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Frankreich
Sarkozys Privatgespräche heimlich mitgeschnitten

Abhörskandal bei den französischen Konservativen: Mehrere hundert Stunden privater Gespräche des ehemaligen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy soll ein Vertrauter mit einem Diktiergerät aufgezeichnet haben. Knapp zwei Wochen vor den Kommunalwahlen in Frankreich bringt die Abhöraffäre die konservative Opposition in große Verlegenheit.

Ursula Welter |
    Patrick Buisson war ein ebenso enger wie umstrittener Mitarbeiter des früheren französischen Präsidenten, Nicolas Sarkozy. Sein Name tauchte in keinem Organigramm auf, und doch war er stets an der Seite des Staatschefs. Ein Mann mit vielen Feinden, ein Journalist mit Wurzeln im äußersten rechten Lager und offenbar einer, der das Vertrauen seines Vorgesetzten missbrauchte. Seit Wochen gab es Hinweise, Buisson habe Gespräche im direkten Umfeld des damaligen französischen Präsidenten mitgeschnitten. Nun sind die Aufzeichnungen aus dem Jahre 2011 aufgetaucht:
    Mal scherzen der Präsident und seine Gattin, Carla Bruni-Sarkozy, im privaten Rahmen über Mietpreise und Zugewinn in der Ehe, mal geht es um Politisches, um Wohl und Wehe wichtiger Figuren der französischen Republik, um Verschiebungen im Kabinett, mal werden Personen beleidigt, mal sind die Stimmen enger Berater zu hören, mal lief das Tonband in den Räumen des Elysée-Palastes, mal im Auto, je nach Bedarf.
    Keine "Arbeitsmitschnitte"
    Die Internet-Plattform "Atlantico" und das Wochenblatt "Canard Enchaîné" brachte sie nun an die Öffentlichkeit. Die Behauptung des Anwalts von Patrick Buisson, dass es hier um mehr oder weniger offene Arbeitsmitschnitte gehe, stimme nicht, sagte der Journalist Jean-Sebastien Ferjou von "Atlantico" im Sender BFM:
    "Das ist ganz und gar nicht der Fall. Man hört sehr deutlich auf den Bändern, wie Buisson die Aufnahmen in seiner Tasche startet. Es geht also eindeutig um Verrat an Sarkozy - außerdem haben viele Mitarbeiter des Ex-Präsidenten, darunter sein Kabinettschef, erklärt, dass Sarkozy niemals, niemals informiert war, dass das Tonband lief."
    Sarkozy "schockiert" und "erschüttert"
    Der 2012 abgewählte Staatspräsident zeigte sich "schockiert", "erschüttert". Aus seinem Umfeld hieß es aber auch, es herrsche Erleichterung, dass die Mitschnitte bislang keine kompromittierenden Inhalte enthielten.
    Für die konservative Oppositionspartei ist die Abhöraffäre dennoch weitreichend. Die Bänder tauchten in einer Woche auf, in der Parteichef Copé sich wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten verteidigen musste, und nun – kaum zwei Wochen vor den Kommunalwahlen – fällt zusätzlich ein zweifelhaftes Licht auf die Praxis der Zusammenarbeit im direkten Umfeld des früheren Staatspräsidenten Sarkozy, der Spekulationen über sein Comeback anheizt.
    Scharf deshalb die Reaktionen der Personen, deren Stimmen ebenfalls auf den Bändern zu hören sind:
    "Wir empfinden das alle wie eine Art Vergewaltigung. Das ist schwer zu ertragen, als wäre man in den intimsten Gesprächen abgehört worden,"
    sagte Henri Guaino,selbst einst enger Berater Sarkozys. Er frage sich allerdings, sagte Guaino, wie die Bänder in die Öffentlichkeit geraten konnten. Wenn er es richtig sehe, habe die Justiz sie im Zusammenhang mit laufenden Ermittlungen in einer anderen Affäre um Patrick Buisson beschlagnahmt. Guaino nannte es "skandalös", dass die Mitschnitte bekannt werden konnten. So kurz vor den Wahlen.
    "Angriff auf die Institutionen der Republik"
    Das Regierungslager will die Sache ebenfalls nicht leicht nehmen, spielte den Ball aber zurück ins Feld der Konservativen. Ein Staatspräsident vom engsten Berater abgehört - das sei ein "Angriff auf die Institutionen der Republik" sagte Justizministerin Taubira. Der Parteichef der Sozialisten, Harlem Désir, meinte, der Abhörskandal zeige die Schwäche des Systems Sarkozy und wohin es führe, wenn man einen Mann der extremen Rechten wie Patrick Buisson in den inneren Kreis des Elysée-Palastes lasse:
    "Das Wenigste, was man jetzt erwarten kann ist, dass die Justiz eingeschaltet wird. Dass Sarkozy Anzeige erstattet. Denkbar ist zudem, dass ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss Licht in diese Geschichte bringt."