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Frankreich
Per Fahrrad durch die Auvergne und das Limousin

Mitten im grünen Herzen Frankreichs liegen die Auvergne und das Limousin. Sie bilden das vulkangeprägte Zentralmassiv, bieten charmante Orte und idyllische Landschaften - die hügeligen Landschaften laden zum Radfahren ein.

Von Arnulf Boettcher |
    Radfahrer im Wald von Tronçais in der Auvergne.
    Radfahrer im Wald von Tronçais in der Auvergne. (Arnulf Boettcher)
    - "Das Limousin ist immer noch ein Geheimtipp in Frankreich."
    - "Man kann in der ganzen Auvergne Fahrrad fahren."
    - "Hier bei uns kann man richtig von Savoir vivre reden, Lebensqualität!"
    - "Man kann genießen, wenn man Lust hat."
    - "Für Radfahrer richtig ein Traum!"
    Und diesen Traum wollte ich mir endlich erfüllen. Mehrfach schon war ich durch Auvergne und Limousin gekommen – mit dem Auto auf der Durchreise nach Süden. Jedes mal hatte ich mir vorgenommen: Mach nicht nur einen Zwischenstopp, sondern erfahre diese bezaubernden Landschaften in der Mitte Frankreichs vom Rad aus.
    "Das Meer haben wir nicht, Mont St. Michel haben wir nicht. Wir sind nicht La Rochelle, St. Malo oder so. Aber wir haben ja vieles anderes anzubieten. Wir haben eine tolle Landschaft. Da kann man soviel tun, Aktivurlaub oder Kultururlaub",
    sagt Warner, der mich durch das Limousin begleitet. Ich fahre ein Stück auf der "Veloroute Est". Der gut gekennzeichnete Radweg im Osten – es gibt auch eine westliche Variante – ist ambitionierte 170 Kilometer lang. Er führt auf Nebenstraßen durch verschlafene Dörfer der kastanienreichen Region, nach der auch die Limousin benannt ist. Der Ursprung hat mit Adligen zu tun:
    "Die hatten Kutschen mit Pferden. Die Kutschen wurden aus dem Holz des Limousin hergestellt. Von daher heißen diese Kutschen Limousine. Das Wort ist so geblieben, immer als Luxus für reiche Leute und so."
    Warner stammt aus dem sonnigen Süden Frankreichs, hat aber vor zwölf Jahren die dünn besiedelte und wasserreiche Region mit saftigen Wiesen, Wäldern und Hecken für sich entdeckt – und ist geblieben.
    "Das Limousin ist so schön. Es gibt so viel zu tun. Es ist eine richtige Liebe mit dem Limousin. Wir selbst aus dem Limousin entdecken fast jede Woche etwas Neues. Ein Dorf mit einer romanischen Kirche oder ein Schloss, eine alte Burg oder so."
    Ich entdecke auf meinem Rad vor allem die Langsamkeit, nicht zuletzt wegen der vielen Hügelreihen, aber auch, weil immer wieder schmucke Gasthöfe mit regionaler Küche zur Einkehr laden.
    "Lebensqualität auch auf dem Teller zum Beispiel. Wir können unsere Teller herstellen aus Porzellan aus Limoges. Und was wir drauf haben, kommt auch aus dem Limousin. Limousiner Rindfleisch zum Beispiel."
    Schwärmt Warner zum Abschied. Das Limousin, eine Region für Genießer. Das gilt im gleichen Maße für die benachbarte Auvergne. Auch sie lässt sich abseits von der Hektik des Alltags bestens vom Rad aus erkunden. Mein Ziel ist zunächst der Wald von Tronçais.
    "In dem Wald kann man wunderbar Fahrrad fahren. Es gibt sehr viele Wege, die für den Verkehr gesperrt sind. Es sind also Forstwege, die man benutzen kann. Und die geteerten Straßen sind kleine Gemeindestraßen. Da ist nicht viel Verkehr, weil wir ja relativ schwach besiedelt sind."
    Bemerkt Christine aus Augsburg. Die Bergführerin lebt schon seit 1991 Jahren in der Auvergne und begleitet mich in ihrer neuen Heimat auf Radtour durch diesen speziellen Wald im Norden der Auvergne.
    Radfahrer auf der Veloroute Est im Limousin am Lac de Vassivière.
    Veloroute Est im Limousin am Lac de Vassivière. (Arnulf Boettcher)
    "Er ist der elftgrößte Wald von Frankreich, ein spezieller Eichenhochwald, der für seine gute Holzqualität bekannt ist, vor allem für die Herstellung von Weinfässern, vor allem für Bordeauxwein und Cognac."
    Einst lieferte der Wald Holz für einen großen Teil der französischen Flotte. Einige Eichen sind über 400 Jahre alt. Wir passieren die mächtige Chêne de Pilier. Die Säuleneiche ragt stolze 47 Meter in den hier grünen Himmel von Tronçais. Christine macht mich darauf aufmerksam, dass wir auch an einem fast mythischen Ort des Radsports sind. Das Traditionsrennen Paris-Nizza komme hier öfters mal vorbei und die Tour de France:
    "Wir hatten zweimal Einzelzeitrennen. Und da ist natürlich die ganze Bevölkerung mitbeteiligt. Da schmücken sie alles. Da kann man auch nicht mehr arbeiten. Da muss man einfach zugucken."
    Für mich ging es im Wald von Tronçais radtechnisch gesehen entspannt zu. Die schlafenden Riesen der Auvergne, die knapp 1900 Meter hohen Vulkane nahe der Hauptstadt Clermont-Ferrand im Süden, überlasse ich sportlich Engagierten. Viel lieber unternehme ich einen Abstecher zu einem der schönsten Dörfer Frankreichs.
    "In Charroux war das Senfmachen früher eine Tradition, weil es seit der Revolution noch drei Senfmacher gab. Und wir haben diese Tradition seit etwa 30 Jahren wieder belebt."
    Wie Simone, Chefin der Öl- und Senfmühle, erzählt. Das befestigte Charroux war im Mittelalter ein wichtiger Handelsknotenpunkt. Heute leben die Einwohner vom Tourismus, vom Wein oder eben der Senftradition.
    "Überall in Frankreich, wo es Weinberge gab, gab es auch Senfmacher. Der Grund: Man braucht Wein und Essig, um Senf herstellen zu können. Die französischen Bestimmungen dafür sind sehr streng. Der Senf darf ausschließlich mit der Senfsorte Brassica hergestellt werden."
    Der Senf aus Charroux ist bei Gastronomen und großen Küchenchefs beliebt. Ich verlasse diesen malerischen Ort mit einem Glas Moutarde im Rucksack.
    Mein Fazit: Limousin und Auvergne lassen sich am besten vom Fahrradsattel aus entdecken – auf kleinen, ruhigen Wegen durch waldige, bäuerliche und beschauliche Landschaften mit kulturellen und kulinarischen Genüssen. Und um es noch einmal mit Warner zu sagen:
    "Für Radfahrer richtig ein Traum."