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Frankreich prüft Verbot rechter Kameradschaften

Am 5. Juni prügelten Skinheads einen Studenten in Paris zu Tode. Nun diskutiert Frankreich über die Konsequenzen. Die Regierung prüft, ob einzelne rechte Gruppen verboten werden können. Die wollen mit der Attacke nichts zu tun haben.

Von Ursula Welter |
    Paris in diesen Juni-Tagen. Die Antifaschisten haben sich zum Gedenken an Clément Méric versammelt. Am 5. Juni war der junge Student der renommierten Hochschule Sciences Po geschlagen und tödlich verletzt worden. Nach einem Streit mit Skinheads. Der mutmaßliche Täter, Esteban M., 20 Jahre, mit andalusischen Wurzeln, aufgewachsen in der Picardie in Nordfrankreich, gilt als Sympathisant der rechtsextremen französischen Gruppe "Dritter Weg". Er wurde inzwischen wegen "vorsätzlicher Gewalt mit Todesfolge" angeklagt.

    Clément Méric wiederum, das Opfer, hatte sich – obwohl erst seit Kurzem in Paris – einen Namen in den antifaschistischen Hochschul-Gruppierungen gemacht.

    "Dieser Mord war ein politischer Mord", heißt es deshalb an diesem Tag, "Clément, Antifa "– die Rufe wiederholen sich, die Stimmung ist aufgeheizt, Fäuste mit Schlagringen werden in die Luft gestreckt. Auch die Skinheads, die vor einer Woche den politischen Streit in tödliche Schläge münden ließen, sollen Schlagringe benutzt haben. Der Hauptverdächtige leugnet das.

    Die tödliche Attacke hat die Debatte über das Verbot rechtsextremer Gruppierungen in Frankreich neu entfacht. Zuletzt waren Skinheads mit Springerstiefeln dafür verantwortlich gemacht worden, dass die breite Protestbewegung gegen das "Recht auf Eheschließung für homosexuelle Paare" zunehmend von Gewalt begleitet war.

    "Der Premierminister hat angekündigt, dass wir uns an die Arbeit machen, um rechtsextreme Gruppen aufzulösen, die mit dem Drama in Verbindung gebracht werden können","

    so die JNR, aber auch der "Troisième Voie." Die nationalistische revolutionäre Jugendbewegung JNR und die Gruppe "Dritter Weg" gelten als miteinander verbunden, der Gründer der kahlköpfigen Bande, Serge Ayoub, telefonierte nicht zufällig noch in der Nacht nach der Tat mit der mutmaßlichen Tätergruppe, verteidigt sich aber anschließend:

    ""Kein JNR-Mitglied ist in den Tod dieses jungen Mannes verwickelt","

    sagt Ayoub, der bei anderen Gelegenheiten zum Krieg gegen Globalisierung und Kapitalismus aufruft. Rassismus und Antisemitismus gehören ebenfalls zum Kanon seiner Bewegung. Der Tod des jungen Studenten, ereifert sich Ayoub, sei ein Unfall gewesen. Ein Wort des Bedauerns, des Mitgefühls kommt ihm nicht über die Lippen:

    ""Unsere Bewegung, ich selbst, wir sind gewaltfrei – anders als bei der extremen Linken, schauen Sie sich deren Internetseiten an."

    Die französische Regierung sieht das anders.

    ""Wer die Werte der Republik verleugnet, hat hier keinen Platz","

    versichert Manuel Valls, der allerdings seine Parteifreunde warnen musste: Sie dürften keine Verbindung herstellen zwischen dem tödlichen Vorfall jetzt und den massiven Protesten im Land gegen die sogenannte Homo-Ehe . Dieser Appell verhallte ungehört, vielfach wurden die Gegner des Gesetzes bezichtigt, für ein Klima gesorgt zu haben, in dem sich die Rechtsextremen erst ermuntert gefühlt hätten.

    ""Diese Gruppierungen haben in der ein oder anderen Form doch stets existiert, vergessen wir die Gewalt der siebziger Jahre nicht","

    sagt der Journalist des konservativen Blattes "Le Figaro", Carl Meuss, im französischen Rundfunk.

    ""Was ich nicht verstehe ist, dass erst ein junger Mann zu Tode kommen musste, bevor von einem Verbot die Rede war."

    Entweder die Politik habe die rechtlichen Mittel, oder sie habe sie nicht. Die Polizeipräfektur von Paris prüft, ob die Räume der Bande "Dritter Weg" geschlossen werden können. Die Regierungssprecherin erklärte, in der nächsten Woche werde sich herausstellen, ob und wie ein Verbot einzelner Gruppen ausgesprochen werden könne.

    Der rechtsextreme "Front National", der sich bei den nächsten Kommunalwahlen in vielen vor allem den ländlichen Gemeinden große Hoffnung auf den Einzug in die Rathäuser machen kann, versuchte klarzustellen, dass es eine Verbindung zu den fraglichen Gruppierungen nicht mehr gebe. Alle Anhänger seien aus dem "Front National" ausgeschlossen worden, erklärte Parteichefin Marine Le Pen, die noch im letzten Jahr mit dem Anführer der JNR dinieren war. Jetzt redet auch Frau Le Pen einer Auflösung der Bewegung das Wort.

    ""Das bringt nichts","

    sagt der Extremismus-Forscher Stephane Francois. Binnen sechs Monaten formiere sich die Gruppe unter anderem Namen neu, die Überwachung wieder schwieriger, alle Verbote, die in den vergangenen Jahren unter verschiedenen Regierungen ausgesprochen worden seien, hätten das gezeigt: Neugründung unter anderem Namen, jedes Mal.