"Nicht entmutigen lassen." Diese Devise gab Frankreichs Staatspräsident in der ersten Kabinettssitzung des neuen Jahres aus. Zuvor hatte Francois Hollande zwei Stunden im Hörfunkstudio von "France Inter" gesessen und sich aktuellen Fragen gestellt.
"Habe ich den richtigen Weg eingeschlagen? Das werden wir am Ende sehen", stellte sich der Präsident der Kritik. Seine Popularitätswerte stiegen zuletzt leicht an, sind aber weiterhin historisch niedrig. Die Arbeitslosigkeit ist auf Rekordniveau.
Wirtschaftsminister will viele Bereiche reformieren
Francois Hollande will jetzt alles auf eine, auf die Reformkarte setzen. Im Januar muss er dazu die nächste Hürde nehmen: Das Parlament berät das Gesetz seines jungen Wirtschaftsminister Macron, der damit Strukturen am Arbeitsmarkt aufbrechen will: Mehr Sonntagsarbeit; beschleunigte Arbeitsrechtsgerichtsverfahren bei innerbetrieblichen Streitigkeiten, das Ende der Monopolstellung für Notare, Taxiunternehmen, Apotheker, Förderung von Fernbussen im Transportwesen, die in Frankreich bislang kaum Fuß gefasst hat, auch weil die Staatsbahn SNCF im Wege stand.
"Reformen, selbst wenn damit alte Gewohnheiten, Partikular- und Standesinteressen berührt würden", sagt Premierminister Valls. Staatspräsident Hollande unterstrich heute, er werde in seiner Amtszeit alles tun, um Frankreich voranzubringen, werde jeden austauschen, der blockieren, bremsen wolle, insofern nehme er jedes Risiko auf sich."
Frankreichs Partei-Linke kritisiert den Kurs von Präsident und Premier, hält ihn für zu sozialliberal, für zu unternehmerfreundlich, zu europahörig. "Ist mein Weg ein linker Weg", fragte Francois Hollande heute früh rein rhetorisch. Es sei jedenfalls ein Weg, der Frankreichs Wirtschaft ausreichend stark mache, ohne dass das Sozialmodell des Landes gefährdet werde.
Hollande unterstreicht Reformwillen
Während der Präsident seinen Reformwillen unterstrich, bekräftigte, dass er im Falle höheren Wachstums lieber Schulden abbauen, statt Steuern senken wolle, währenddessen beschäftigte sich die Tagespresse mit der Entwicklung in Europa. Das Erstarken der Linkspopulisten in Griechenland und Spanien nahm die Zeitung "Libération" zum Anlass für die Frage, ob dort die äußerste Linke ihren Frühling feiere und dies Modell für andere Länder, also auch für Frankreich sein könne.
"Es gibt immer verschiedene Wege", sagte dazu Staatspräsident Hollande, der sich von seinem Kurs aber nicht abbringen lassen will. Für Griechenland stellte er klar: Das Land entscheide selbst und souverän über seine nächste Regierung. Die aber müsse sich in jedem Fall an gemachte Zusagen in Europa halten. Ob Griechenland in der Eurozone bleibe oder nicht, das sei allein Sache der Griechen, dies zu entscheiden, unterstrich der französische Staatspräsident. Die sonst übliche, diplomatische Formel, dass der Verbleib Griechenland in der Währungsunion aus französischer Sicht erwünscht sei, diese Forme sprach Hollande im langen Radiointerview diesmal nicht aus.