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Frankreich trauert um Altkanzler Schmidt
"Unter der Rauchwolke: Helmut!"

Seine offene Art, Dinge anzusprechen, die so ganz und gar nicht der französischen Art entspricht. Sein Sinn für Realpolitik. Seine enge Freundschaft zu Valéry Giscard d'Estaing, dem Duzfreund, dem Schlossbesitzer, der trotz der unterschiedlichen Herkunft enge Freundschaft empfand für Helmut Schmidt. Das war es, was in Frankreich gewürdigt wurde.

Von Ursula Welter |
    Frankreichs Staatspräsident Valery Giscard d'Estaing (links) und Bundeskanzler Helmut Schmidt am 16.6.1977 im Bundeskanzleramt in Bonn
    Frankreichs Staatspräsident Valery Giscard d'Estaing (links) und Bundeskanzler Helmut Schmidt am 16.6.1977 im Bundeskanzleramt in Bonn (dpa / picture alliance / Alfred Hennig)
    Im Mai 2013 hatte Helmut Schmidt ein letztes Mal Paris besucht. Zwei Stunden lang diskutierte er auf hohem Niveau über Europa, von seinem Rollstuhl aus, rauchte, wie er das stets und überall tat, also auch im ehrwürdigen Palais Beauharnais:
    "Aber ich muss erwähnen, dass ich uralt bin. Ich bin ein uralter Opa, 94 Jahre. Ich mache überall meine Abschiedsbesuche. So in Rom, so in London, so heute in Paris. Ich bin das letzte Mal in Frankreich."
    Neben ihm Valéry Giscard d'Estaing:
    "Wir selbst, mit Helmut, waren ein liberal-sozialdemokratisches Paar."
    Kennengelernt hatten sie sich in einem Appartement, das Jean Monnet gehörte, Avenue Foch in Paris:
    "Ich traf ein und sah eine Rauchwolke, und unter dieser Rauchwolke: Helmut!"
    Der liberale Politiker war Staatspräsident Frankreichs geworden, wenige Tage, nachdem Helmut Schmidt zum Kanzler gewählt worden war. Von großer Übereinstimmung der Standpunkte Europa betreffend, sprach Giscard d'Estaing 1974 beim Antrittsbesuch Schmidts. Am Abend zuvor hatten er und der Bundeskanzler die französische Öffentlichkeit mit einem gemeinsamen Fußweg durch Paris verblüfft.
    Die Währungskrise gemeinsam gestemmt
    Helmut Schmidt sagte damals: Wir kennen uns seit Jahren und wollen offen und freundschaftlich zusammenarbeiten. Und sie brachten gemeinsam viel zustande. 1974 standen die beiden Pate beim Gipfeltreffen in Paris, als der Europäische Rat als feste Institution aus der Taufe gehoben wurde. Sie stemmten die Zeit nach der Währungskrise und dem Zusammenbruch des Systems von Bretton Woods gemeinsam. Riefen das Europäische Währungssystem ins Leben und wirkten mit, als beim Kamingespräch auf Schloss Rambouillet die Gruppe der größten Industrienationen unter der Überschrift G 6 begründet wurde. Und nicht zuletzt fiel die Süderweiterung um Griechenland in die Zeit von Helmut Schmidt und Giscard d'Estaing.
    Da sei ein großer Europäer gestorben, sagte nun Staatspräsident François Hollande:
    "Ein Mann, der den Deutschen stets gesagt hat, dass ihr Platz in Europa und nicht jenseits von Europa ist, und dass es für Deutschland und Frankreich keinen anderen Weg als den der Freundschaft unserer Länder gibt."
    Ein mutiger Mann, der zuletzt empört gewesen sei angesichts der Jugendarbeitslosigkeit in Europa, betonte Jean-Marc Ayrault, der frühere Premierminister Frankreichs:
    "Helmut Schmidt und Giscard d'Estaing haben sich eingereiht in den Fortbestand der deutsch-französischen Freundschaft − nach Adenauer und de Gaulle, später Helmut Kohl und François Mitterrand, die dank ihrer Persönlichkeiten zum Funktionieren Europas beitrugen."
    Um Paris, um die Hauptstadt hat Helmut Schmidt die Franzosen stets beneidet. Und als er im Mai 2013 zum letzten Mal an der Seine war, hinterließ er ein eindringliches Vermächtnis:
    "Nichts ohne Frankreich. Nichts tun, keine wichtige Frage entscheiden gegen die Franzosen, keine unwichtige Frage genau so! Nichts entscheiden gegen die Franzosen. Daran habe ich mich zehn Jahre lang gehalten und habe es nicht bereut!"