Abtreibung in Verfassung auf

In Frankreich wird das Recht auf Abtreibung in der Verfassung verankert. Vertreter beider Parlamentskammern votierten in einer Sondersitzung in Versailles mit einer Mehrheit von 780 Stimmen für den Schritt. Es gab lediglich 72 Gegenstimmen. Frankreich ist damit das erste Land weltweit, das solch eine Regelung einführt.

    Mein Körper, meine Entscheidung: Junge Frauen bei einer Demo für das Recht auf Abtreibung in Mulhouse. Sie halten Schilder in die Höhe, auf denen unter anderem "Mon corps, mon choix" steht, also "Mein Körper, meine Entscheidung".
    Vor zwei Jahren demonstrierten junge Frauen bei einer Demo für das Recht auf Abtreibung in Mulhouse. Nun hat die Nationalversammlung entschieden, das Recht auf Abtreibung in die Verfassung aufzunehmen. (picture alliance / dpa / MAXPPP / Darek Szuster)
    Regierungschef Attal sagte, man sende eine Botschaft an alle Frauen. Ihr Körper gehöre ihnen und niemand könne für sie entscheiden.
    Die Zustimmung der Abgeordneten und Senatoren war erwartet worden, da sich beide Kammern bereits mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen hatten. Staatspräsident Macron hatte mit dem Vorschlag im Jahr 2022 auf Einschnitte im Abtreibungsrecht in den USA reagiert. Umfragen zufolge befürworten 86 Prozent der Franzosen eine völlige Liberalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.

    Die Rechtslage in Frankreich

    Schwangere können in Frankreich bis zur 14. Woche abtreiben. Die Einnahme von Abtreibungspräparaten zu Hause ist bis zur siebten Woche gestattet. Im Jahresdurchschnitt werden rund 230.000 Abtreibungen vorgenommen. Etwa jede vierte Schwangerschaft wird dadurch beendet.
    Abtreibungen sind in Frankreich unter bestimmten Bedingungen seit den 70er Jahren legal. Seit 1967 durften Frauen dort die Pille nehmen; 1975 wurden Schwangerschaftsabbrüche bis zur 10. Woche straffrei gestellt. Im Herbst 2020 verlängerte die Nationalversammlung die Frist für Abtreibungen auf 14 Wochen.

    Recht auf Abtreibung, aber keine Möglichkeit?

    Die Befürworter der Fristverlängerung argumentierten, viele Schwangere gingen nach Spanien, Großbritannien oder in die Niederlande, wo Abbrüche bis zur 22. Woche erlaubt seien. Auch führten nur rund drei Prozent der Gynäkologen und Hebammen in Frankreich Abtreibungen durch. Dadurch gebe es lange Wartezeiten, die Abbrüche letztlich nicht mehr legal möglich machten.
    Frauenrechtlerinnen weisen darauf hin, dass die jetzige Aufnahme des Rechts auf Abtreibung in die Verfassung in der Praxis nicht viel ändere. Viele gynäkologische Zentren seien in der Vergangenheit geschlossen worden.
    Diese Nachricht wurde am 04.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.